Montag, 27. August 2012

Ein Jahr im Bloggoversum


Heute vor einem Jahr, am 28.8.2011, habe ich meinen ersten Text in das Blogger-Universum entlassen. Vielleicht ist diese Gelegenheit ein guter Anlass den, ein wenig eigensinnigen, Stil dieses Blogs zu erklären. Im Gegensatz zu vielen Blogs ist mein Blog schließlich mit seinem schlichten, blauen Hintergrund doch sehr farblos. Außerdem mangelt es ihm erheblich an Bildern, da ich ihn als reinen Textblog betreibe und nicht über mich und mein Leben schreibe.

„Schuld“ daran, dass ich diesen Blog habe, ist einzig und allein die wunderbare und einzigartige Josi. Sie hat mich mit der Blog-Kultur in Verbindung gebracht und ohne sie wüsste ich auch heute nur sehr grob, was ein Blog eigentlich ist und sein kann. Hierfür sehr herzlichen Dank!! Das dieser Blog nicht aus reiner Langeweile entstanden ist, dürfte recht schnell anhand der Anzahl meiner Posts zu erkennen sein.  84 Posts in einem Jahr ist nicht gerade viel. Aber es war auch nicht mein Ziel möglichst viele Posts zu schaffen, sondern ich wollte vielmehr eine Art „Deponie“ für meine Gedanken haben, mit denen ich nicht mein Umfeld belästigen konnte. Ein Blog erschien mir als die ideale Plattform, da hier keiner gezwungen wird, irgendetwas zu lesen, aber jeder der möchte, sich mit den Gedanken auseinandersetzen kann. Außerdem ist die weitestgehende Anonymität des Blogs ein großer Vorteil, da sie eine große Objektivität ermöglichen. Abgesehen von dem Blognamen, der eindeutig über die gedankliche Richtig, die in den Posts vorherrscht, Aufschluss gibt, gibt es (hoffentlich; zumindest fast immer)  kaum Möglichkeit wirklich zu wissen, wer hinter dem Post steht. So können vom Leser auch keine Vorurteile, die er eventuelle gegenüber dieser Person hegen würde, in den Post hineinprojiziert werden. Es mag zwar sehr unpersönlich und vielleicht auch ein wenig arrogant erscheinen, aber ich denke, dass es auch diese Anonymität ist, die für mich den Reiz am Bloggen ausmacht. Es erleichtert mir das Denken ungemein, wenn ich meine Ideen einmal aufgeschrieben habe. Das eine wahrscheinlich recht große Anzahl meiner Posts teilweise wirr ist, ist ebendiesem Umstand geschuldet. Dafür, dass der Blog eigentlich nur als „Mülldeponie“ für Gedanken gedacht war, hat er mir aber bisher sehr viel Spaß bereitet. Das liegt vor allem daran, dass ich Anregungen und Kritik über Kommentare erhalten habe, die ich im „normalen“ Leben wahrscheinlich nie bekommen hätte.

Man kann nur wachsen, wenn man sich verbessert und man kann sich nur verbessern, wenn man kritisiert wird. In diesem Sinne freue ich mich auch über sehr über Kommentare, die meine Gedanken kritisieren, weil ich dadurch meine Argumente verbessern kann. Ich bin natürlich auch immer erfreut, wenn seine Meinung zu dem jeweiligen Thema abgibt, da auch dies eine Bereicherung darstellt.

Auch wenn mir die Anzahl der Leser eigentlich nicht besonders wichtig sind, so freue ich mich doch darüber, dass es tatsächlich Personen gibt, die sich mit meinem „Gedankenmüll“ beschäftigen. Das gilt für allem für Apfelkern ( deine Leserschaft war der Ritterschlag für mich!), MuhSchu ( bitte immer fleißig weiter kommentieren), Josi ( immer wieder inspirierend ) und Lu. Natürlich freue ich mich auch immer über Kritik oder Anregungen von allen anderen, die ich gerade so unhöflich unter den Tisch habe fallen lassen.

Auch eine lange Reise beginnt mit dem ersten Schritt-
Der Schritt ist gemacht, die Reise begonnen…

Sonntag, 26. August 2012

Tod oder gleich Tod, das ist hier die Frage


Nachdem der „Organspende - Skandal“ nun aus den Medien verschwunden ist, ist eine trügerische Ruhe eingetreten, in der das Thema kaum angesprochen wird. Zumindest in den großen Zeitungen wird es wieder eine Zeit lang dauern, bis über das Thema wieder, positiv oder negativ, berichtet wird. In vielen kleinen Zeitungen, kirchlichen Blättern und auch bei vielen Erwachsenen in meinem sozialen Umfeld wird über das Thema aber wieder sehr kontrovers diskutiert. Neben der Diskussion darüber, ob und wie Organspenden überhaupt gerecht verteilt werden können, ist aber auch die Feststellung des Todeszeitpunktes ein sehr empfindliches Thema.

Im Moment gilt ein Mensch bei Feststellung des Hirntodes als tot. Die folgende Definition des Hirntodes kommt von der Bundesärztekammer vom 9. Mai 1997 und ist bis heute gültig. Nach dieser Definition wird auch entschieden, ob ein potentieller Organspender tot ist.  Der Hirntod wird definiert als Zustand der irreversibel erloschenen Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms. Dabei wird durch kontrollierte Beatmung die Herz- und Kreislauffunktion noch künstlich aufrechterhalten.“  Damit der Hirntod festgestellt werden kann, wird der Patient einer Reihe von Untersuchungen unterzogen und es müssen wenigstens zwei Ärzte unabhängig voneinander die Diagnose „Hirntod“ stellen. Während dieser Untersuchungen wird beispielsweise überprüft, ob noch ein Pupillenreflex vorliegt oder ob das EEG noch Signale aus dem Gehirn empfängt. Wenn der Patient ein potentieller Organspender ist, dürfen diese Ärzte auch nicht zu den Ärzten gehören, die später die Organtransplantation durchführen. So weit, so sicher, könnte man meinen. Allerdings wird von einigen Ärzten und Institutionen ernsthaft daran gezweifelt, ob der Hirntod wirklich den Tod des Menschen darstellt. Aufgrund dieser Zweifel fordern immer wieder verschiedene Persönlichkeiten, meist Politiker oder Ärzte, dass man bei Hirntoten Menschen eigentlich keine Organe entnehmen darf, da man sie sonst unter Umständen tötet. Wenn erst die Organentnahme den Menschen töten würde, wäre dies doch unethisch und dürfte nicht durchgeführt werden, oder? Logisch betrachtet, ist dies nicht unbedingt der Fall!

Auch wenn von einigen Seiten daran gezweifelt wird, ob der Hirntod nun wirklich den Tod des Patienten bedeutet, so wird von niemandem daran gezweifelt, dass Patienten mit der Diagnose „Hirntod“ im Sterben liegen und meistens irreversibel geschädigt sind. Mit anderen Worten: Diese Menschen sterben in der nächsten Zeit! Ein Punkt, den Gegnern der „Hirntod“ –Diagnose gerne unter den Tisch fallen lassen ist, dass diese Patienten zu diesem Zeitpunkt schon lange nicht mehr bei Bewusstsein sind und auch kein Schmerzempfinden mehr haben. Stattdessen wird gerne berichtet, dass diese Patienten noch Stoffwechsel haben, Antikörper ausbilden, schwitzen, dass das Herz schlägt und das sogar noch Kinder in den Körpern wachsen. Auf den ersten Blick klingt dies nach eine vollkommen funktionsfähigen Körper, den man erst durch die Organentnahme tötet. Auf den zweiten Blick relativiert es sich jedoch wieder. Das stoppen des Herzschlages wird zwar landläufig häufig noch mit „Tod“ in Verbindung gebracht, hat damit aber nur sehr wenig zu tun. Natürlich stirbt man, wenn das Herz länger nicht schlägt, aber das Herz kann, wenn man weiß wie, auch wieder in Schwung gebracht werden. Dies liegt daran, dass es nicht von Gehirn gesteuert wird, sonder mehrere „Signalgeber“ besitzt, von denen der wichtigste der Sinusknoten im rechten Vorhof ist. Auch die anderen Funktionen wie Stoffwechsel oder die Ausbildung von Antikörpern werden nicht direkt vom Gehirn gesteuert, sondern hängen von vielen Regelkreisen im menschlichen Körper ab, die auch dann noch funktionieren, wenn das Gehirn schon lange tot ist. Außerdem sind diese Systeme nicht das, was eine Person ausmacht.

Eine Person zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie sich als Wesen in der Zeit begreift, Handlungen für die Zukunft planen kann, sich ihrer eigenen Vergänglichkeit bewusst ist und auch gegen ihre Instinkte handeln kann. Kann das ein Hirntoter? Nein, und, viel wichtiger, er wird es auch nie mehr können. Handelt es sich dann überhaupt noch um leben? Es mag eine Frage des persönlichen Geschmacks sein, wo man nun die Grenze zwischen „ bewussten Leben“ und „vegetieren“ zieht, aber ich denke, dass die Funktion des Gehirns essentiell ist, um eine Existenz als Leben zu bezeichnen. Vegetieren tut vieles, aber bewusst leben nur sehr wenig. Natürlich ist auch ein bloß vegetierender Mensch schützenswert, aber es stellt sich nun, bei einem potentiellen Organspender, noch eine weitere Frage: Ist er wichtiger als ein bewusst lebender Mensch? Wenn es nicht um Organspende, sondern um Notfälle geht, ist die Antwort auf diese Frage eindeutig.

Bei einem Massenanfall an Verletzten (MANV) , also beispielweise einem schweren Busunfall, werden alle anfallenden Notfallpatienten nach einem bestimmten System klassifiziert um sie effektiv behandeln zu können. In der Theorie werden sie mit Bändern oder ähnlichem gekennzeichnet, die die Schwere der Verletzung angeben. Neben den ganzen bunten Bändern, gibt es aber auch dunkelblaue. Diese werden nicht etwa an Tote verteilt, sondern an Personen, die tödlich verletzt sind und bei denen keine Chance auf Heilung besteht. Das muss nicht unbedingt heißen, dass man diese Personen nicht noch retten könnte, sondern es kann auch heißen, dass unter den gegebenen Umständen diese Person nicht mehr zu retten ist. Jedes Material, dass man an so einem Patienten „verbrauchen“ würde, könnte dann dazu führen, dass es jemanden, dem man noch helfen könnte, fehlt. In solchen Situationen wird also ganz rational so gehandelt, damit man mit den vorhandenen Mitteln das maximale erreicht. Es werden also auch hoffnungslose Patienten „geopfert“ um anderen das Überleben zu ermöglichen. Nun zurück zur Organspende. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Hirntod nicht den endgültige Tod darstellt, so ist doch gesichert, dass dieser Patient in sehr naher Zukunft stirbt. Er hat kein Schmerzempfinden mehr und muss deshalb auch nicht mit Schmerzmitteln behandelt werden. Ihm gegenüber steht eine Person, die auch in absehbarer Zukunft stirbt …  jedoch nur, wenn sie nicht behandelt wird. Diese Person hat sehr wohl Schmerzen und muss sehr aufwendig betreut werden, damit ihr Überleben weiterhin möglich ist. Wendet man hier das gleiche Verfahren wie bei einem MANV an – und es gibt keinen Grund dieses Verfahren nicht anzuwenden, da es streng rational ist – dann müsste man der Organentnahme auch in diesem Fall zustimmen. Aber kann man diese Argumentation, auch wenn sie logisch ist, zum Gesetz machen?

Beim eigenen Sterben und eigenem Tod sind die meisten Personen, auch wenn sie sonst sehr rational argumentieren, auf einmal sehr emotional. Viele möchten, dass alles getan wird, um ihr weiterleben zu ermöglichen. Ihr Wunsch ist keinesfalls falsch oder schlecht, er ist lediglich irrational und menschlich. Für diese Personen ist es wahrscheinlich eine absolute Horrorvorstellung, noch „lebend“ oder besser „vegetierend“ zum Organspender zu werden. Dabei funktioniert im „besten“ Fall ihr Körper noch ein wenig weiter, ohne Schmerzempfinden, ohne Bewusstsein. Andere Personen betrachten die Fakten rational und sehen kein Problem darin, dass ihr, eventuelles, vegetieren durch die Organspende beendet würde. Es wahrscheinlich noch lange dauern, bevor eine Todesdefinition gefunden wird, die alle Seiten glücklich stellt und solange kann man eigentlich nicht warten. Anstatt nun einen Stopp der Organspende zu fordern oder immer wieder darauf rumzureiten, dass es unter besonderen Umständen sein kann, dass man als Hirntoter nicht „richtig“ tot ist, sollte man vielleicht einfach noch einen weiteren Punkt auf dem Organspende - Ausweis hinzufügen. Man wird sich sicherlich auf eine Formulierung einigen können, die besagt, dass man sich damit einverstanden erklärt, dass einem nach der Diagnose „Hirntod“, Organe entnommen werden. Wenn man damit nicht einverstanden ist, sollte es eine Alternativmöglichkeit geben, die eine von allen anerkannte Todesdefinition verlangt. Damit wäre allen geholfen und man könnten sich diese ewigen Debatten sparen, die zu nichts führen und die Menschen eher vom Organspenden abhalten, also sie dazu anzuregen. Und das ist ein großer Fehler! 

Schützt das Vegetieren, aber rettet das Leben!

Samstag, 18. August 2012

Der Prozess um "Pussy Riot"


Politische Prozesse sind leider auch noch in unserer heutigen Zeit an der Tagesordnung. Die meisten jedoch, über die von unserer Presse berichtet wird, werden nicht nur von der Presse, sondern auch von einem großen Teil des deutschen Volkes als Farce erkannt und es werden entsprechende Proteste laut. In den meisten Fällen gibt es also keinen großen Grund seine Meinung aufzuschreiben, da alles schon gesagt wurde und Wiederholungen irrational sind. Im Fall des Prozesses gegen die Punk-Gruppe „Pussy Riot“ sieht das aber vollkommen anders aus. In den Kommentarsektionen der Onlineausgaben aller vier großen seriösen deutschen Tageszeitungen ( Welt/Süddeutsche/ Zeit/ FAZ) waren augenscheinlich immer gut die Hälfte der Kommentatoren mit der Bestrafung einverstanden. Einige fanden zwar das Strafmaß ein wenig zu hart und hätten nur ein paar Monate oder ein Jahr Gefängnis gefordert, aber im großen und ganzen waren sie damit zufrieden. Wenn man sich die Aktion dieser drei Punkerinnen einmal genauer anschaut, wird hoffentlich auch verständlich, warum ich dies absolut nicht verstehen kann.

Am 21. Februar 2012 stürmten mehrere Mitglieder der Band „Pussy Riot“ den Ambo, also den Altarraum, der Christ-Erlöser Kathedrale. Sie führten dort  ein „Punkt-Gebet“ auf, das ca. 50 Sekunden dauerte und  sich gegen die Vertreter der russisch-orthodoxen Kirche und Wladimir Putin richtete. Während dieser Aktion wurde weder etwas beschädigt, noch wurden Gottesdienstbesucher angegriffen oder Gegenstände entwendet. Mit anderen Worten: Während dieser Aktion ist keiner Person oder keiner Institution irgend eine Art von materiellem Schaden entstanden!

Diese Tatsache wurde bei der Anklage auch klug bedacht und, da man sie nicht wegen Sachbeschädigung oder ähnlichem Anklagen konnte, man beschuldigte des „Rowdytums aus Motiven des religiösem Hass“. Das interessante an diesem Anklagepunkt ist jedoch, dass er direkt am ersten Verhandlungstag zurückgewiesen wurde; und zwar glaubhaft, wie ich meine. Die drei Frauen von „Pussy Riot“ ließen direkt am ersten Verhandlungstag einen Text verlesen, in denen sie sich bei den Gläubigen entschuldigten, deren Gefühle sie vielleicht mit ihrer Aktion verletzt haben. Außerdem betonten sie noch einmal, dass es ihnen um politische Ziele ging und nicht um eine plumpe Aktion gegen die Kirche. Auch dieses Argument ist glaubhaft, da der Auftritt in der Kirche nur der vorläufige Höhepunkt einer ganzen Reihe von Aktionen gegen Putin war. Andere Aktionen fanden unter anderen auch auf dem „Roten Platz“ oder in einer U-Bahn Station statt. Wenn die Ankläger also rein logisch argumentiert hätten, dann hätten sie ihre Anklageschrift wieder zurückziehen müssen, da sie vollkommen Gegenstandslos war. Dass die drei Frauen nun wegen dieses „Deliktes“ verurteilt wurden, sagt einiges über diesen Prozess aus. Mit ein wenig nachdenken sollte eigentlich jede Person in der Lage sein zu erkenne, dass dieser Prozess eine Farce war und es eigentlich darum ging Regierungskritiker möglichst effektvoll zu verurteilen. Dieses Gerichtsverfahren wird wahrscheinlich eine doch recht abschreckende Wirkung haben und Aktivisten werden es sich in Zukunft vermutlich zweimal überlegen, ob sie wirklich gegen Putin demonstrieren wollen. Das Urteil wird wahrscheinlich auch trotz aller Protestbriefe aus den westlichen Ländern nicht zu ändern sein und es bleibt für uns nur zu hoffen, dass die drei Frauen die zwei Jahre Arbeitslager gut überstehen. Es macht mich sehr betroffen, dass direkt vor den Augen der gesamten Welt Personen wegen eines Verbrechens, dass sie nicht begangen haben, verurteilt werden können. Und vor allem, dass keiner etwas dagegen tun kann.
Der Prozess und seine Hintergründe wären hier im kurzen abgehandelt und es sollte jetzt auch klar sein, warum dieser Prozess nicht gerecht war. Eigentlich wäre der Post hier zu Ende. Uneigentlich bin ich jedoch sehr geschockt gewesen über die Kommentare, die ich auf den Internetpräsenzen der oben erwähnten Zeitungen gefunden habe. Da eine Kritik dieser Kommentare sich nicht nur auf „Pussy Riot“ bezieht, habe dieser Kritik einen eigenen Post gewidmet um.

Das Urteil für "Pussy Riot" und Reaktionen darauf


Es hat mich wirklich geschockt, als ich diese Kommentare gelesen habe und habe angefangen darüber nachzudenken, ob wir es überhaupt noch verdienen in einer Demokratie zu leben. Geht es uns vielleicht schon viel zu gut? Die letzte Diktatur (in Westdeutschland) liegt nun schon über 60 Jahre zurück und sehr viele Menschen, die sie bewusst erlebt haben, sind schon tot. Vielleicht ist es ein natürlicher Prozess in der Geschichte, dass der Mensch so dumm ist, dass er es nicht schafft über längere Zeit in einer Demokratie zu überleben. Vielleicht benötigt jede zweite Generation eine Diktatur, damit sie ihren Kindern wieder die Vorzüge einer Demokratie beibringen können. Kann es wirklich sein, dass Freiheit auf Dauer dazu führt, dass man sich wieder Unfreiheit wünscht? Kann es wirklich sein, dass wir unsere so hoch gelobte Menschlichkeit eigentlich schon lange verloren haben und nur noch dann für sie eintreten, wenn es uns gerade passt? Der folgende Kommentar aus der „Berliner Morgenpost“ scheint dies zu bestätigen: „Was soll das Pseudogeheul??? Jeglicher menschlicher und religiöser Anstand verbietet es, in einem Gotteshaus solch eine Show abzuziehen.“  Selbst wenn es jeglicher Anstand verbieten sollte, so eine Aktion in einem Gotteshaus zu veranstalten, so sollte es auch der Anstand gebieten, dass die Bestrafung verhältnismäßig ausfällt. Zwei Jahre in einem Arbeitslager für ein wenig freie Meinungsäußerung und eine Provokation ist unter keinen Umständen angemessen. Vielleicht würde es dem Autor dieses Kommentar helfen, wenn er selber einmal für eine Woche in einem russischen Arbeitslager sitzen würde. Wenn er dann immer noch der Meinung ist, dass dies eine angemessene Bestrafung ist, sollte er sich vielleicht lieber ein diktatorisch regiertes Land ziehen. Das gleiche sollte auch dieser Kommentator machen. „Das Straflager ist wichtigster Teil der Strategie. Andere Künstler rackern sich Jahrzehnte den Buckel ab. Pussy Riot sitzten zwei Jahre und werden eine Mega Karriere danach machen. Respekt.“ Vielleicht hat er nicht verstanden, dass sich ein Gefängnis in Deutschland erheblich von einem Straflager in Russland unterscheidet. Und schon in deutschen Gefängnissen gehört Gewalt zur Tagesordnung. Es wird diesen Künstlern nur nachrangig um Publicity gegangen sein, da sie selber zugegeben haben, dass sie lediglich mit einer Geldstrafe gerechnet hatten. Wenn man unbedingt Werbung für sich braucht, dann würde man so eine Aktion eher während einer Rede von Putin veranstalten.

Der folgende Kommentar steht stellvertretend für eine Vielzahl an weiteren rechtspositivistischen Kommentaren: „Die verteidiger von freiheit und menschenrechten aber finden es gaanz schlimm, dass nun die russische justiz, ein - gemessen am eigentlich siebenjährigen strafmass mildes - urteil auf dem boden der gesetze dieses unabhängigen staates gefällt hat.“ Meist wurde dann noch darauf hingewiesen, dass man auch in Deutschland für so einen Auftritt mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden kann. Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Sämtliche Kommentatoren, die diese Auffassung haben, müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, „Rechtspositivisten“ zu sein. Dies beschreibt eine Denkweise in der Philosophie, in der das geltende Recht als „richtig“ oder „gut“ anerkannt wird. Und wenn ein anderer Staat dieses Gesetzt auch noch hat, ist doch alles in Butter, oder etwa nicht? Während des zweiten Weltkrieges gab es in fast ganz Europa Gesetze, die Juden zu „unwertem Leben“ erklärt haben. Waren diese Gesetze etwa gerecht!? Man kann nicht einfach das Rechtsystem eines Staates für „gerecht“ erklären, ohne sich Gedanken darüber zu machen, ob es überhaupt ethisch vertretbar ist. Und das ist es in diesem Fall nicht! Außerdem hinkt der Vergleich mit Deutschland gewaltig. Wenn heute eine Aktionsgruppe eine deutsche Kirche stürmen würde und sich dort gut eine Minute gegen Frau Merkel aussprechen würde, wäre ich mir noch nicht einmal sicher, ob sie dafür überhaupt belangt werden würden.

Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist sehr wichtig und sollte auch genutzt werden. Natürlich kann man es übertreiben und ich würde es für akzeptabel halten, wenn die drei Frauen zu einer Geldstrafe verurteilt würden, aber alles andere geht weit über das vertretbare Maß hinaus. Außerdem ist der Vorwurf, ihr Auftritt hätte die Gläubigen „in ihren Gefühlen verletzt“ absoluter Schwachsinn. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich die einige Gläubige tatsächlich in ihren Gefühlen verletzt gefühlt haben, aber das ist noch lange kein Grund für eine Anklage. Wenn mir ein erwachsener Mensch ernsthaft erklären will, dass die Erde gerade einmal 5000 Jahre alt ist, fühle ich mich auch in meinen Gefühlen verletzt. Aber habe ich deshalb das Recht diese Person anzuklagen? Nein! Erst wenn er sich mir ständig aufdrängt und mir gegen meinen erklärten Willen seine Theorie erläutern will, habe ich einen Grund dafür. Und das ist bei diesem Protestauftritt nicht passiert. Es ist wie im Mittelalter, wenn man „Gotteslästerung“ unter Strafe stellt und deshalb haben solche „Strafbestände“ in unseren Zeiten nichts mehr verloren. Auch sehe ich nicht ein, warum in einer Kirche großartige Sonderrechte gelten sollten. Natürlich ist, vor allem bei Kathedralen oder bei einem Dom, das Gebäude aufgrund seines Alters und seiner Bauart etwas ganz besonderes. Und natürlich gibt es in diesen Gebäuden Menschen, die glauben, dass ihr Gott ihnen dort ganz nahe ist. Aber trotzdem ist es schwachsinnig Aktionen innerhalb einer Kirche mit einem deutlich stärkeren Strafmaß als außerhalb zu belegen.

Es bleibt zu hoffen, dass die Kommentare unter den Artikeln über die Band „Pussy Riot“ nicht die Meinung des gesamten deutschen Volkes wiederspiegeln. Falls dem so wäre, dann würde ich anfangen, mir ernsthaft Gedanken über unsere Demokratie zu machen. Denn unter diesen Umständen wird sie nicht mehr sehr lange zu leben haben. Vielleicht sind diese Sorgen auch vollkommen unbegründet und die Kommentare kommen von einer Gruppe an Menschen, die dringend Aufmerksamkeit benötigen und diese über solche Kommentare auch bekommen. Ich hoffe wirklich, dass die meisten dieser Kommentare von solchen Personen stammen, den sonst….

Dienstag, 14. August 2012

Der weite Weg der Neugierde


Neugierde ist wahrscheinlich der stärkste Antriebt für einen Menschen, wenn es um das Entdecken von etwas vollkommen neuen geht. Wenn die Neugierde einmal einen Bereich gefunden hat, in dem sie befriedigt werden muss, dann werden keine Kosten und Mühen gescheut, um diese Neugierde zu befriedigen. Die aktuelle Marsmission hat dies Eindrucksvoll bewiesen! Um die ganze technische Meisterleistung, die diese Mission darstellt, zu erfassen, sollte man sie vielleicht einmal von Beginn an Revue passieren lassen. Denn die Anzahl von technischen Leistungen, die für diese Mission erbracht wurden, ist unglaublich.

Im Jahr 2003 wurde die Idee für eine Marsmission mit einem großen und reichhaltig ausgestatteten Labor, das von einem Rover bewegt werden sollte, dass erste Mal in einer wissenschaftlichen Zeitschrift erwähnt. Schon kurz darauf, im April 2004 wurde die Wissenschaftler aus aller Welt von der NASA dazu aufgerufen, Ideen und Konzepte für das Labor vorzulegen. Gut vier Jahre später, im November 2008, waren die meisten Systeme und Werkzeuge in den Rover integriert und die Testphase begann. Ursprünglich sollte das Labor schon 2009 starten, aber während der Erprobung des Rovers wurde schon nach kurzer Zeit deutlich, dass die vielen technischen Probleme, die sich während der Erprobung ergeben hatten, nicht rechtzeitig gelöst werden konnten, sodass der Starttermin auf Ende 2011 verlegt wurde. Am 27. Mai 2009 wurde der bis dahin namenlose Rover endlich getauft. Er erhielt den vollkommen treffenden Namen „Curiosity“ . Dieser so treffende Name wurde von einem Kind vorgeschlagen, dass den Wettbewerb der Namenssuche mit diesem Vorschlag gewann. Ich finde, dass sich hierbei sehr gut zeigt, was Kinder eigentlich ausmacht: Ihre unendliche Neugierde und ihr Drang nach Wissen! Im Juli 2011 wurde nach fünfjähriger Suche endlich auch der Landungsort der Sonde präsentiert: der Gale-Krater. Was sind nun die Aufgaben des Labors, wenn es seinen Bestimmungsort erreicht?

In vielen Zeitungen war zu lesen, dass das Labor feststellen soll, ob es Leben auf dem Mars gibt. Das ist genaugenommen falsch, da es dafür gar nicht ausgestattet ist. Vielmehr soll es feststellen, ob es überhaupt möglich wäre, dass sich zu irgend einem Zeitpunkt einmal Leben auf dem Mars gebildet hatte. Dafür sollen unter anderem die Menge und die Zusammensetzung von kohlenstoffhaltigen organischen Verbindungen analysiert werden. Alles uns bekannte Leben basiert auf Kohlenstoff und so wäre das Finden von bestimmten organischen Kohlenstoffverbindungen wenigstens ein Indiz dafür, dass auf dem Mars Leben möglich wäre. Es ist damit jedoch nicht gesagt, dass dort jemals Leben existiert hat! Außerdem soll noch die Quantität der „Grundbausteine des Lebens“ wie Kohlenstoff, aber auch Phosphor, Wasserstoff oder Sauerstoff festgestellt werden. Zu den Messungen über die Beschaffenheit der Bodenoberfläche kommen auch noch Messungen über die Strahlungsintensität, die Beschaffenheit der Atmosphäre und vieles mehr, sodass man am Ende der Mission hoffentlich eine recht genaue Vorstellungen über die Bedingungen auf dem Mars hat. Vielleicht kann man dann definitiv die Frage beantworten, ob es überhaupt möglich wäre, dass sich auf dem Mars jemals Leben gebildet hat. Zusätzlich zu den biologisch-chemisch-physikalischen Experimenten möchte man mit der Landung es Rovers aber auch ein paar technische Dinge beweisen. Am interessantesten für die Ingenieure ist die präzise Landung und die Fortbewegung über eine längere Strecke, also über fünf Kilometer. Dass die Landung fast perfekt gelungen ist, wurde vor einigen Tagen schon eindrucksvoll bewiesen. Es bleibt noch abzuwarten, ob der Rover mit dem Untergrund des Mars fertig wird. Schafft er aber auch dies, wäre damit bewiesen, dass es möglich ist, sich mit einem gut 900 Kilo schweren Gefährt auf dem Mars zu bewegen. Dies ist unabdingbar für spätere Missionen, in denen der Rover, zumindest teilweise, wieder zur Erde zurückkehren soll, um Proben vom Mars mitzubringen. Damit diese lange Liste an Experimenten überhaupt abgearbeitet werden kann, muss der Rover mit dem Labor aber erst einmal auf den Mars. Und dafür hat sich die NASA einiges einfallen lassen.

Als Mars Science Laboratory (MSL) wird der Komplex aus dem Marschflugmodul, der Kapsel, der Abstiegsstufe, dem Rover und dem Hitzeschild verstanden. Das MSL wiegt insgesamt 3,4 Tonnen, wobei gut 900 Kilo allein auf den Rover Curiosity entfallen. Die Abstiegsstufe und Curiosity sind sicher zwischen der Kapsel und dem Hitzeschild verstaut und so vor sämtlichen Einflüssen des Weltraums während des Fluges geschützt. Das Marschflugmodul sitzt auf der Kapsel und steuert das MSL auf dem Weg zum Mars. Und dieser Weg hat es wirklich in sich!

Am 26. November 2011 war es dann endlich so weit. Das MSL war an Bord einer Atlas V Rakete verstaut und startete um 15:02 Weltzeit, also um 16:02 unserer Zeit. Der Flug mit der Rakete, die das MSL in die Richtige Flugbahn bringen sollte, verlief zwar alles andere als Fehlerfrei, aber trotz aller Probleme wurde das MSL in die richtige Flugbahn gebracht. Dort angekommen musste es kurz pausieren, weil wichtige Funktionen gestört waren, aber nach einem Softwareupdate konnten diese Probleme auch behoben werden. Nach beheben dieser Probleme begann der gut achtmonatige Flug des MSL. Schon währen dieses Fluges wurden von verschiedenen Sensoren große Mengen an Daten gesammelt. Am interessantesten für die Wissenschaftler waren natürlich die Daten über die Strahlenbelastung, der eventuelle Astronauten auf dem Weg zum Mars ausgesetzt wären. Überraschenderweise stellte sich heraus, dass die Strahlung, die von der Sonne ausgeht, das kleinste Problem darstellt. Das größte Problem stellt anscheinend die Hintergrundstrahlung des Weltraums dar. Während des Fluges navigierte das MSL weitestgehend selbständig durch ständiges Triangulieren über Sternen-und Sonnensensoren. Diese Sensoren erfassen bestimmte Sternenbilder oder unsere Sonne und errechnen über das Verhältnis der Entfernung zu diesen Punkten im Vergleich zu anderen Fixpunkten ständig die aktuelle Position. Das dieses System fehlerfrei Funktioniert, wurde später eindrucksvoll bewiesen. Am Ende der ungefähr 570 millionen Kilometer und gut acht Monate langen Reise war das MSL endlich in einen Marsorbit eingeschwenkt. Doch der Flug war ein Kinderspiel im Vergleich zu dem Landemanöver, was dann noch folgen sollte.

Vom Eintritt des MSL in die Marsatmosphäre bis zur Landung vergehen gerade einmal sieben Minuten. Ein Kinderspiel im Vergleich zu den acht Monaten der Reise? Nein, vielmehr stellen diese sieben Minuten eine wahre Ewigkeit dar, da in dieser kurzen Zeit mehr an Fehlern auftreten kann, als während des ganzen Rests der Mission. Und jeder Fehler, der in dieser Zeit auftritt, würde automatisch den Absturz des MSL und den Verlust der Mission bedeuten. Das schlimmste für die verantwortlichen Wissenschaftler während dieser sieben Minuten ist jedoch, dass sie keine Möglichkeit haben einzugreifen. Die Signale zur Erde benötigen fast das doppelte der Zeit, gut 14 Minuten. Das bedeutet, dass der Computer ganz auf sich allein gestellt die Landung durchführen muss. Und dass man im Kommandozentrum der NASA erst dann von dem Beginn der Landung erfährt, wenn das MSL entweder schon sicher auf dem Boden ist … oder sich irgendwo zerschellt auf der Marsoberfläche befindet.  Die ganze Kunst der Ingenieure wurde bei diesem Manöver gefragt, dass sich eigentlich ganz einfach beschreiben lässt: Man muss das MSL „lediglich“ von gut 21.000 km/h auf 0 km/h abbremsen, und zwar in sieben Minuten! Um dies zu erreichen wurde tief in die Trickkiste der Ingenieure gegriffen und eine vollkommen neue, vollkommen verrückte Lösung entwickelt.

Vor dem Eintritt in die Marsatmosphäre wurde erst einmal das Marschflugmodul abgeworfen. Danach flog das MSL noch gut zehn Minuten auf die Marsoberfläche zu, ohne von der dünnen Atmosphäre gebremst zu werden. Danach entwickelte sich langsam die Bremswirkung der Atmosphäre und das MSL musste richtig positioniert werden, damit das Hitzeschild die Reibungsenergie aufnimmt, um zu verhindern, dass das MSL verglüht. Während dieses Fluges durch die Atmosphäre wird das Hitzeschild auf bis zu 1600 Grad Celsius aufgeheizt, dass ist heiß genug um viele Metalle schmelzen zu lassen. Nach einigen Minuten wurde die maximale Abbremswirkung erreicht und man benötigte eine neue Möglichkeit um das MSL davor zu bewahren, auf der Marsoberfläche zu zerschellen. Dies liegt daran, dass die Atmosphäre des Mars gerade so dicht ist, dass sie eine recht hohe Reibungstemperatur erzeugt, jedoch viel zu dünn ist, um einen Gegenstand ernsthaft abbremsen zu können. Jetzt kommt der Fallschirm ins Spiel. Bei einer Geschwindigkeit von gut 1600 km/h, also ungefähr mach 1,4, wird ein Fallschirm gezündet. Im Vergleich dazu ein Fallschirm, wie er von normalen Fallschirmspringern eingesetzt wird, muss nur mit Geschwindigkeiten von gut 200 km/h aushalten. Dieser Fallschirm wird von über 80 Bändern an dem MSL gehalten und bremst die gesamte Kapsel gerade einmal auf ungefähr 320 km/h herunter. Da die Geschwindigkeit jetzt niedrig genug ist, kann das Hitzeschild nun abgestoßen werden. Außerdem benötigt das Radar der Abstiegsstufe eine freie Sicht auf den Boden, um die weitere Landung durchzuführen. Da 320 km/h immer noch deutlich zu viel für eine saubere Landung sind, beginnt nun der verrückteste Teil des Landemanövers.

Die Abstiegsstufe wird von der Kapsel getrennt. Noch währen dies passiert zünden ihre Triebwerke und sie steigt einige Meter auf. Damit sie nicht mit der Kapsel und dem Fallschirm kollidiert, muss sie seitlich ausweichen und danach sofort wieder ins Gleichgewicht gebracht werden, damit das Radar den Boden nach dem Landeplatz absuchen kann. Ist die Abstiegsstufe wieder im Gleichgewicht, sinkt sie langsam auf bis ungefähr 20 Meter über der Oberfläche herunter. Da die vier dann noch aktiven Düsen viel zu viel Staub aufwirbeln würden, wenn sie den Rover direkt auf der Marsoberfläche absetzen würden, wird der Curiosity nun an einem langen Seil herabgelassen. Man muss also vorstellen, wie die Landungsstufe über der Marsoberfläche schwebt und einen gut 900 Kilogramm schweren Rover langsam auf den Mars absetzt. Danach wird das Seil gekappt und die Landungsstufe fliegt mit dem verbleibenden Sprit weit genug weg um den Rover nicht durch ihren Absturz zu gefährden. Solch ein Manöver ist einmalig und bedarf, da es gerade einmal acht Sekunden dauert, einer extrem genauen Planung! Ein kleiner Fehler bei der Steuerung und der Rover landet schräg oder auf dem Kopf und der ganze Aufwand ist umsonst gewesen.

Nun ist Curiosity glücklicherweise heile auf dem Mars angekommen und hat seinen Zielort um gerade einmal 200 Meter verfehlt. Bei einer Flugentfernung von gut 570 millionen Kilometern darf man das ruhig als Punktlandung ansehen! Es ist nahezu unvorstellbar, dass bei einer so großen Entfernung der Rover im Prinzip genau da landet, wo er landen sollte. Auf dem Mars sollen das Labor und der Rover für ungefähr ein Marsjahr, also 687 Erdtage, ihre Mission erfüllen. Wenn alles gut geht wird ihre Radionuklidbatterie sogar noch bedeutend länger Energie liefern und man kann noch eine Zeit nach Ablauf ihrer eigentlichen Mission Daten von ihr Sammeln. Nun stellen immer wieder Menschen die Frage, wofür das ganze überhaupt gemacht wird. Die gesamte Mission hat 2,5 Milliarden Dollar gekostet. Mit diesem Geld hätte so viel erreicht werden können, warum musste man es den auf den Mars schießen?

Fest steht, dass diese Mission keinen direkten finanziellen Nutzen für die Menschheit hat. Unser Leben wird auch nach Ablauf der Mission so weiter gehen wie bisher, es werden keine neuen Wundermaschinen entwickelt werden, die alle unsere Probleme lösen. Ist es nicht also rausgeschmissenes Geld? Ich behaupte, dass dieses Geld gut investiert ist! Man kann die Frage nach dem Geld auf zwei Wege lösen. Der eine Weg ist der idealistische Weg: So lange es noch Menschen gibt die Hungern, sollte man das Geld dieser Erde zur Bekämpfung des Hungers einsetzen und damit nicht auf dem Mars fliegen. Der andere Weg ist der realistische Weg: Das Geld würde sowieso nicht in Projekte investiert, die irgend welchen Menschen bessere Lebensbedingungen verschaffen würden, deshalb kann man damit auch auf den Mars fliegen. Ich denke, das beiden Wege legitim sind und das keiner richtiger ist als der andere. Für mich spielt jedoch die Neugierde und die Befriedigung dieser Neugierde eine enorm wichtige Rolle und halte deshalb den realistischen Weg für sinnvoller. Wir Menschen sind Geschöpfe, die vor Neugierde kaum zu bremsen sind und sind auch bereit, den Preis dafür zu bezahlen. Viele Forscher sind in der Vergangenheit bei dem Versuch, ihre Neugierde zu befriedigen gestorben. Da können wir uns doch wohl von ein wenig Geld trennen, dass so oder so ausgegeben worden wäre. Oder etwa nicht?

Neugierde- 
Seit jeher Triebkraft für Innovationen!

Samstag, 11. August 2012

Die Ehe zwischen homosexuellen Partnern


Um das Sommerloch in der Politik zu füllen, werden gerne irgend welche sinnlosen Diskussionen angefangen, bei den man von vornherein weiß, dass sie ohne weitere Bedeutung sind. Dieses Jahr wurde jedoch geschickter Weise, da auch die Medien jetzt unter chronischem Mangel an Neuigkeiten leiden,  ein Thema angesprochen, dass ein bisschen Aufmerksamkeit verdient hat: Die Ehe zwischen homosexuellen Paaren. Besser gesagt, der Gleichstellung dieser Ehe mit einer Ehe zwischen heterosexuellen Paaren. Der wichtigste Diskussionspunkt sind verschiedene Steuervorteile, die homosexuelle Ehepaare nicht haben, über die heterosexuelle Ehepaare jedoch verfügen. Außerdem geht es noch um das Adoptionsrecht, da homosexuelle Ehepaare auch dort benachteiligt sind.

Der interessanteste Punkt der gesamte Diskussion, von finanztechnischer Seite aus gesehen, dürfte das „Ehegattensplitting“ sein. Ehegattensplitting bedeutet, dass die Einkommen der beiden Ehepartner im Endeffekt so besteuert werden, als ob sie genau zur Hälfte von jedem Partner erarbeitet worden wären. Dies führt in der Regel zu einem steuerlichen Vorteil im Vergleich zu einer normalen Besteuerung von den Einzeleinkommen. Im Endeffekt ist die steuerliche Ersparnis in den allermeisten Fällen anscheinend jedoch nicht allzu groß und es scheint auch so, als ob es jemanden arm machen würde, wenn er keinen Gebrauch von dem Ehegattensplitting macht. Man könnte sich also die Frage stellen, warum man sich dann überhaupt Gedanken über so etwas macht. Die Antwort auf diese Frage ist eigentlich ganz einfach, die Reaktionen auf sie zeigen jedoch deutlich, warum die Menschheit nicht in der Lage ist, halbwegs freundlich miteinander umzugehen.
Das wichtigste bei dieser Debatte sind nicht die steuerlichen Vorteile der heterosexuellen Paare gegenüber den homosexuellen Paaren, es sind auch nicht die Nachteile, die homosexuelle Paare bei Adoptionen haben. Der Kern der Debatte ist die Gleichberechtigung von homosexuellen Ehepaaren! Das diese Partnerschaften überhaupt zu Stande kommen können und mittlerweile in der Lage sind, sich öffentlich für ihre Rechte einzusetzen, ohne gleich eine Strafe fürchten zu müssen, ist ein gutes Zeichen. Es sollte auch, vor allem vor dem Hintergrund der Probleme, die Homosexuelle aktuell beispielsweise in Russland bekommen, als eine positive Errungenschaft anerkannt werden. Das homosexuelle Paare jedoch noch bei sehr vielen Dingen weniger rechte haben als bei heterosexuellen Paaren, sollte zum Nachdenken anregen.

Mit welcher Begründung kann man einem einzelnen Menschen oder einer Partnerschaft einfach weniger Rechte einräumen als anderen? Bevor irgendjemand sich nach Lesen des Wortes „Homosexuell“ in Rage redet, sollte er sich einmal diese Frage selber einmal ehrlich beantworten! Was muss ein Mensch getan haben, damit er weniger Rechte besitzt als der Rest? Es gibt, wenn man einmal die Geheimnisträger und ihre Sonderstellung beiseitelässt, nur zwei Gruppen von Personen, die weniger Rechte besitzen als andere Bürger. Das sind zum einen Kinder und Behinderte, die noch nicht in der Lage sind, die Konsequenzen für ihre Handlungen zu tragen, da sie die Folgen ihrer Handlungen nicht erfassen können. Zum anderen sind es Menschen, die straffällig geworden sind und deshalb über einen bestimmen Zeitraum aus unserem gesellschaftlichen System entfernt werden. Gehören Homosexuelle zu einer dieser Gruppen? Für den Fall, dass irgendjemand der Meinung ist, dass sie zu der ersten Gruppe gehören: Haben sie ihre sexuelle Ausrichtung frei gewählt und sich damit bewusst außerhalb der gesellschaftlichen Norm gestellt? Nein, haben sie nicht! Und das Homosexualität kein Verbrechen ist, sollte eigentlich keine weitere Argumentation wert sein. Da nun aufgezeigt wurde, dass es keinen nachvollziehbare logische Begründung für eine Benachteiligung von homosexuellen Ehepaaren gibt, sollte man sich die irrationalen Gründe für diese Benachteiligung einmal ansehen.

Die meisten Gegner von gleichgeschlechtlichen Ehen findet man im konservativ-christlichen Milieu. Die meisten der „Argumente“ aus diesem Milieu sind mittlerweile glücklicherweise als schwachsinnig eingesehen worden, aber es gibt ab und an immer noch Personen, die auf die Bibel hinweisen und an ihr schön aufzeigen, dass Gott gegen Homosexuelle war. Glücklicherweise leben wir in einer säkularen Gesellschaft und können solche Einwürfe getrost ignorieren. Auch das immer noch recht beliebte Argument, dass es „gegen die Natur“ sei, wenn zwei Partner des gleichen Geschlechtes heiraten, kommt zum Glück immer weiter aus der Mode. Dies dürfte vor allem daran liegen, dass es sich auch in den erzkonservativen Kreisen langsam herumgesprochen haben muss, dass Homosexualität ein Verhalten ist, dass bei sehr vielen Tierarten zu beobachten ist und dass dieses Verhalten eben deshalb vollkommen natürlich ist. Es ist mittlerweile auch schon als gesichert anzusehen, dass die Gene eine sehr wichtige Rolle bei der sexuellen Orientierung übernehmen und es sind auch schon Genabschnitte auf verschiedenen Chromosomen identifiziert worden, die ein Lebewesen tendenziell homosexuell machen. Wem das nicht an Beweisen reicht, der kann sich noch mit Zwillingsstudien befassen. Die belegen, dass bei eineiigen Zwillingen, wenn ein Kind homosexuell ist, das zweite mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% homosexuell ist. Auch dies ist ein eindeutiger Hinweis auf genetischen und/oder hormonellen Einfluss. Das Argument, dass in letzter Zeit an Popularität gewinnt, zielt jedoch auf etwas ganz anderes ab. Mittlerweile wird ernsthaft damit argumentiert, dass Homosexuelle keine Kinder bekommen könnten und es deshalb ungerecht wäre, wenn sie in den Genuss von den Steuervorteilen der heterosexuellen Ehen kämen, da aus diesen Ehen schließlich Kinder entstehen könnten. Und das Ziel einer Ehe seien schließlich die Kinder! Oder etwa nicht?

Der logischen Fehler in dieser Argumentation ist so offensichtlich, dass ich persönlich es sehr schade finde, dass erwachsene Personen so etwas überhaupt äußern. Der Sinn einer Ehe ist das Versprechen einer lebenslangen Treue, nicht Kinder zu bekommen! Das Versprechen dieser Treue mag für einige altertümlich und nicht mehr Zeitgemäß sein, aber es ist doch ein besonderes Versprechen, dass einigen Wert hat. Wenn Kinder aus einer Ehe resultieren, so ist dies schön, aber im Eheversprechen verpflichtet man sich nicht dazu! So gesehen fehlt also schon einmal die Grundlage für Benachteiligung von Ehepaaren, die keine Kinder bekommen können. Und diese Ehepaare müssen noch nicht einmal homosexuell sein. Es gibt in Deutschland eine immer größer werdende Anzahl an Ehepaaren, deren Kinderwunsch unerfüllt bleibt oder die sich bewusst gegen Kinder entschieden haben. Soll diese Ehepaare nun auch alle steuerlichen Erleichterungen gestrichen werden? Wer also die Gleichstellung der Ehe von homosexuellen Paaren mit der Begründung der damit garantierten Kinderlosigkeit verhindern möchte, muss im selben Atemzug auch allen Ehepaaren ohne Kinder die Steuererleichterungen aberkennen. Man sieht also, dass es kein einziges Argument gibt, dass sich irgendwie gegen eine Gleichstellung von homosexuellen verwenden lässt. Es ist außerdem auch eine gewisse Schande für unsere Gesellschaft zu wissen, dass Personen nur aufgrund gewisser harmloser Abweichungen von der Norm von uns ausgeschlossen werden. Eine Gesellschaft ist immer nur so gut, wie sie sich gegenüber ihrer Minderheiten verhält!

Einer Heirat zwischen homosexuellen steht in Deutschland glücklicherweise seit einiger Zeit nichts mehr im Wege. Hoffentlich wird diese Heirat nun endlich auch als vollwertige Partnerschaft anerkannt und damit ein weiteres Stück Menschlichkeit bewiesen. Das die katholische Kirche, und in einigen Fällen auch die evangelische Kirche, sich gegen solche Heiraten ausspricht, zeugt mal wieder von ihrer Weltfremdheit, ist jedoch akzeptabel, da die kirchliche Heirat schließlich keinen rechtlichen Wert hat. Diskussionen mit Kirchenvertretern mit dem Ziel, diese ablehnende Haltung zu ändern scheinen im Moment zumindest auch aussichtslos zu sein und da die Kirche anscheinend noch genug Mitglieder hat, müssen sie auch nicht geführt werden. Es gilt nun mit Spannung die Entscheidung der Politik in dieser Frage abzuwarten und zu hoffen, dass sie sich von der Logik leiten lässt um eine Entscheidung zu treffen, die die Würde vieler Menschen in Deutschland wahren würde!

It's okay to be gay!

Donnerstag, 9. August 2012

Für die Kunst


Es gibt den Maler, der aus der Sonne einen gelben Fleck macht, aber es gibt auch den, der mit Überlegung und Geschick aus einem gelben Fleck eine Sonne macht. –Pablo Picasso

Dieser Spruch definiert in unglaublich kurzer, treffender und prägnanter Form den Begriff „Kunst“! Kunst ist aus etwas gewöhnlichen,  in diesem Fall dem gelben Farbfleck, etwas besonderes, etwas berührendes zu machen. Wenn man das Glück hat, Personen zu kenne, die in der Lage sind mit aus einem Blatt Papier, ein paar Farben und etwas Zeit berührende Gemälde zu schaffen, dann kann man sich sehr glücklich schätzen! Kunst ist immer etwas besonderes, sollte sich immer irgendwie auszeichnen. Im Bereich der Musik ist es noch verhältnismäßig einfach, Menschen direkt zu berühren, da die Emotionen über die Musik sehr direkt angesprochen werden können. Bei Bildern gestaltet es sich da meist etwas schwieriger. Umso bedeutender ist es, wenn man dann ein Bild sieht, bei dem man ein warmes kribbeln im ganzen Körper spürt und man für ein paar Augenblicke einfach stehenbleiben muss, um es zu betrachten. Bilder mit einem solchen Effekt sind wahrhaftig Kunst! Einen gelben Fleck auf ein Blatt Papier zu malen und ihn Sonne zu nenne können schon Kinder im Kindergarten. Diesen Fleck, natürlich etwas schöner ausgestaltet, so in einen Bildkontext einzubinden, dass es ästhetisch und vollendet wirkt, können nur die wenigsten. Umso wichtiger ist es in meinen Augen deshalb gerade diese Personen zu fördern, die dies können. Die Emotionen so in Bilder legen können, das sie sich einem Betrachtet von ganz von selbst offenbaren. Die Bilder so gestalten können, dass man nicht erst die Biographie des Künstlers und die Entstehungsgeschichte des Bildes kennen muss um von dem Bild berührt zu werden.

Kunst hat immer etwas mit Emotionen zu tun. Dies sollte von all den Personen, die „Kunst“ herstellen, niemals vergessen werden. Allzu oft habe ich jedoch das Gefühl, dass es dem „Künstler“ bei seinem „Kunstwerk“ entweder um Geld oder um Aufmerksamkeit ging, nicht jedoch um das Übermitteln der eigentlichen Botschaft der Kunst: Dem Übermitteln von Emotionen! Man kann sich nicht von jedem Bild gleich angesprochen fühlen, aber allein beim Betreten eines Raumes, in dem viele gute Bilder hängen, spürt man, dass man etwas Besonderes betritt. Dieser Effekt, dieses inspiriert und bewegt werden, ist etwas, dass ich für die eigentliche Wirkung von Kunst halte. Kunst kann und soll unterhalten, kritisieren, inszenieren; vor allem aber soll sie bewegen! Das gilt natürlich nicht nur für Bilder, aber gerade bei Bildern finde ich es am schwersten, etwas bewegendes zu schaffen.

Es ist für mich immer eine besondere Freude auf Personen zu treffen, die die Bezeichnung „Künstler“ wirklich verdienen. Nicht, weil sie vielleicht über Kunst ihr Geld verdienen, sondern, weil sie mit Musik, Worten oder Farben so gut umgehen können, dass es mich berührt. Diese Personen sind eine Bereicherung für unsere Gesellschaft. Sie können aus einem „gelben Fleck“ eine Sonne machen und lassen einen die Sonnenstrahlen dieser Sonne beim Betrachten des Bildes im Gesicht spüren. Diese Personen sind es, die das Leben ein Stück Lebenswerter gestalten! 

Es leben die Künstler!

Dienstag, 7. August 2012

Der Krieg in Syrien


Seit gut 17 Monaten gibt es nun schon in Syrien Unruhen. Seit gut 17 Monaten verurteilt die UN die Gewalt in diesen Unruhen. Seit gut einem Jahr tobt ein Bürgerkrieg in Syrien, der von Monat zu Monat heftiger wird. Seit gut einem Jahr werden immer neue Sanktionen gegen Syrien beschlossen.  Und was hat sich bisher geändert? Die Qualität sowie die Quantität der Gewalt! Anstatt weniger sterbe jetzt jeden Tag mehr Menschen in Syrien! Anstatt einer Stabilisierung des Staates ist er so weit zerbrochen, dass es fast schon fraglich ist, ob er jemals wieder hergestellt werden kann. Seit gut 17 Monaten wird die Zivilbevölkerung in Syrien von einem großen Teil der Welt mehr oder weniger absichtlich einem Krieg ausgeliefert, der keine Grenzen kennt!

Seit einigen Tagen finden nun schon starke Kämpfe um die Großstadt Aleppo statt und  die, vor allem westlichen Länder, die sich für einen Schutz der Bevölkerung von Syrien eingesetzt haben, scheint dies vollkommen kalt zu lassen. Es ist mittlerweile unbestreitbar, dass Aleppo von Kampfflugzeugen bombardiert, mit schwerer Artillerie beschossen und von Häuserkämpfen heimgesucht wird. Auch wenn es keine gesicherten Opferzahlen gibt, so ist doch sicher, dass es jeden Tag mehr Tote gibt. Interessanterweise werden in den Kommentarsektionen von vielen Onlineausgaben von verschiedenen Zeitungen vor allem die Rebellen als Ursache für dieses Abschlachten ausgemacht. Assad würde ja nur seine Pflicht tun um seinen Staat zu schützen. Bevor ich also anfange, den mangelnden Einsatz der restlichen Welt zu kritisieren, sollte ich erst einmal diese Argumentation beseitigen. Es ist für mich ehrlich gesagt schwer, hierbei größtenteils sachlich zu bleiben, da ich so viel Ignoranz und Idiotie, wenn es um Menschenleben geht, nicht gut verkraften kann.

Was macht einen legitimierten Staatsführer aus? Er muss von Volk gewählt sein, unter der Kontrolle der Gesetze stehen und sich in regelmäßigen Abständen zur Wahl stellen. Diese Wahl sollte im Idealfall noch allgemein, frei, geheim und gleich sein. War jemals so ein Präsident? Baschar al-Assad wurde in einer Wahl mit über 97% der Stimmen zum Präsidenten von Syrien gewählt, könnte man einwenden. Wenn man jedoch bedenkt, dass diese „Wahl“ in einem Regionalkongress der Baath-Partei stattfand, in dem überhaupt nur Anhänger von Assad vertreten sind, wird diese Wahl zu einer vollkommen Farce. Assad wurde also niemals von seinem Volk gewählt. Genauso wenig wie sein Vater, der nur durch einen Putsch an die Macht gekommen ist. Assad hat sich auch niemals einer freien Wahl gestellt! Die Gesetze werden für ihn verändert, wie man am Beispiel des Mindestalters für Präsidenten sieht. Ursprünglich lag es bei 40 Jahren, kurz bevor er das Präsidentenamt antrat, wurde es auf 34 Jahre gesenkt, damit er überhaupt Präsident werden konnte. Assad steht also über dem Gesetz. Außerdem hat er sein Amt im Prinzip von seinem Vater geerbt, was auch nicht im Sinne einer Demokratie sein kann. Alles in allem ist es nicht nur eine Frechheit, sonder auch eine Verkennung von Tatsachen, wenn man Baschar al-Assad als „legitimen Präsidenten“ von Syrien betrachtet. Wenn man diese Meinung ist, dann war Hitler auch legitimer Präsident von Deutschland und war Kim Jong-il auch legitimer Präsident von Nord-Korea. Solange man nicht bereit ist, jeden Diktator zu einem „legitimen Herrscher“ zu machen, ist Assad auch keiner! Er ist und bleibt ein Diktator, der nicht besser und nicht schlimmer ist als ein durchschnittlicher Diktator und er gehört genauso benannt. Hiermit sollte nun endlich klar sein, das Assad eben kein legitimer Staatsführer war! Deshalb steht es ihm eigentlich auch nicht zu eine Armee zu besitzen und seine Interessen damit durchzusetzen. Aber das steht noch auf einem anderen Blatt.

Es gibt auch immer noch eine ganze Menge an Personen, die behaupten, dass Assad schließlich doch halbwegs Säkular war und außerdem doch eine Menge Gutes getan hat. Ich hoffe immer nur, dass das zynisch gemeint ist, ansonsten fehlt diesen Menschen doch ein grundlegendes Verständnis für Menschlichkeit. Wenn so argumentiert wird, dann muss man auch zustimmen, dass Hitler eigentlich doch gar nicht schlecht war. Unter seiner Herrschaft gab es kaum Arbeitslosigkeit, die Wirtschaft wurde angekurbelt, es wurde so viel entwickelt wie noch nie zu vor. Deutschland wurde innerhalb von wenigen Jahren eine sehr beachtliche Großmacht, die in vielen Belangen weltweit führend war. Wem das nicht komisch vorkommt, müsste man deutliche Nachhilfe in Geschichte und Ethik geben. Es ist richtig, das unter Assad eine recht starke Mittelschicht entstand, der es gut ging. Außerdem wurde eine Menge in den Großstädten investiert. Aber kann man damit ungezählte Verhaftungen, Folter und die Tötung von Regimegegnern aufwiegen? Kann man sich mit guten Taten das Blut, dass man durch die Unterdrückung seines Volkes an den Fingern hat, abwaschen? Nein, kann man nicht! Assad hat keine freie Meinungsäußerung zugelassen und all jene Unterdrückt, die sich öffentlich gegen ihn geäußert haben. Dies macht ihn zu einem gewöhnlichen Diktator!

Es sind sich noch fast alle darüber einig, dass die ersten friedlichen Demonstrationen gegen Assad noch von dem syrischen Volk getragen waren. Und es sind sich auch noch viele darüber einig, dass die Schüsse des Militärs auf diese Demonstrationen ein Verbrechen waren. Selbst wenn Assad demokratisch legitimiert gewesen wäre, spätestens dadurch hätte er seine Legitimation verloren. Man lässt unter keinen Umständen auf unbewaffnete Demonstranten schießen! Bei den anschließend beginnenden Kämpfen war auf einmal, zumindest augenscheinlich, die Mehrheit der Kommentatoren der Meinung, dass die Rebellen alle entweder aus dem Ausland sind, oder aber, dass sie mit radikal-islamischen Bewegungen sympathisieren. Auf einmal waren die Rebellen in fast allen Fällen die Bösen und Assad jemand, der sich nur um den Zusammenhalt seines Landes sorgt. Abgesehen davon, dass ich schon aufgezeigt habe, warum Assad kein legitimer Herrscher ist, finde ich diesen Punkt aus einem anderen Grund sehr komisch. Es ist unglaublich naiv daran zu glauben, dass ein Regimewechsel in einer Diktatur gewaltfrei ablaufen kann. Und es ist unglaublich naiv dann zu fordern, dass die Rebellen sich an alle Spielregeln des „normalen“ Krieges zu halten haben.

Der Krieg, der sich im Moment in Syrien abspielt, ist ein Bürgerkrieg mit allen seinen Tücken und allen seinen dunklen Seiten. In so einem Bürgerkrieg kann man nur hoffen, dass es wenigstens zwei halbwegs klare Gegner gibt, damit es nicht zu einem vollkommenen Chaos kommt. Die Rebellen scheinen zwar nicht über eine nationale Organisation zu verfügen, die über alle Rebellentruppen befiehlt, aber immerhin bilden sie im Moment wenigstens zeitweise eine halbwegs homogene Front. Noch ist der Krieg halbwegs übersichtlich! Trotzdem kann man meistens nicht sagen, welche Seite für ein Massaker verantwortlich war. Es ist im Prinzip auch egal, da es sich um ein Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung handelt und dieses sich häufenden Verbrechen eigentlich die internationale Staatengemeinschaft auf den Plan rufen sollte. Die hält es aber im Moment für sinnvoller, sich über Details in Sanktionen zu zerstreiten.
Ich wäre sehr verwundert wenn die Massaker nicht halbwegs gleichmäßig von Regierungstruppen und Rebellen verübt worden wären. Für alle, die entweder die Rebellen verteufeln oder sie für faire Kämpfer halten: In Syrien herrscht Krieg und in einem Krieg wird jeder getötet, der zufällig gerade das Pech hat, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein! Wenn die Rebellen die Vermutung haben, dass jemand die Regierung unterstützt, dann werden sie ihn wahrscheinlich genauso töten, wie die Regierungstruppen Sympathisanten der Rebellen töten. DAS IST NORMAL! Und das ist Wahnsinn. Ich bin es Müde, immer wieder lesen zu müssen, dass eine Seite schlimmer ist als die andere, ich finde es allerdings auch Zeitverschwendung darüber zu diskutieren. Was feststeht ist, dass Assad weichen muss, damit wenigstens die Chance für einen Neuanfang gegeben ist. Ob er freiwillig abtritt oder erst gefangen oder getötet werden muss, ist erst einmal egal. Wichtig ist nur, dass dieser Schritt passiert. Bevor es jedoch so weit kommen kann, muss als aller erstes der Schutz der Zivilbevölkerung gesichert werden. Und ein Konzept dafür wurde schon vor recht langer Zeit vorgeschlagen.

Ich kann die Bedenken der Westmächte schon verstehen, dass sie sich nicht militärisch auf eine Seite in diesem Konflikt stellen wollen. Es könnte zum einen sehr teuer, zum anderen aber auch sehr peinlich werden, wenn sich die angeblich Verbündeten auf einmal von ihnen abwenden und sie zu ihren Feinden erklären. Siehe Amerikas Einsatz in Afghanistan zum Schutz vor der Invasion Russlands und dem anschließenden Einsatz dieser Waffen gegen Amerika. Was aber mit etwas Mut möglich wäre, ist eine Einrichtung von Schutzzonen in den umkämpften Gebieten. In diesen Zonen dürfen sich keine Soldaten der Konfliktparteien aufhalten, sondern nur Zivilbevölkerung. Gesichert werden diese Gebiete von Soldaten der internationalen Gemeinschaft. Wenn man Aleppo zu so einer Schutzzone erklären würde, würde man sich anfangs wahrscheinlich zwischen das Feuer zweier Seiten begeben, aber das sollte es einem Wert sein, da die Alternative darin besteht, über 1,7 Millionen Einwohner weiterhin zwischen den Konfliktparteien stehen zu lassen. Das dies zu einer großen Zahl an Todesopfern führen wird, sollte offensichtlich sein. Wenn größere Städte und alle Flüchtlingslager zu Schutzzonen erklärt würden, könnten sich die beiden Konfliktparteien gerne ausgiebig gegenseitig töten, da dann der allergrößte Teil der Toten wirklich Soldaten wären. Dies ist zwar auch nicht schön, aber in einem Krieg unvermeidlich. Das dieser Vorschlag, der schon von verschiedenen Seiten gebracht wurde, bis jetzt noch nicht umgesetzt wurde, zeigt wieder einmal, dass man die Menschenrechte nur dann verteidigt, wenn es einem etwas bringt. Syrien scheint nicht gewinnbringend zu sein, deshalb kann man die Bevölkerung anscheinend auch einfach vor die Hunde gehen lassen.

Ich finde dass das Verhalten der vor allem westlichen Welt, aber auch von Russland und China gegenüber der syrischen Bevölkerung strafbar ist. Aber anscheinend sind wirtschaftliche Erwägungen immer noch mehr Wert als Menschenleben. Auch regt es mich mittlerweile auf, dass viele Personen anscheinend Assad für „gut“ und die Rebellen für „böse“ halten. Beide Seiten dürften sich nicht viel nehmen, aber die Rebellen sind anscheinend wenigstens über das Volk legitimiert. Und außerdem finde ich es langsam alber, sich über die Massaker, Todeszahlen und andere Grausamkeiten in Syrien aufzuregen. Dort herrscht ein Bürgerkrieg, der eben keine Grenzen kennt und solche Taten sind dort mehr oder weniger alltäglich. Erst ein konsequenter Schutz der Bürger vor beiden Konfliktpartien wird diesem ein Ende machen. Deshalb sollte sich die internationale Gemeinschaft endlich mal einen Ruck geben und für ihre Werte und die Menschenrechte einstehen und die Schutzzonen einrichten. Damit würden sie wenigstens ein wenig Glaubwürdigkeit zurückgewinnen!  

Der Wahnsinn muss ein Ende haben - 
Handelt jetzt, sonst ist es es für viele Syrer zu spät!