Es gibt Gesetzesentwürfe, die sehr laut angekündigt werden, über die die
gesamte Zeit bis zur Abstimmung in Bundestag und Bundesrat laut diskutiert wird
und die eventuell dann sogar mit einem lauten Knall (vorerst) scheitern.
Paradebeispiel dafür ist im Moment das „Betreuungsgeld“. Es gibt allerdings auch Gesetzesvorschläge,
die still und heimlich eingereicht werden, von deren Existenz die Presse erst
sehr spät berichtet und über die, ohne viel Lärm zu machen, abgestimmt wird.
Genau dieses Verfahren wird gerade bei dem sogenannten „Leistungsschutzgesetz“
praktiziert. Natürlich verleitet dieses Vorgehen dazu zu denken, dass das Thema
nicht von großer Bedeutung ist und keinen großen Einfluss auf den
„Normalbürger“ hat, aber beim „Leistungsschutzgesetz“ ist dies gerade nicht der
Fall!
Das „Leistungsschutzgesetz“ wurde
schon seit geraumer Zeit von verschiedenen Medienhäusern, allen voran dem
Axel-Springer-Verlag, gefordert, damit sie ihre Produkte auch online besser
vermarkten können. Im Moment dürfen ihre Texte nämlich von Suchmaschinen, aber
auch von Privatpersonen relativ einfach aufgegriffen und weitergenutzt werden.
Natürlich gilt es dabei gewisse Regeln einzuhalten, aber viel Geld damit
verdienen konnten die Verlage bis jetzt noch nicht. Das sollte sich jetzt
ändern. Wie im Onlinebereich wahrscheinlich zu erwarten war, richtet sich das
„Leistungsschutzgesetz“ in erster Linie gegen Google, genauer gesagt, gegen
seinen News-Service. In diesem Serviceangebot listet Google aktuelle
Schlagzeilen von verschiedenen, meist bekannteren Seiten wie Stern, FAZ oder
N24, auf und zeigt außerdem einen kurzen Infotext, mit maximal 250 Zeichen, dazu
an. Mithilfe von diesem Text kann man ziemlich gut einen Überblick darüber
bekommen, worum es in diesem Artikel geht und sich dann entscheiden, ob man
diesen Artikel überhaupt lesen möchte. Vielen größeren Verlagen ist dieser
Service anscheinend ein Dorn im Auge, weil dort ihre Texte in Kurzform stehen
und sie kein Geld dafür bekommen. Sie argumentieren, dass die Nutzer nur noch die
Kurztexte unter der Überschrift und nicht mehr den ganzen Artikel auf ihrer
Seite lesen würden. Dadurch würden sie viel Geld, vor allem in Form von
Werbeeinnahmen, verlieren.
Die Argumentation an sich ist in meinen Augen nicht wirklich schlüssig, da
man sich als Leser dank der kurzen Infotexte sehr gezielt einzelne Artikel heraussuchen
und lesen kann. Außerdem hat man auf einen Schlag eine große Auswahl an
verschiedenen Seiten und besucht somit unter Umständen auch Onlineausgaben von
Zeitungen, die man persönlich vielleicht gar nicht kannte und somit nie besucht
hätte. Andererseits ist es für eine Zeitung natürlich von Vorteil, wenn sie als
Startseite eingerichtet wird und somit garantierte Leser hat. Trotzdem denke
ich, dass der Vorteil der weiten Verbreitung durch Google News und natürlich
auch die normale Google-Suche diesen Vorteil bei weitem übertreffen. Wenn sich
das Gesetz später nur gegen Google und andere Suchmaschinen richten würde, wäre
es nicht notwendig, sich großartig darüber zu informieren, aber die Art und
Weise des Schutzes, den die Verlage wahrscheinlich bekommen werden, wird noch
viel mehr betreffen.
In Zukunft ist jeder Ausschnitt aus einem Text für ein Jahr
lizenzpflichtig, unabhängig von seiner Größe. Die Lizenzgebühr muss von jedem „gewerblichen
Nutzer“ entrichtet werden, der einen Artikel in Gänze oder nur in kleinen
Ausschnitten auf seiner Website veröffentlicht. Die Lizenzpflicht für kurze
Ausschnitt ist im Bereich der Musik nichts neues und wird dort schon seit
längerer Zeit durchgesetzt, im Zeitungswesen war sie bis jetzt, aus guten
Gründen, allerdings noch nicht zu finden. Je nach Auslegung des
Gesetzesentwurfes und Findigkeit es Anwaltes ist es Zeitungen dann sogar
möglich, einen zu verklagen, wenn man eine Überschrift abgewandelt übernommen
hat. Ein Beispiel aus der „Zeit-Online“ verdeutlich dies anschaulich:
Theoretisch könnte man vom Springer Verlag eine Rechnung bekommen, wenn man
schreibt „Wir sind Kanzler“ da die Bild schon einmal „Wir sind Papst“ getitelt
hat. Ich denke, dass dieses Beispiel etwas überspitzt ist, aber es trifft den
Kern der ganzen sehr ziemlich gut. Wenn dieser Gesetzesentwurf umgesetzt wird,
könnte es möglich sein, das Sprache monopolisiert wird und man nicht mehr das
schreiben kann, was man möchte, weil man unter Umständen geschützte Ausdrücke
benutzt. Nun kann man sagen, dass einen dies als Privatperson nicht betrifft
und man, da man kein „gewerblicher Nutzer“ ist, sowieso schreiben kann, was man
will. Man sollte sich aber die Definition von „gewerblichem Nutzer“ einmal gut
durchlesen, bevor man ruhigen Gewissens Artikel von anderen Zeitungen in seinen
Text mit einbaut.
Solange man in seinem Blog lediglich Werbeeinblendungen des Blogbetreibers
hat und nicht über Themen bloggt, die etwas mit dem eigenen Beruf zu tun haben,
wird man auch nach in Kraft treten des Leistungsschutzgesetztes keine
Veränderungen vornehmen müssen. Sind allerdings Werbebanner in dem Blog
eingebettet, über die man selber Geld bekommt oder man hat einen Flattr-Button
auf seinem Blog, ist man „gewerblicher Nutzer“ und muss nun für alle Artikel,
die man genutzt hat, Lizenzgebühren zahlen. Es wäre nun sicherlich einmal
interessant zu wissen, wie viele Blogs in irgend einer Weise Geld generieren
und wie viel Geld sie generieren. Wahrscheinlich werden die allermeisten Blogs
nicht mehr als einen kleinen bis mittelgroßen zweistelligen Betrag pro Monat
verdienen und damit dann wahrscheinlich Probleme bekommen, wenn sie davon dann
Lizenzgebühren bezahlen müssen. Auch wenn man der Kommerzialisierung von Blogs
kritisch gegenübersteht, ist es doch ungerechtfertigt, solange diese Blogs
lediglich ein Hobby darstellen, wenn sie auf einmal Geld für dieses Hobby
ausgeben müssen, während andere dies kostenlos ausführen können. Ein in meinen
Augen noch viel wichtigerer Punkt sind all die Schülerzeitungen, die auf einmal
vor ein recht großes Problem gestellt werden. Viele von ihnen benutzen auch
Textausschnitte von Magazinen wie „GEOlino“ oder den regionalen Zeitungen, um
bestimmte Dinge genauer zu erläutern oder sie einfach verständlich zu machen.
Diese Schülerzeitungen verdienen in der Regel ein bisschen Geld, dass sie aber
wieder dafür verwenden müssen, ihren Druck zu bezahlen. Falls die Schule die
Schülerzeitung selber druckt, fallen diese Kosten zwar nicht direkt an, aber in
den allermeisten Fällen werden die Schülerzeitungen nicht wirklich reich. Wenn
diese Zeitungen nun in Zukunft eine Gebühr dafür zahlen müssten, damit sie so etwas
machen können, werden sie sich ziemlich schnell auflösen, da sie nicht genug
Geld generieren werden, um die Gebühr zahlen zu können. Auch werden sich
wahrscheinlich eine Menge der kleinen anderen Zeitungen, die beispielsweise von
Studenten oder politisch engagierten Gruppen ausgegeben werden, auflösen
müssen, da viele eine Menge an Text von anderen Zeitungen übernehmen und dann
kommentieren. Solange dies sich noch im Bereich der Zitate bewegt, ist dies
nach dem Leistungsschutzgesetz auch noch legal, aber das Problem ist, dass
anscheinend nicht klar und eindeutig abgegrenzt ist, wie lang ein Zitat sein
darf und ab wann man einen Ausschnitt aus einem Artikel übernommen hat. Es kann
also schnell man passieren, dass man sich auf einmal irgendwelchen Forderungen
gegenübersieht, weil ein Verlag den Text, den man benutzt hat, nicht als Zitat,
sondern als „Ausschnitt“ sieht und damit das Recht hat, dafür Geld zu fordern.
Wenn das Leistungsschutzgesetz wirklich durchgesetzt werden sollte, muss man
also in Zukunft deutlich mehr darauf achten, was man schreibt und woher man
dies hat.
Für mich ist dieser Gesetzesentwurf eine Überreaktion der Verlage auf das „neue“
Medium Internet, das für sie anscheinend eine starke Konkurrenz darstellt. Aber
anstatt sich diesen Trend zunutze zu machen und eigene Strategien zu
entwickeln, scheinen sie die Mitbewerber und augenscheinlich fähigere Konkurrenz
über juristische Tricks aus dem Weg räumen zu wollen. Dabei riskieren sie den
Tod von tausenden von Blogs, einer Unmenge an Schülerzeitungen und vielen
anderen kleinen Zeitungen, die nicht in der Lage sein werden, die neuen
Gebühren zu bezahlen. Außerdem bekommen Anwälte mit diesem Gesetz eine neue
Einkommensquelle, da sie nun Blogs und kleine Zeitungen nach Lust und Laune
durchstreifen können um nach Zitaten zu suchen, die ihn ihren Augen keine sind
und diese Medien dann anzuzeigen. Es ist für mich nicht verständlich, warum die
Bundesregierung diese perfide Strategie der Medienkonzerne unterstützt, da
damit auch die Möglichkeit der freien Meinungsäußerung stark eingeschränkt wird.
Wahrscheinlich wird aber die finanzielle und mediale Macht der Pressehäuser zu
diesem Schritt geführt haben. Ich hoffe, dass man Mittel und Wege finden kann,
dieses Gesetz entweder zu stoppen beziehungsweise abzuschwächen oder wenigstens
so bekannt zu machen, dass sich eine große Menge an Personen davon angesprochen
fühlt und ihre Meinung dann klar und deutlich artikuliert!
Eine Monopolisierung der Sprache ist auch ihr Untergang!