Dienstag, 7. August 2012

Der Krieg in Syrien


Seit gut 17 Monaten gibt es nun schon in Syrien Unruhen. Seit gut 17 Monaten verurteilt die UN die Gewalt in diesen Unruhen. Seit gut einem Jahr tobt ein Bürgerkrieg in Syrien, der von Monat zu Monat heftiger wird. Seit gut einem Jahr werden immer neue Sanktionen gegen Syrien beschlossen.  Und was hat sich bisher geändert? Die Qualität sowie die Quantität der Gewalt! Anstatt weniger sterbe jetzt jeden Tag mehr Menschen in Syrien! Anstatt einer Stabilisierung des Staates ist er so weit zerbrochen, dass es fast schon fraglich ist, ob er jemals wieder hergestellt werden kann. Seit gut 17 Monaten wird die Zivilbevölkerung in Syrien von einem großen Teil der Welt mehr oder weniger absichtlich einem Krieg ausgeliefert, der keine Grenzen kennt!

Seit einigen Tagen finden nun schon starke Kämpfe um die Großstadt Aleppo statt und  die, vor allem westlichen Länder, die sich für einen Schutz der Bevölkerung von Syrien eingesetzt haben, scheint dies vollkommen kalt zu lassen. Es ist mittlerweile unbestreitbar, dass Aleppo von Kampfflugzeugen bombardiert, mit schwerer Artillerie beschossen und von Häuserkämpfen heimgesucht wird. Auch wenn es keine gesicherten Opferzahlen gibt, so ist doch sicher, dass es jeden Tag mehr Tote gibt. Interessanterweise werden in den Kommentarsektionen von vielen Onlineausgaben von verschiedenen Zeitungen vor allem die Rebellen als Ursache für dieses Abschlachten ausgemacht. Assad würde ja nur seine Pflicht tun um seinen Staat zu schützen. Bevor ich also anfange, den mangelnden Einsatz der restlichen Welt zu kritisieren, sollte ich erst einmal diese Argumentation beseitigen. Es ist für mich ehrlich gesagt schwer, hierbei größtenteils sachlich zu bleiben, da ich so viel Ignoranz und Idiotie, wenn es um Menschenleben geht, nicht gut verkraften kann.

Was macht einen legitimierten Staatsführer aus? Er muss von Volk gewählt sein, unter der Kontrolle der Gesetze stehen und sich in regelmäßigen Abständen zur Wahl stellen. Diese Wahl sollte im Idealfall noch allgemein, frei, geheim und gleich sein. War jemals so ein Präsident? Baschar al-Assad wurde in einer Wahl mit über 97% der Stimmen zum Präsidenten von Syrien gewählt, könnte man einwenden. Wenn man jedoch bedenkt, dass diese „Wahl“ in einem Regionalkongress der Baath-Partei stattfand, in dem überhaupt nur Anhänger von Assad vertreten sind, wird diese Wahl zu einer vollkommen Farce. Assad wurde also niemals von seinem Volk gewählt. Genauso wenig wie sein Vater, der nur durch einen Putsch an die Macht gekommen ist. Assad hat sich auch niemals einer freien Wahl gestellt! Die Gesetze werden für ihn verändert, wie man am Beispiel des Mindestalters für Präsidenten sieht. Ursprünglich lag es bei 40 Jahren, kurz bevor er das Präsidentenamt antrat, wurde es auf 34 Jahre gesenkt, damit er überhaupt Präsident werden konnte. Assad steht also über dem Gesetz. Außerdem hat er sein Amt im Prinzip von seinem Vater geerbt, was auch nicht im Sinne einer Demokratie sein kann. Alles in allem ist es nicht nur eine Frechheit, sonder auch eine Verkennung von Tatsachen, wenn man Baschar al-Assad als „legitimen Präsidenten“ von Syrien betrachtet. Wenn man diese Meinung ist, dann war Hitler auch legitimer Präsident von Deutschland und war Kim Jong-il auch legitimer Präsident von Nord-Korea. Solange man nicht bereit ist, jeden Diktator zu einem „legitimen Herrscher“ zu machen, ist Assad auch keiner! Er ist und bleibt ein Diktator, der nicht besser und nicht schlimmer ist als ein durchschnittlicher Diktator und er gehört genauso benannt. Hiermit sollte nun endlich klar sein, das Assad eben kein legitimer Staatsführer war! Deshalb steht es ihm eigentlich auch nicht zu eine Armee zu besitzen und seine Interessen damit durchzusetzen. Aber das steht noch auf einem anderen Blatt.

Es gibt auch immer noch eine ganze Menge an Personen, die behaupten, dass Assad schließlich doch halbwegs Säkular war und außerdem doch eine Menge Gutes getan hat. Ich hoffe immer nur, dass das zynisch gemeint ist, ansonsten fehlt diesen Menschen doch ein grundlegendes Verständnis für Menschlichkeit. Wenn so argumentiert wird, dann muss man auch zustimmen, dass Hitler eigentlich doch gar nicht schlecht war. Unter seiner Herrschaft gab es kaum Arbeitslosigkeit, die Wirtschaft wurde angekurbelt, es wurde so viel entwickelt wie noch nie zu vor. Deutschland wurde innerhalb von wenigen Jahren eine sehr beachtliche Großmacht, die in vielen Belangen weltweit führend war. Wem das nicht komisch vorkommt, müsste man deutliche Nachhilfe in Geschichte und Ethik geben. Es ist richtig, das unter Assad eine recht starke Mittelschicht entstand, der es gut ging. Außerdem wurde eine Menge in den Großstädten investiert. Aber kann man damit ungezählte Verhaftungen, Folter und die Tötung von Regimegegnern aufwiegen? Kann man sich mit guten Taten das Blut, dass man durch die Unterdrückung seines Volkes an den Fingern hat, abwaschen? Nein, kann man nicht! Assad hat keine freie Meinungsäußerung zugelassen und all jene Unterdrückt, die sich öffentlich gegen ihn geäußert haben. Dies macht ihn zu einem gewöhnlichen Diktator!

Es sind sich noch fast alle darüber einig, dass die ersten friedlichen Demonstrationen gegen Assad noch von dem syrischen Volk getragen waren. Und es sind sich auch noch viele darüber einig, dass die Schüsse des Militärs auf diese Demonstrationen ein Verbrechen waren. Selbst wenn Assad demokratisch legitimiert gewesen wäre, spätestens dadurch hätte er seine Legitimation verloren. Man lässt unter keinen Umständen auf unbewaffnete Demonstranten schießen! Bei den anschließend beginnenden Kämpfen war auf einmal, zumindest augenscheinlich, die Mehrheit der Kommentatoren der Meinung, dass die Rebellen alle entweder aus dem Ausland sind, oder aber, dass sie mit radikal-islamischen Bewegungen sympathisieren. Auf einmal waren die Rebellen in fast allen Fällen die Bösen und Assad jemand, der sich nur um den Zusammenhalt seines Landes sorgt. Abgesehen davon, dass ich schon aufgezeigt habe, warum Assad kein legitimer Herrscher ist, finde ich diesen Punkt aus einem anderen Grund sehr komisch. Es ist unglaublich naiv daran zu glauben, dass ein Regimewechsel in einer Diktatur gewaltfrei ablaufen kann. Und es ist unglaublich naiv dann zu fordern, dass die Rebellen sich an alle Spielregeln des „normalen“ Krieges zu halten haben.

Der Krieg, der sich im Moment in Syrien abspielt, ist ein Bürgerkrieg mit allen seinen Tücken und allen seinen dunklen Seiten. In so einem Bürgerkrieg kann man nur hoffen, dass es wenigstens zwei halbwegs klare Gegner gibt, damit es nicht zu einem vollkommenen Chaos kommt. Die Rebellen scheinen zwar nicht über eine nationale Organisation zu verfügen, die über alle Rebellentruppen befiehlt, aber immerhin bilden sie im Moment wenigstens zeitweise eine halbwegs homogene Front. Noch ist der Krieg halbwegs übersichtlich! Trotzdem kann man meistens nicht sagen, welche Seite für ein Massaker verantwortlich war. Es ist im Prinzip auch egal, da es sich um ein Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung handelt und dieses sich häufenden Verbrechen eigentlich die internationale Staatengemeinschaft auf den Plan rufen sollte. Die hält es aber im Moment für sinnvoller, sich über Details in Sanktionen zu zerstreiten.
Ich wäre sehr verwundert wenn die Massaker nicht halbwegs gleichmäßig von Regierungstruppen und Rebellen verübt worden wären. Für alle, die entweder die Rebellen verteufeln oder sie für faire Kämpfer halten: In Syrien herrscht Krieg und in einem Krieg wird jeder getötet, der zufällig gerade das Pech hat, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein! Wenn die Rebellen die Vermutung haben, dass jemand die Regierung unterstützt, dann werden sie ihn wahrscheinlich genauso töten, wie die Regierungstruppen Sympathisanten der Rebellen töten. DAS IST NORMAL! Und das ist Wahnsinn. Ich bin es Müde, immer wieder lesen zu müssen, dass eine Seite schlimmer ist als die andere, ich finde es allerdings auch Zeitverschwendung darüber zu diskutieren. Was feststeht ist, dass Assad weichen muss, damit wenigstens die Chance für einen Neuanfang gegeben ist. Ob er freiwillig abtritt oder erst gefangen oder getötet werden muss, ist erst einmal egal. Wichtig ist nur, dass dieser Schritt passiert. Bevor es jedoch so weit kommen kann, muss als aller erstes der Schutz der Zivilbevölkerung gesichert werden. Und ein Konzept dafür wurde schon vor recht langer Zeit vorgeschlagen.

Ich kann die Bedenken der Westmächte schon verstehen, dass sie sich nicht militärisch auf eine Seite in diesem Konflikt stellen wollen. Es könnte zum einen sehr teuer, zum anderen aber auch sehr peinlich werden, wenn sich die angeblich Verbündeten auf einmal von ihnen abwenden und sie zu ihren Feinden erklären. Siehe Amerikas Einsatz in Afghanistan zum Schutz vor der Invasion Russlands und dem anschließenden Einsatz dieser Waffen gegen Amerika. Was aber mit etwas Mut möglich wäre, ist eine Einrichtung von Schutzzonen in den umkämpften Gebieten. In diesen Zonen dürfen sich keine Soldaten der Konfliktparteien aufhalten, sondern nur Zivilbevölkerung. Gesichert werden diese Gebiete von Soldaten der internationalen Gemeinschaft. Wenn man Aleppo zu so einer Schutzzone erklären würde, würde man sich anfangs wahrscheinlich zwischen das Feuer zweier Seiten begeben, aber das sollte es einem Wert sein, da die Alternative darin besteht, über 1,7 Millionen Einwohner weiterhin zwischen den Konfliktparteien stehen zu lassen. Das dies zu einer großen Zahl an Todesopfern führen wird, sollte offensichtlich sein. Wenn größere Städte und alle Flüchtlingslager zu Schutzzonen erklärt würden, könnten sich die beiden Konfliktparteien gerne ausgiebig gegenseitig töten, da dann der allergrößte Teil der Toten wirklich Soldaten wären. Dies ist zwar auch nicht schön, aber in einem Krieg unvermeidlich. Das dieser Vorschlag, der schon von verschiedenen Seiten gebracht wurde, bis jetzt noch nicht umgesetzt wurde, zeigt wieder einmal, dass man die Menschenrechte nur dann verteidigt, wenn es einem etwas bringt. Syrien scheint nicht gewinnbringend zu sein, deshalb kann man die Bevölkerung anscheinend auch einfach vor die Hunde gehen lassen.

Ich finde dass das Verhalten der vor allem westlichen Welt, aber auch von Russland und China gegenüber der syrischen Bevölkerung strafbar ist. Aber anscheinend sind wirtschaftliche Erwägungen immer noch mehr Wert als Menschenleben. Auch regt es mich mittlerweile auf, dass viele Personen anscheinend Assad für „gut“ und die Rebellen für „böse“ halten. Beide Seiten dürften sich nicht viel nehmen, aber die Rebellen sind anscheinend wenigstens über das Volk legitimiert. Und außerdem finde ich es langsam alber, sich über die Massaker, Todeszahlen und andere Grausamkeiten in Syrien aufzuregen. Dort herrscht ein Bürgerkrieg, der eben keine Grenzen kennt und solche Taten sind dort mehr oder weniger alltäglich. Erst ein konsequenter Schutz der Bürger vor beiden Konfliktpartien wird diesem ein Ende machen. Deshalb sollte sich die internationale Gemeinschaft endlich mal einen Ruck geben und für ihre Werte und die Menschenrechte einstehen und die Schutzzonen einrichten. Damit würden sie wenigstens ein wenig Glaubwürdigkeit zurückgewinnen!  

Der Wahnsinn muss ein Ende haben - 
Handelt jetzt, sonst ist es es für viele Syrer zu spät!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen