Seit gut 17 Monaten gibt es nun schon in Syrien Unruhen. Seit gut 17
Monaten verurteilt die UN die Gewalt in diesen Unruhen. Seit gut einem Jahr
tobt ein Bürgerkrieg in Syrien, der von Monat zu Monat heftiger wird. Seit gut
einem Jahr werden immer neue Sanktionen gegen Syrien beschlossen. Und was hat sich bisher geändert? Die Qualität sowie die Quantität der Gewalt!
Anstatt weniger sterbe jetzt jeden Tag mehr Menschen in Syrien! Anstatt
einer Stabilisierung des Staates ist er so weit zerbrochen, dass es fast schon
fraglich ist, ob er jemals wieder hergestellt werden kann. Seit gut 17 Monaten
wird die Zivilbevölkerung in Syrien von einem großen Teil der Welt mehr oder
weniger absichtlich einem Krieg ausgeliefert, der keine Grenzen kennt!
Seit einigen Tagen finden nun schon starke Kämpfe um die Großstadt Aleppo
statt und die, vor allem westlichen
Länder, die sich für einen Schutz der Bevölkerung von Syrien eingesetzt haben,
scheint dies vollkommen kalt zu lassen. Es ist mittlerweile unbestreitbar, dass
Aleppo von Kampfflugzeugen bombardiert, mit schwerer Artillerie beschossen und
von Häuserkämpfen heimgesucht wird. Auch wenn es keine gesicherten Opferzahlen
gibt, so ist doch sicher, dass es jeden Tag mehr Tote gibt. Interessanterweise
werden in den Kommentarsektionen von vielen Onlineausgaben von verschiedenen
Zeitungen vor allem die Rebellen als Ursache für dieses Abschlachten
ausgemacht. Assad würde ja nur seine Pflicht tun um seinen Staat zu schützen.
Bevor ich also anfange, den mangelnden Einsatz der restlichen Welt zu
kritisieren, sollte ich erst einmal diese Argumentation beseitigen. Es ist für mich ehrlich gesagt schwer,
hierbei größtenteils sachlich zu bleiben, da ich so viel Ignoranz und Idiotie,
wenn es um Menschenleben geht, nicht gut verkraften kann.
Was macht einen legitimierten Staatsführer aus? Er muss von Volk gewählt
sein, unter der Kontrolle der Gesetze stehen und sich in regelmäßigen Abständen
zur Wahl stellen. Diese Wahl sollte im Idealfall noch allgemein, frei, geheim
und gleich sein. War jemals so ein Präsident? Baschar al-Assad wurde in einer
Wahl mit über 97% der Stimmen zum Präsidenten von Syrien gewählt, könnte man
einwenden. Wenn man jedoch bedenkt, dass diese „Wahl“ in einem Regionalkongress
der Baath-Partei stattfand, in dem überhaupt nur Anhänger von Assad vertreten
sind, wird diese Wahl zu einer vollkommen Farce. Assad wurde also niemals von seinem Volk gewählt. Genauso wenig wie
sein Vater, der nur durch einen Putsch an die Macht gekommen ist. Assad hat
sich auch niemals einer freien Wahl gestellt! Die Gesetze werden für ihn verändert,
wie man am Beispiel des Mindestalters für Präsidenten sieht. Ursprünglich lag
es bei 40 Jahren, kurz bevor er das Präsidentenamt antrat, wurde es auf 34
Jahre gesenkt, damit er überhaupt Präsident werden konnte. Assad steht also
über dem Gesetz. Außerdem hat er sein Amt im Prinzip von seinem Vater geerbt,
was auch nicht im Sinne einer Demokratie sein kann. Alles in allem ist es nicht nur eine Frechheit, sonder auch eine
Verkennung von Tatsachen, wenn man Baschar al-Assad als „legitimen Präsidenten“
von Syrien betrachtet. Wenn man diese Meinung ist, dann war Hitler auch
legitimer Präsident von Deutschland und war Kim Jong-il auch legitimer
Präsident von Nord-Korea. Solange man nicht bereit ist, jeden Diktator zu einem
„legitimen Herrscher“ zu machen, ist Assad auch keiner! Er ist und bleibt ein Diktator,
der nicht besser und nicht schlimmer ist als ein durchschnittlicher Diktator und
er gehört genauso benannt. Hiermit sollte
nun endlich klar sein, das Assad eben kein legitimer Staatsführer war!
Deshalb steht es ihm eigentlich auch nicht zu eine Armee zu besitzen und seine
Interessen damit durchzusetzen. Aber das steht noch auf einem anderen Blatt.
Es gibt auch immer noch eine ganze
Menge an Personen, die behaupten, dass Assad schließlich doch halbwegs Säkular
war und außerdem doch eine Menge Gutes getan hat. Ich hoffe immer nur, dass das zynisch gemeint ist,
ansonsten fehlt diesen Menschen doch ein grundlegendes Verständnis für
Menschlichkeit. Wenn so argumentiert wird, dann muss man auch zustimmen, dass
Hitler eigentlich doch gar nicht schlecht war. Unter seiner Herrschaft gab es
kaum Arbeitslosigkeit, die Wirtschaft wurde angekurbelt, es wurde so viel
entwickelt wie noch nie zu vor. Deutschland wurde innerhalb von wenigen Jahren
eine sehr beachtliche Großmacht, die in vielen Belangen weltweit führend war.
Wem das nicht komisch vorkommt, müsste man deutliche Nachhilfe in Geschichte und
Ethik geben. Es ist richtig, das unter Assad eine recht starke Mittelschicht
entstand, der es gut ging. Außerdem wurde eine Menge in den Großstädten investiert. Aber kann man damit ungezählte
Verhaftungen, Folter und die Tötung von Regimegegnern aufwiegen? Kann man
sich mit guten Taten das Blut, dass man durch die Unterdrückung seines Volkes
an den Fingern hat, abwaschen? Nein, kann man nicht! Assad hat keine freie Meinungsäußerung zugelassen und all jene
Unterdrückt, die sich öffentlich gegen ihn geäußert haben. Dies macht ihn zu
einem gewöhnlichen Diktator!
Es sind sich noch fast alle darüber einig, dass die ersten friedlichen Demonstrationen
gegen Assad noch von dem syrischen Volk getragen waren. Und es sind sich auch
noch viele darüber einig, dass die Schüsse des Militärs auf diese
Demonstrationen ein Verbrechen waren. Selbst
wenn Assad demokratisch legitimiert gewesen wäre, spätestens dadurch hätte er seine
Legitimation verloren. Man lässt unter keinen Umständen auf unbewaffnete Demonstranten
schießen! Bei den anschließend beginnenden Kämpfen war auf einmal,
zumindest augenscheinlich, die Mehrheit der Kommentatoren der Meinung, dass die
Rebellen alle entweder aus dem Ausland sind, oder aber, dass sie mit
radikal-islamischen Bewegungen sympathisieren. Auf einmal waren die Rebellen in
fast allen Fällen die Bösen und Assad jemand, der sich nur um den Zusammenhalt
seines Landes sorgt. Abgesehen davon, dass ich schon aufgezeigt habe, warum
Assad kein legitimer Herrscher ist, finde ich diesen Punkt aus einem anderen
Grund sehr komisch. Es ist unglaublich naiv daran zu glauben, dass ein Regimewechsel
in einer Diktatur gewaltfrei ablaufen kann. Und es ist unglaublich naiv dann zu
fordern, dass die Rebellen sich an alle Spielregeln des „normalen“ Krieges zu
halten haben.
Der Krieg, der sich im Moment in Syrien abspielt, ist ein Bürgerkrieg mit
allen seinen Tücken und allen seinen dunklen Seiten. In so einem Bürgerkrieg
kann man nur hoffen, dass es wenigstens zwei halbwegs klare Gegner gibt, damit
es nicht zu einem vollkommenen Chaos kommt. Die Rebellen scheinen zwar nicht
über eine nationale Organisation zu verfügen, die über alle Rebellentruppen
befiehlt, aber immerhin bilden sie im Moment wenigstens zeitweise eine halbwegs
homogene Front. Noch ist der Krieg halbwegs übersichtlich! Trotzdem kann man
meistens nicht sagen, welche Seite für ein Massaker verantwortlich war. Es ist
im Prinzip auch egal, da es sich um ein Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung
handelt und dieses sich häufenden Verbrechen eigentlich die internationale
Staatengemeinschaft auf den Plan rufen sollte. Die hält es aber im Moment für
sinnvoller, sich über Details in Sanktionen zu zerstreiten.
Ich wäre sehr verwundert wenn die Massaker nicht halbwegs gleichmäßig von
Regierungstruppen und Rebellen verübt worden wären. Für alle, die entweder die
Rebellen verteufeln oder sie für faire Kämpfer halten: In Syrien herrscht Krieg und in einem Krieg wird jeder getötet, der
zufällig gerade das Pech hat, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein!
Wenn die Rebellen die Vermutung haben, dass jemand die Regierung unterstützt,
dann werden sie ihn wahrscheinlich genauso töten, wie die Regierungstruppen
Sympathisanten der Rebellen töten. DAS
IST NORMAL! Und das ist Wahnsinn. Ich bin es Müde, immer wieder lesen zu
müssen, dass eine Seite schlimmer ist als die andere, ich finde es allerdings
auch Zeitverschwendung darüber zu diskutieren. Was feststeht ist, dass Assad
weichen muss, damit wenigstens die Chance für einen Neuanfang gegeben ist. Ob
er freiwillig abtritt oder erst gefangen oder getötet werden muss, ist erst
einmal egal. Wichtig ist nur, dass dieser Schritt passiert. Bevor es jedoch so
weit kommen kann, muss als aller erstes der Schutz der Zivilbevölkerung
gesichert werden. Und ein Konzept dafür wurde schon vor recht langer Zeit
vorgeschlagen.
Ich kann die Bedenken der Westmächte schon verstehen, dass sie sich nicht
militärisch auf eine Seite in diesem Konflikt stellen wollen. Es könnte zum
einen sehr teuer, zum anderen aber auch sehr peinlich werden, wenn sich die
angeblich Verbündeten auf einmal von ihnen abwenden und sie zu ihren Feinden
erklären. Siehe Amerikas Einsatz in Afghanistan zum Schutz vor der Invasion
Russlands und dem anschließenden Einsatz dieser Waffen gegen Amerika. Was aber
mit etwas Mut möglich wäre, ist eine Einrichtung von Schutzzonen in den umkämpften
Gebieten. In diesen Zonen dürfen sich
keine Soldaten der Konfliktparteien aufhalten, sondern nur Zivilbevölkerung.
Gesichert werden diese Gebiete von Soldaten der internationalen Gemeinschaft.
Wenn man Aleppo zu so einer Schutzzone erklären würde, würde man sich anfangs
wahrscheinlich zwischen das Feuer zweier Seiten begeben, aber das sollte es
einem Wert sein, da die Alternative darin besteht, über 1,7 Millionen Einwohner
weiterhin zwischen den Konfliktparteien stehen zu lassen. Das dies zu einer
großen Zahl an Todesopfern führen wird, sollte offensichtlich sein. Wenn größere
Städte und alle Flüchtlingslager zu Schutzzonen erklärt würden, könnten sich
die beiden Konfliktparteien gerne ausgiebig gegenseitig töten, da dann der
allergrößte Teil der Toten wirklich Soldaten wären. Dies ist zwar auch nicht
schön, aber in einem Krieg unvermeidlich. Das
dieser Vorschlag, der schon von verschiedenen Seiten gebracht wurde, bis jetzt
noch nicht umgesetzt wurde, zeigt wieder einmal, dass man die Menschenrechte
nur dann verteidigt, wenn es einem etwas bringt. Syrien scheint nicht
gewinnbringend zu sein, deshalb kann man die Bevölkerung anscheinend auch
einfach vor die Hunde gehen lassen.
Ich finde dass das Verhalten der vor allem westlichen Welt, aber auch von
Russland und China gegenüber der syrischen Bevölkerung strafbar ist. Aber
anscheinend sind wirtschaftliche Erwägungen immer noch mehr Wert als
Menschenleben. Auch regt es mich mittlerweile auf, dass viele Personen
anscheinend Assad für „gut“ und die Rebellen für „böse“ halten. Beide Seiten
dürften sich nicht viel nehmen, aber die Rebellen sind anscheinend wenigstens
über das Volk legitimiert. Und außerdem finde ich es langsam alber, sich über
die Massaker, Todeszahlen und andere Grausamkeiten in Syrien aufzuregen. Dort
herrscht ein Bürgerkrieg, der eben keine Grenzen kennt und solche Taten sind
dort mehr oder weniger alltäglich. Erst ein konsequenter Schutz der Bürger vor
beiden Konfliktpartien wird diesem ein Ende machen. Deshalb sollte sich die internationale Gemeinschaft endlich mal einen
Ruck geben und für ihre Werte und die Menschenrechte einstehen und die
Schutzzonen einrichten. Damit würden sie wenigstens ein wenig Glaubwürdigkeit
zurückgewinnen!
Der Wahnsinn muss ein Ende haben -
Handelt jetzt, sonst ist es es für viele Syrer zu spät!
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