Mittwoch, 29. Mai 2013

Menschliches Klonen



Vor gut zwei Wochen geisterte eine Meldung durch nahezu sämtliche Zeitungen, die, wenn sie sich nun als wahr herausstellt, eine neue Ära einleitete. Einem amerikanischer Forscher war es angeblich erstmals gelungen, einen Menschen, genauer gesagt, menschliche Zellen zu klonen. Zwar gab es vor einigen Tagen einige Kritik an der Arbeit des Forscher, da er die selben Bilder zur Illustration von verschiedenen Sachverhalten genutzt haben sollte. Bis jetzt wurden aber seine Ergebnisse noch nicht angezweifelt und es sieht auch danach aus, als ob das so bleiben wird. Ebenso interessant wie die wissenschaftliche Diskussion um das Verfahren ist jedoch auch die ethische Diskussion, die im Moment zum Teil ziemlich verbissen geführt wird. Aber warum erregt das Klonen von Menschen das Interesse von so vielen verschiedenen Interessengruppen, wenn es bei Nutztieren doch schon zur Tagesordnung gehört?

Als mit dem Schaf Dolly das erste Mal ein Säugetier erfolgreich geklont wurde, war das eine große Sensation und viele Beobachter rechneten damals schon damit, dass sich die Klontechnik sehr schnell durchsetzten würde. Dies stimmte zwar im Bereich der Nutzviehaltung, aber sobald man anfing mit Menschenaffen - Zellen oder Menschen – Zellen zu arbeiten, versagten die bekannten Methoden. Und so wurde das Klonen von Säugetieren zu einem Standardverfahren, während das Klonen von Menschenaffen und Menschen schon von einigen Wissenschaftlern als unmöglich erachtet wurde. Das nun endlich auch diese biologische Barriere überwunden wurde, ist aus wissenschaftlicher Sicht ein großer Triumph. Außerdem beweist es, das der Mensch eben doch „nur“ ein Säugetier ist und keine große Sonderstellung im Stammbaum der Säugetiere besitzt, da im Großen und Ganzen das übliche Klonverfahren angewandt wurde, und nur an einigen Stellen etwas anders gearbeitet werden musste. Hat dieses Klonen jetzt irgend eine praktische Anwendung ( außer dem Erstellen ein Klonkriegerarmee)  oder ist es einfach nur wissenschaftliche Spielerei?

Um zu verstehen, was das Klonen von menschlichen Zellen für Vorteile bringt, sollte man die grundlegende Technik  verstanden haben. Im Prinzip benötigt man zum Klonen nur zwei Zellen: Eine beliebige Zelle des Wesens, das geklont werden soll und eine weibliche Eizelle, die nach Möglichkeit von einem Wesen der selben oder einer nahe verwandten Art stammt. Im ersten Schritt entkernt man die Eizelle. Danach entnimmt man der anderen Zelle die DNS und spritzt sie in die Eizelle. Im nächsten Schritt wird die Eizelle in eine Nährlösung in einer Petrischale vermehrt. Wenn sich dann ein genügend großer embryonale Zellhaufen gebildet hat, wird dieser Zellhaufen in die Gebärmutter eines entsprechenden Wesens eingegeben und im Idealfall entwickelt sich daraus dann ein Klon des Wesens, von dem die DNS stammt. Damit man ein Lebewesen wirklich erfolgreich klonen kann, muss man natürlich noch eine Vielzahl an anderen Dingen beachten, aber im Grund ist das ganze wirklich so einfach wie es klingt. Das, was das Klonen von Menschen so interessant macht, ist der Schritt, in dem die embryonalen Stammzellen entstehen. Denn diese kann man nun erstmals gewinnen, ohne dafür auf abgetriebene Embryonen zurückgreifen zu müssen. Dies hat den großen Vorteil, dass man in Deutschland und vielen anderen Ländern der Welt, in denen es verboten ist solche Stammzellen zu benutzten, nun einen vernünftigen Ersatz hat. Vermutlich wird die gesamte Stammzellenforschung einen Auftrieb bekommen, da man nun über eine nahezu unbegrenzte Quelle von Stammzellen verfügt und nicht nur auf einige wenige Zelllinien zurückgreifen muss. Mit den geklonten Zellen eines Menschen ist es auch möglich Organe oder Gewebe zu züchten, welches nicht mehr von dem Körper abgestoßen wird. Das größte Problem der heutigen Transplantationsmedizin, die Abstoßungsreaktion und die damit verbundene ständige medikamentöse Behandlung wäre damit auf einen Schlag gelöst. Man sieht also, dass es eigentlich eine sinnvolle Idee war, auch menschliche Zellen zu klonen. Aber gibt es auch negative Seiten des Klonens? Gibt es nicht auch ethische und moralische Probleme beim Klonen?

Wie immer haben die Kirchen eine Problem mit geklonten Menschen, auch, wenn im Moment noch keiner ernsthaft einen Menschen klonen möchte, sondern nur die Stammzellen von Interesse sind. Für sie ist das ein klarer Eingriff in Gottes Plan und eine Verletzung der Menschenwürde. Auch säkulare Politiker haben teilweise ein Problem mit dem Klonen. Sie sehen vor allem die Persönlichkeitsrechte des geklonten Menschens verletzt. Ein weiteres Argument gegen das Klonen, das im Feuilleton der FAZ auftauchte, ist, dass Klone keine Seele hätten, da sie nur ein „Abklatsch“ der „eigentlichen“ Menschen wären. Ob man Gottes Plan mit klonen verletzt oder nicht ist eine müßige Diskussion. Wer daran glaubt, sollte sich einfach nicht klonen lassen, aber Argumente ohne vernünftige, diskussionsfähige Grundlage haben keinen Platz in ernsthaften Diskussionen. Viel interessanter ist daher das Argument der verletzten Menschenwürde und des „abklatsches“.

Ironischerweise sind es gerade die Verfechter der „Menschenwürde“, die die Klone als „Untermenschen“ betrachten und ihnen offensichtlich den Status eines Menschen, geschweige denn den einer Person absprechen. Dies ergibt sich nun einmal automatisch durch ihre Argumentation, dass ein Klon ein „abklatsch“ einer „normalen“ Person sei und als solcher über keine Seele verfügen könnte. Außerdem würde der Klon selber über keine „echten“ Persönlichkeitsrechte verfügen, da er schließlich „nur“ eine Kopie ist. Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass die Vertreter dieser Argumentationslinie dies auch gegenüber den „natürlichen“ Klonen in unserer Gesellschaft vertreten würden! Eineiige Zwillinge sind nun einmal nichts anderes als „Klone“, die einfach in einem sehr kurzen Abstand geboren wurden. Keine Person würde auch die Idee kommen, einen als „echt“ und den anderen als „falsch“ zu bezeichnen. Beide Zwillinge entwickeln eigenständige Persönlichkeiten und gehen im weiteren Leben getrennte Wege; es sind also zwei eigenständige Menschen, wer sollte sich darüber wundern. Das selbe würde auch für Klone gelten, mit der einzigen Ausnahme, dass sie deutlich jünger wären als ihr „genetischer Vater“. Es sind freie Persönlichkeiten, die sich auch frei entwickeln werden. Es scheint im Moment also keine rationalen Argumente gegen das Klonen von Menschen zu geben. Es gibt wahrscheinlich aber auch keine rationalen Argumente dafür, dass es unbedingt notwendig wäre jemanden zu klonen.

Meiner Ansicht nach wird das Klonen von Menschen, bis auf wenige kriminelle Ausnahmen, die vermutlich dazu dienen werden, „Organlager“ zu haben, nicht praktiziert werden. Denn ebenso wenig, wie es rationale Argumente gegen das Klonen an sich gibt, gibt es auch rationale Argumente dafür, dass man sich selber unbedingt klonen müsste. Ein Klon von sich als Organlager muss man sich nur anlegen, wenn man nicht über die Technik verfügt, aus den geklonten Stammzellen die Organe wachsen zu lassen und dazu noch völlig skrupellos ist. Da das Klonen von Menschen doch etwas aufwendiger zu sein scheint, sehe ich darin aber keine Gefahr. Was für mich zählt ist, dass eine neue Ära der Stammzellenforschung angebrochen ist und ein weiteres Mysterium des Menschen gelöst wurde. Abgesehen von den vorschnellen und unüberlegten Querschüssen einiger Personen und Institutionen wird es auch noch lange keine rationalen Argumente gegen das Klonen geben und so hoffe ich, dass diese Technik weiterhin erforscht und verbessert wird. Man weiß nie, wozu es uns nachher einmal nützen kann!

Nicht die Gene definieren eine Person -
Sondern Erfahrungen und Taten!

Sonntag, 26. Mai 2013

Homosexualität in unserer europäischen Gesellschaft

Seitdem vor einer guten Woche in Frankreich die „Ehe für alle“, also eine Ehe inklusive Adoptionsrecht auch für homosexuelle Paare eingeführt wurde, vergeht fast kein Tag ohne eine größere Demonstration gegen diese Ehe. Die Gegner der „Homo-Ehe“ sind eine bunte Mischung aus konservativen, christlichen und rechten Gruppen, die nun durch ein gemeinsames Ziel geeint sind. Das diese Demos mitten in Paris zum Teil weit über 100.000 Teilnehmern ( und nach wahrscheinlich eher unglaubhafteren Angeben der Veranstalter über einer Million Teilnehmer ) haben, zeigt deutlich, wie stark die Ablehnung von Homosexuellen in unserer Gesellschaft verankert ist. Paris ist eine sehr moderne und progressive Stadt und für Homosexuelle eigentlich immer ein Anzugspunkt gewesen, da man ihnen hier kaum Ressentiments entgegen brachte. Die schiere Größe und Aggressivität dieser Demonstrationen zeigt nun aber auch sehr deutlich, dass es auch in einer so liberalen Stadt eine latente Ablehnung von Homosexuellen gibt. Wie sieht es denn dann erst in den kleineren, konservativ geprägten Städten in ganz Europa aus?

Laut einer nicht repräsentativen  Online-Umfrage der EU-Grundrechte-Agentur ( FRA) wagen es fast zwei Drittel aller homo-, bi- und transsexuellen nicht ihre sexuelle Orientierung in der Öffentlichkeit zu zeigen. Wer das auf den ersten Blick nicht für eine enorme Einschränkung der Lebensqualität hält, sollte nur einmal an einem schönen Sonnentag durch einen Park gehen. Er wird dort eine sehr große Anzahl an Menschen sehen, die sich küssen, Hand in Hand gehen oder sich verliebt umarmen. Es ist für sie vollkommen selbstverständlich, dass sie sich nicht mit ihrem Partner verstecken müssen und nicht wenige dürften stolz auf ihren Partner sein. Oder wenn sich ein Paar im Bahnhof verabschiedet und dabei vollkommen im Weg steht, weil sie gerade den Rest der Welt vergessen haben. So etwas zu können, seine Gefühle ausleben zu dürfen, ist ein sehr großes Stück an Lebensqualität. Wenn homosexuelle nun Angst davor haben, genau dieses Stück Lebensqualität in Anspruch zu nehmen, ist dies ein Armutszeugnis für die Gesellschaft, in der dies der Fall ist.

47 % der Befragten ( 48 % in Deutschland ) erlebten nach eigenen Angaben wenigstens einmal eine Diskriminierung wegen ihrer sexuellen Orientierung. Gut 27 % wurden auch schon körperlich oder verbal angegriffen. Es wurde allerdings nur ungefähr jeder fünfte Zwischenfall bei der Polizei angezeigt, da die meisten Betroffenen nicht glaubten, dass ihre Anzeige etwas positives für sie bringen würde. Auch wenn diese Umfrage nicht repräsentativ war, so zeichnet sie doch ein eher erschreckendes Bild der europäischen, aber auch der deutschen Gesellschaft. Wenn fast jeder zweite Homosexuelle schon mindestens einmal aufgrund seiner Homosexualität diskriminiert wurde, so kann man davon ausgehen, dass hinter dieser Diskriminierung mehr als nur eine kleine Minderheit steht. Die heimliche und offene Ablehnung von Homosexuellen ist also auch in Deutschland anscheinend mehr oder weniger alltagstauglich. Wenn etwas mehr als jeder vierte Homosexuelle schon mindestens einmal körperlich oder verbal angegriffen wurde, zeigt dass, dass in der europäischen Gesellschaft ein nicht zu unterschätzendes Gewaltpotential gegen Homosexuelle vorliegt und dieses Potential wird, falls die Finanzkrise weiterhin für schlechte Lebensbedingungen sorgt, wahrscheinlich auch noch weiter ansteigen.

Ein, zumindest in meinen Augen, sehr großes Problem, ist das Verhalten von Jugendlichen gegenüber homosexuellen gleichaltrigen. Die Studie der FRA hat nicht zwischen Jugendlichen und Erwachsenen differenziert, aber gerade diese Differenzierung wäre noch einmal sehr interessant gewesen, da viele Probleme schon in der Jugend entstehen. Das Kinder grausam sein können, ist ja bekannt. Dass diese Grausamkeit gerade gegenüber homosexuellen Klassenkameraden sehr extrem ausgelebt wird, wird jedoch gerne übersehen. Es verunsichert einen homosexuellen Jugendlichen, wenn sich seine Klassenkameraden mit „Schwuchtel“ oder „Homo“ beschimpfen, selbst, wenn diese Beschimpfungen erst einmal keinen homophoben Hintergrund haben. Das Jugendliche aber dennoch häufig eine latente Abneigung gegenüber Homosexuellen haben, dürften die meisten jugendlichen homosexuellen Pärchen schon ausgiebig erlebt haben. Von eher dezenter Ablehnung über gemeines Lästern bis hin zur körperlichen Gewalt kann man auf einem Schulhof als homosexuelles Pärchen alles erleben. Meistens bleibt es zwar bei einer unterschwelligen Ablehnung, aber als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft fühlt man sich trotzdem nicht anerkannt. Und wenn diese fehlende Akzeptanz von homosexuellen schon in der jungen Generation zu sehen ist, dann dürfte sie sich auch noch in zwanzig oder dreißig Jahren in der Mitte der Gesellschaft wiederfinden. Und das, obwohl dieses Verhalten jeder rationalen Grundlage entbehrt!

Die Radikalität und die hohe Gewaltbereitschaft der französischen Demonstranten hat mich ziemlich überrascht. Ich hielt das Thema „Homosexualität“ zwar für kontrovers, war mir aber ziemlich sicher, dass die Vernunft den Großteil der Gegner von „Homo-Heiraten“ im Zaum halten würde, da sie offensichtlich einen nicht zu verteidigenden Standpunkt vertreten. Aber ganz abgesehen von der aktuell ziemlich hitzigen Debatte in Frankreich verstehe ich die Aufregung über das Thema überhaupt nicht. Dass sich Menschen lieben ist doch seit dem Beginn der Menschheit bekannt. Dass es zum allergrößten Teil die Gene sind, die darüber entscheiden, ob eine Frau jetzt einen Mann, eine andere Frau oder sogar beide Geschlechter liebt, weiß man auch schon seit geraumer Zeit. Und das Liebe einer der stärksten Antriebskräfte eines Menschen ist und man sich kaum dagegen wehren kann, ist auch keine neue Erkenntnis. Warum sollte man sich also überhaupt dafür interessieren, wer jetzt wen liebt? Ist das nicht eigentlich etwas privates, in das man sich nicht einmischen sollte? Solange beide Partner alt genug sind um sich der Tragweite ihrer Entscheidungen bewusst zu sein, ist es doch vollkommen uninteressant ob jetzt Mann und Mann, Frau und Frau oder Frau und Mann ein Paar bilden. Und wenn sich das Paar nun einmal liebt und für längere Zeit zusammen bleiben möchte, so steht einer Heirat doch nichts im Wege! Kein Mensch sollte sich wegen seiner Homosexualität verstecken müssen, es muss sich schließlich auch kein heterosexueller Mensch wegen seiner Heterosexualität verstecken.

    No freedome till we're equal.

     Damn right - I support it!
 Macklemore - Same Love
 

Dienstag, 14. Mai 2013

Kreuzungen des Lebens



Wir Menschen gehen so gerne davon aus, dass wir unser Leben in unseren Händen haben und dass wir frei über unseren Lebensweg entscheiden können. Vor „großen Entscheidungen“ brauchen wir oft einige Tage, um uns zu überlegen, wie wir uns entscheiden werden. Und wenn wir auf unser Leben zurückblicken tendieren wir dazu, uns für bestimmte „große Entscheidungen“ auf die Schulter zu klopfen und unsere Weitsicht zu loben. Doch übersehen wir dabei viel zu gerne die eigentlichen Gründe für unsere momentane Situation. Sind wir wirklich nur so glücklich mit unserer Arbeit, weil wir das richtige Studium oder die richtige Ausbildung gewählt haben? War die Entscheidung, seinen Partner zu Heiraten wirklich eine sehr besondere Entscheidung ?

Bei genauerer Betrachtung wird einem auffallen, dass die Richtung auf der Straße des Lebens eben größtenteils nicht von den bewusst getroffenen Entscheidungen abhängt, sonder vielmehr von unseren unbewussten Entscheidungen über die Wahl des Weges an den vielen Kreuzungen des Lebens entschieden wird. Natürlich ist die Wahl des Studiums eine sehr entscheidende, wichtige Wahl, aber warum konnten wir überhaupt das Studium wählen? Was brachte uns in diese Situation, was beeinflusste uns in unserer Wahl? Vielleicht ein Gespräch mit einem Lehrer in der siebten oder achten Klasse, vielleicht die Wahl eines Kurses in der zehnten Klasse. Oder der Beruf der Eltern eines Freundes, der Beruf der eigenen Eltern oder eines anderen Familienmitgliedes. Nichts davon haben wir bewusst gewählt, aber all dies beeinflusst unser Denken und Handeln. Teilweise sind schon kurze Begegnungen oder Gespräche so prägend, dass man sich, häufig auch unbewusst, sein ganzes Leben lang daran orientiert. Es gibt so viele Personen, die einiges darauf halten, dass sie schon frühzeitig „entschieden“ hatten, welchen Beruf sie später ergreifen wollten. Wenn man dann jedoch ein wenig in der Vergangenheit dieser Personen buddelt, wird man oft früher oder später feststellen, dass das „Schicksal“ für den späteren Beruf gesorgt hat. Natürlich haben sie sich dann später auch noch bewusst dafür entschieden, diesen Beruf wirklich anzunehmen, aber sie haben sich nicht bewusst dafür entschieden, dass ihnen jemand diesen Beruf durch sein Vorbild schmackhaft macht.

Das selbe Phänomen sieht man häufiger im Bezug auf Partnerschaften. Bei vielen Paaren wird auf der Hochzeit noch einmal der Moment erzählt, in dem sich die beiden Partner kennen gelernt haben. Wie viele von ihnen hatten den festen Vorsatz, damals jemanden kennen zu lernen? Und bei wie vielen haben sich diese Begegnungen vollkommen zufällig ergeben? Bei wie vielen gab es den Vorsatz jemanden auf einer bestimmten Aktion kennen zu lernen, und sie trafen ihren späteren Lebenspartner zufällig auf dem Weg zu dieser Veranstaltung?

Die wirklich wichtigen Ereignisse in unserem Leben sind in den meisten Fällen einfach nicht zu planen und geschehen zufällig. In unserer Hand liegt dann nur noch, was wir daraus machen, wenn wir uns bewusst geworden sind, dass wir uns wieder auf einer der Kreuzungen des Lebens befinden. Dabei hat das, was vorher geschehen ist, den weitaus größeren Einfluss auf unser Leben gehabt. Und gerade das ist häufig ein Problem. Wenn man sich in einer schwierigen oder schlechten Lebenssituation wiederfindet, sucht man gerne verzweifelt nach den Ursachen dafür. Doch allzu häufig findet man sie eben nicht in den bewusst getroffenen Entscheidungen, sonder in den unbewussten Entscheidungen. Aus der rückblickenden Perspektive ist einem auf einmal ziemlich klar, dass die Entscheidung, die man damals ohne großes Nachdenken getroffen hat, für die eigene missliche Lage verantwortlich sind. Was lehrt uns das?

Auch wenn ich immer noch ein großer Fan von Sartre und der von ihm postulierten absoluten Freiheit bin, so habe ich es mittlerweile akzeptiert, dass ich zwar eine vollständige Freiheit habe, mir dessen jedoch viel zu oft nicht bewusst bin. Während man sich bei bewusst getroffenen Fehlentscheidungen mit Berechtigung die Haare raufen kann, ist dies bei unbewusst getroffenen vollkommen unnötig. Wir Menschen können nun einmal nicht in die Zukunft sehen und feststellen, dass diese eine Entscheidung gerade enorm wichtig war und die andere überhaupt keine Rolle mehr spielen würde. Geht es uns schlecht, sind wir natürlich bis zu einem gewissen Punkt selber dafür verantwortlich. Aber anstatt sich darüber aufzuregen oder depressiv zu werden, ist es lohnenswerter, wenn man seine verbleibende Energie in neue Entscheidung steckt. 

Wir sind vollständig frei-
Vorausgesetzt, wir erinnern uns daran!