Die Definition von Freiheit nach Kant
Um Kants Freiheitsbegriff verstehen zu können, ist es hilfreich ein wenig über seinen sozialen Hintergrund und die vorherrschenden Ideale seiner Zeit zu wissen.
Immanuel Kant wurde1724 in Königsberg als Sohn eines einfachen Riemermeisters geboren. Dank dem Ehrgeiz seiner bildungsbewussten Mutter konnte er das Collegium Fridericianum, eine Königsberger Gelehrtenschule, besuchen. Nachdem er das Collegium erfolgreich durchlaufen hatte, besuchte er ab 1740 die Königsberger Universität. Eigentlich hatten seine Eltern eine Laufbahn als Pfarrer für Kant vorgesehen. Dieser interessierte sich jedoch deutlich mehr für die naturwissenschaftlichen Vorlesungen und besuchte die Theologische Fakultät nur sporadisch. Während seiner der gesamten „vorkritischen Periode“, also der Zeit bis zu dem Erscheinen seines Werkes „ Der Kritik der reinen Vernunft“ im Jahre 1781 setzte sich Kant intensiv mit den Naturwissenschaften auseinander. Seine Schriften aus dieser Zeit sind vor allem von dem Bestreben getragen gewesen, einen rationalen und freien Zugang zu den Naturwissenschaften und damit der Erkenntnis des Weltaufbaus zu finden. Dies war keineswegs so selbstverständlich wie es uns heute erscheint, da auch in den Naturwissenschaften noch religiöse Dogmen zu finden waren. Gegen 1780, also um das Erscheinen der „Kritik der reinen Vernunft“ setzte sich Kant immer stärker mit eher abstrakten Themen wie Ethik und Religion auseinander. Mit seiner Schrift „Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“ die 1793 erschien, forderte Kant den preußischen Staat heraus, der in diesem Essay eine „Entstellung und Herabwürdigung mancher Haupt- und Grundlehren der Heiligen Schrift und des Christentums“ sah. Immanuel Kant sah sich diesem Konflikt nicht gewachsen und verzichtete 1794 deshalb auf weitere öffentliche Äußerungen zum Thema Religion. Dieses Verhalten ist im Zeitalter der Aufklärung, in dem erstmals auch vor heftiger Kirchenkritik nicht zurückgeschreckt wurde, vielleicht etwas unverständlich, wird aber nachvollziehbar, wenn man Kants Einstellung zur Französischen Revolution betrachtet. Er hatte sich vollkommen aus der Revolution herausgehalten und erst im Nachhinein das Ziel gelobt, auch wenn er die Mittel und Wege, die zu diesem Ziel geführt haben, verurteilte. Kant war also keineswegs ein erfahrener Politiker, wie es viele seiner Zeitgenossen aus guten Gründen waren. Er starb 1804 in Königsberg und war schon zu Lebzeiten eine sehr bekannte und einflussreiche Persönlichkeit.
Die Losung der Französischen Revolution lautete „Freiheit , Gleichheit, Brüderlichkeit“ und genau an diesem Punkt kommt ausgerechnet Kant, der nicht an der Revolution mitgewirkt hatte, wieder ins Spiel. Da die Französische Revolution von den Ideen der Aufklärer getragen wurde und Kant einer der wichtigsten, wenn nicht sogar der wichtigste Aufklärer war, dürfte das „Freiheit“ in dieser Losung seiner Definition von Freiheit entsprochen haben. Immanuel Kant definierte die Aufklärung als „Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“ und schuf damit die Basis für einen neuen, besonderen Freiheitsbegriff. Dieser Freiheitsbegriff war deshalb neu, da er als Grundlage die Logik hatte und, damit die Universalisierung dieses Begriffes überhaupt sinnvoll war, davon ausgegangen werden musste, dass alle vernünftigen Wesen auf einer bestimmten Basis gleich sind. Damit war der erste Schritt in Richtung Bürgerrechte für alle und gegen eine Klassengesellschaft getan.
Solange der Mensch unmündig war, also durch beispielsweise Gefühle, Gesetzte oder Erziehung fremdbestimmt wurde, war er unfrei. Dieses unreflektierte Verhalten eines Menschen entspricht dem Verhalten eines Wesen, dass den Naturgesetzten unterworfen ist, also nur seinen eigenen, egozentrischen Interessen folgt. Sobald der Mensch allerdings anfängt zu reflektieren und sich seiner Vernunft zu bedienen, wird er frei. „Sapere aude“ ist für dieses reflektierende Verhalten natürlich Voraussetzung. Für Kant ist ein Mensch nur frei, wenn das „Wollen“ das von seinem autonomen Willen aus kommt, durch den Kategorischen Imperativ gefiltert wird. Erst wenn das „Wollen“ diesen Filter durchlaufen hat, darf es zu einer Handlung kommen, die im Einklang mit dem Kategorischen Imperativ ist. Der Kategorische Imperativ ist die „Goldene Regel“ aller Gemeinschaften, und lautet: „Handle nur nach derjenigen Maxime, von der du wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetzt werde!“ Nach Kant ist dieser Kategorische Imperativ das wichtigste Moralgesetzt. Da der Imperativ universal gilt, muss jede Handlung aufgrund von „gutem Willen“ also aufgrund einer vernünftigen und rationalen Überlegung stattfinden. Nur wenn dies bei einer Handlung berücksichtigt wird, kann man nach Kant von einer „freien“ Handlung sprechen. Jede Handlung, die durch Emotionen oder Gesetzte beeinflusst wird, und dadurch nicht mit dem kategorischen Imperativ entspricht, ist unfrei.
Kant sagt also, dass ein Mensch unfrei ist, wenn er bei seinen Handlungen nur seinem autonomen Willen, also seinen „Urtrieben“ folgt und nur dann frei ist, wenn er den diesen Willen durch das Moralgesetzt, also den Kategorischen Imperativ einschränkt. Dies bedeutet, dass der Mensch nur „frei“ ist, wenn er sich durch ein Moralgesetzt, dass auf Grundlage der Logik aufgebaut ist, einschränkt. Ist dies etwas ein Wiederspruch?
Wie kann ein Mensch gleichzeitig „frei“ und „unfrei“, also in seinem Handeln eingeschränkt sein? Die Konsequenzen dieser Idee von Kant werde ich zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal aufgreifen und an dem Beispiel der Freiheitsdefinitionen meiner Mitschüler erklären.
Freiheitsdefinition von Jean-Paul Sartre
Auch bei Sartre ist es wichtig seine Lebensbedingungen und sein soziales Umfeld zu kennen um seine Freiheitsdefinition verstehen zu können.
Jean-Paul Sartre wurde 1905 als Sohn eines Marineoffiziers in Paris geboren. Sein Vater verstarb allerdings gut 15 Monate nach Sartres Geburt, sodass Sartre von seiner Mutter und seinem Großvater erzogen wurde. Bis zu seinem zehnten Lebensjahr wurde Sartre von seinem Großvater, der Gymnasialprofessor für Deutsch war und verschiedenen Privatlehrern unterrichtet. Nach dem er sein Baccalauréat bestanden hatte, schrieb er sich in der Eliteuniversität Ecole Normale Supérieur ein. Dort begann er zu schreiben und belegte Kurse wie Psychologie, Logik und Moralphilosophie. In dieser Zeit wurde sein Interesse an Bellestrik und Philosophie immer deutlicher und Sartre unterrichtete schließlich auch von 1931 – 1939 Philosophie an höheren Schulen. Ein Stipendium in Berlin ermöglichte ihm 1933/34 sich mit den Gedanken von Heidegger, Hegel und Hussler vertraut zu machen. Nachdem Frankreich Deutschland am dritten September 1939 den Krieg erklärt hatte, wurde Sartre eingezogen. Jean-Paul Sartre benutzte die Zeit des sogenannten „Sitzkrieges“ dafür, ein Buch fertig zu stellen. Kurz vor dem Waffenstillstand 1941 geriet Sartre mit seiner Einheit in Gefangenschaft, wurde jedoch im März 1941 schon wieder entlassen, da er auf dem rechten Auge teilweise erblindet war. Der Krieg hatte den bis dahin politisch ziemlich inaktiven Sartre politisiert und er gründete ziemlich schnell nach seiner Freilassung eine Wiederstandsgruppe. Zu dieser Zeit entwickelte er auch seine Philosophie des Existenzialismus, die auch durch die Erfahrung geprägt wurde, wie schwer es war, Menschen für den Wiederstand zu gewinnen.
Der Grundgedanke seiner Philosophie lautet: „ Der Mensch ist verurteilt, frei zu sein!“ Sartre geht davon aus, dass es kein Gebote, keine Werte gibt, die über dem Menschen stehen und es somit nichts gibt, an dass sich der Mensch halten kann. Dies führt zu einer völligen Freiheit des Menschen, oder wie er es ausdrückte „[…] es gibt keine Vorausbestimmung mehr, der Mensch ist frei, der Mensch ist Freiheit. “ Um innerhalb dieser vollkommen Freiheit, dieses moralfreien Raumes überhaupt Handeln zu können, müsste man sich an seine Emotionen halten. Es genüge nicht, einfach zu sagen, dass man lieber für sein Land Kämpfen würde, als dass man bei seiner Familie bleibt. Solange man nicht wirklich für sein Land kämpft und bei seiner Familie bleibt, ist einem nach Sartre die Familie wichtiger. Er betont, dass jede Entscheidung eines Menschen moralisch ist, solange er auch die Folgen dieser Entscheidung tragen kann. Wenn man also lieber bei seiner Familie bleibt anstatt gegen die Invasoren zu kämpfen, dann kann man dies problemlos machen, solange man die Folgen für diese Handlung tragen kann.
Die Betonung der Subjektivität der Moral ist ein bedeutendes Merkmal von Sartres Philosophie. Solange man seine Handlung nachher vertreten kann, ist jede Handlung gerechtfertigt und moralisch. Diese Sichtweise führt natürlich dazu, dass im Prinzip jede Handlung moralisch erlaubt ist, solange der Handelnde nachher die Konsequenzen seiner Handlung tragen kann.
Sartres Freiheitsdefinition unterscheidet sich diametral von Kants. Während Sartre vollständige subjektive Freiheit postuliert, beschreibt Kant eine Freiheit, die nur durch die Einschränkung des autonomen Willen durch den Verstand zustande kommt, also eher objektiv ist. Trotz ihrer vollständigen Gegensätzlichkeit sind beide Freiheitsdefinitionen nebeneinander im Alltag im Gebrauch und dies kann ein Grund für zwischenmenschliche Konflikte darstellen.
Hauptsache frei? - Freiheit als Hauptsache?