Samstag, 18. August 2012

Der Prozess um "Pussy Riot"


Politische Prozesse sind leider auch noch in unserer heutigen Zeit an der Tagesordnung. Die meisten jedoch, über die von unserer Presse berichtet wird, werden nicht nur von der Presse, sondern auch von einem großen Teil des deutschen Volkes als Farce erkannt und es werden entsprechende Proteste laut. In den meisten Fällen gibt es also keinen großen Grund seine Meinung aufzuschreiben, da alles schon gesagt wurde und Wiederholungen irrational sind. Im Fall des Prozesses gegen die Punk-Gruppe „Pussy Riot“ sieht das aber vollkommen anders aus. In den Kommentarsektionen der Onlineausgaben aller vier großen seriösen deutschen Tageszeitungen ( Welt/Süddeutsche/ Zeit/ FAZ) waren augenscheinlich immer gut die Hälfte der Kommentatoren mit der Bestrafung einverstanden. Einige fanden zwar das Strafmaß ein wenig zu hart und hätten nur ein paar Monate oder ein Jahr Gefängnis gefordert, aber im großen und ganzen waren sie damit zufrieden. Wenn man sich die Aktion dieser drei Punkerinnen einmal genauer anschaut, wird hoffentlich auch verständlich, warum ich dies absolut nicht verstehen kann.

Am 21. Februar 2012 stürmten mehrere Mitglieder der Band „Pussy Riot“ den Ambo, also den Altarraum, der Christ-Erlöser Kathedrale. Sie führten dort  ein „Punkt-Gebet“ auf, das ca. 50 Sekunden dauerte und  sich gegen die Vertreter der russisch-orthodoxen Kirche und Wladimir Putin richtete. Während dieser Aktion wurde weder etwas beschädigt, noch wurden Gottesdienstbesucher angegriffen oder Gegenstände entwendet. Mit anderen Worten: Während dieser Aktion ist keiner Person oder keiner Institution irgend eine Art von materiellem Schaden entstanden!

Diese Tatsache wurde bei der Anklage auch klug bedacht und, da man sie nicht wegen Sachbeschädigung oder ähnlichem Anklagen konnte, man beschuldigte des „Rowdytums aus Motiven des religiösem Hass“. Das interessante an diesem Anklagepunkt ist jedoch, dass er direkt am ersten Verhandlungstag zurückgewiesen wurde; und zwar glaubhaft, wie ich meine. Die drei Frauen von „Pussy Riot“ ließen direkt am ersten Verhandlungstag einen Text verlesen, in denen sie sich bei den Gläubigen entschuldigten, deren Gefühle sie vielleicht mit ihrer Aktion verletzt haben. Außerdem betonten sie noch einmal, dass es ihnen um politische Ziele ging und nicht um eine plumpe Aktion gegen die Kirche. Auch dieses Argument ist glaubhaft, da der Auftritt in der Kirche nur der vorläufige Höhepunkt einer ganzen Reihe von Aktionen gegen Putin war. Andere Aktionen fanden unter anderen auch auf dem „Roten Platz“ oder in einer U-Bahn Station statt. Wenn die Ankläger also rein logisch argumentiert hätten, dann hätten sie ihre Anklageschrift wieder zurückziehen müssen, da sie vollkommen Gegenstandslos war. Dass die drei Frauen nun wegen dieses „Deliktes“ verurteilt wurden, sagt einiges über diesen Prozess aus. Mit ein wenig nachdenken sollte eigentlich jede Person in der Lage sein zu erkenne, dass dieser Prozess eine Farce war und es eigentlich darum ging Regierungskritiker möglichst effektvoll zu verurteilen. Dieses Gerichtsverfahren wird wahrscheinlich eine doch recht abschreckende Wirkung haben und Aktivisten werden es sich in Zukunft vermutlich zweimal überlegen, ob sie wirklich gegen Putin demonstrieren wollen. Das Urteil wird wahrscheinlich auch trotz aller Protestbriefe aus den westlichen Ländern nicht zu ändern sein und es bleibt für uns nur zu hoffen, dass die drei Frauen die zwei Jahre Arbeitslager gut überstehen. Es macht mich sehr betroffen, dass direkt vor den Augen der gesamten Welt Personen wegen eines Verbrechens, dass sie nicht begangen haben, verurteilt werden können. Und vor allem, dass keiner etwas dagegen tun kann.
Der Prozess und seine Hintergründe wären hier im kurzen abgehandelt und es sollte jetzt auch klar sein, warum dieser Prozess nicht gerecht war. Eigentlich wäre der Post hier zu Ende. Uneigentlich bin ich jedoch sehr geschockt gewesen über die Kommentare, die ich auf den Internetpräsenzen der oben erwähnten Zeitungen gefunden habe. Da eine Kritik dieser Kommentare sich nicht nur auf „Pussy Riot“ bezieht, habe dieser Kritik einen eigenen Post gewidmet um.

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