Politische Prozesse sind leider auch noch in unserer heutigen Zeit an der
Tagesordnung. Die meisten jedoch, über die von unserer Presse berichtet wird,
werden nicht nur von der Presse, sondern auch von einem großen Teil des
deutschen Volkes als Farce erkannt und es werden entsprechende Proteste laut.
In den meisten Fällen gibt es also keinen großen Grund seine Meinung
aufzuschreiben, da alles schon gesagt wurde und Wiederholungen irrational sind.
Im Fall des Prozesses gegen die Punk-Gruppe „Pussy Riot“ sieht das aber
vollkommen anders aus. In den Kommentarsektionen der Onlineausgaben aller vier
großen seriösen deutschen Tageszeitungen ( Welt/Süddeutsche/ Zeit/ FAZ) waren
augenscheinlich immer gut die Hälfte der Kommentatoren mit der Bestrafung
einverstanden. Einige fanden zwar das Strafmaß ein wenig zu hart und hätten nur
ein paar Monate oder ein Jahr Gefängnis gefordert, aber im großen und ganzen
waren sie damit zufrieden. Wenn man sich die Aktion dieser drei Punkerinnen
einmal genauer anschaut, wird hoffentlich auch verständlich, warum ich dies
absolut nicht verstehen kann.
Am 21. Februar 2012 stürmten mehrere Mitglieder der Band „Pussy Riot“ den
Ambo, also den Altarraum, der Christ-Erlöser Kathedrale. Sie führten dort ein „Punkt-Gebet“ auf, das ca. 50 Sekunden
dauerte und sich gegen die Vertreter der
russisch-orthodoxen Kirche und Wladimir Putin richtete. Während dieser Aktion
wurde weder etwas beschädigt, noch wurden Gottesdienstbesucher angegriffen oder
Gegenstände entwendet. Mit anderen Worten: Während dieser Aktion ist keiner
Person oder keiner Institution irgend eine Art von materiellem Schaden
entstanden!
Diese Tatsache wurde bei der Anklage auch klug bedacht und, da man sie
nicht wegen Sachbeschädigung oder ähnlichem Anklagen konnte, man beschuldigte
des „Rowdytums aus Motiven des religiösem Hass“. Das interessante an diesem
Anklagepunkt ist jedoch, dass er direkt am ersten Verhandlungstag
zurückgewiesen wurde; und zwar glaubhaft, wie ich meine. Die drei Frauen von
„Pussy Riot“ ließen direkt am ersten Verhandlungstag einen Text verlesen, in
denen sie sich bei den Gläubigen entschuldigten, deren Gefühle sie vielleicht
mit ihrer Aktion verletzt haben. Außerdem betonten sie noch einmal, dass es
ihnen um politische Ziele ging und nicht um eine plumpe Aktion gegen die
Kirche. Auch dieses Argument ist glaubhaft, da der Auftritt in der Kirche nur
der vorläufige Höhepunkt einer ganzen Reihe von Aktionen gegen Putin war.
Andere Aktionen fanden unter anderen auch auf dem „Roten Platz“ oder in einer
U-Bahn Station statt. Wenn die Ankläger also rein logisch argumentiert hätten,
dann hätten sie ihre Anklageschrift wieder zurückziehen müssen, da sie
vollkommen Gegenstandslos war. Dass die drei Frauen nun wegen dieses „Deliktes“
verurteilt wurden, sagt einiges über diesen Prozess aus. Mit ein wenig
nachdenken sollte eigentlich jede Person in der Lage sein zu erkenne, dass
dieser Prozess eine Farce war und es eigentlich darum ging Regierungskritiker
möglichst effektvoll zu verurteilen. Dieses Gerichtsverfahren wird wahrscheinlich
eine doch recht abschreckende Wirkung haben und Aktivisten werden es sich in
Zukunft vermutlich zweimal überlegen, ob sie wirklich gegen Putin demonstrieren
wollen. Das Urteil wird wahrscheinlich auch trotz aller Protestbriefe aus den
westlichen Ländern nicht zu ändern sein und es bleibt für uns nur zu hoffen,
dass die drei Frauen die zwei Jahre Arbeitslager gut überstehen. Es macht mich
sehr betroffen, dass direkt vor den Augen der gesamten Welt Personen wegen
eines Verbrechens, dass sie nicht begangen haben, verurteilt werden können. Und
vor allem, dass keiner etwas dagegen tun kann.
Der Prozess und seine Hintergründe wären hier im kurzen abgehandelt und es
sollte jetzt auch klar sein, warum dieser Prozess nicht gerecht war. Eigentlich
wäre der Post hier zu Ende. Uneigentlich bin ich jedoch sehr geschockt gewesen
über die Kommentare, die ich auf den Internetpräsenzen der oben erwähnten
Zeitungen gefunden habe. Da eine Kritik dieser Kommentare sich nicht nur auf „Pussy
Riot“ bezieht, habe dieser Kritik einen eigenen Post gewidmet um.
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