Wenn kleine Kinder sich um ein Spielzeug im Sandkasten streiten, artet das
häufig sehr schnell in eine handfeste Rauferei aus. Die Kinder schmeißen mit
Sand um sich, schlagen sich mit bloßen Fäusten, Schippen und Eimern und funktionieren
ihren kleinen Bagger in ein Wurfgeschoss um. Ihr Ziel ist es, ihren Kontrahenten so einzuschüchtern, dass er
den Sandkasten verlässt und sie das Spielzeug für sich alleine haben. Für
Kleinkinder ist Gewalt oft die einzige Möglichkeit ihre Ansprüche geltend zu
machen, da sie häufig noch nicht ganz verstanden habe , wie man einen
Kompromiss schließt und sich oft auch schlicht und ergreifend noch nicht
richtig verständigen können. Wenn die Eltern der Kinder dieses Verhalten sehen,
greifen sie ein und schimpfen mit ihren Kinder; in der Hoffnung, dass sie als
erwachsene Menschen in Gewalt nicht ein akzeptables Mittel zur
Interessendurchsetzung sehen. Scheinbar haben einige Anführer in einigen Länder
auf diesem Planeten das Kleinkinderalter also noch nicht verlassen und wollen
ihren Besitz über Kriege vergrößern. Was ist jedoch überhaupt die Idee hinter
diesem Verhalten; warum funktioniert das Konzept des Krieges?
Das Ziel der meisten Kriege ist eine Reduktion der Anzahl an Personen, die
eine Auffassung vertreten, die konträr zur eigenen ist oder aus irgendwelchen
Gründen (vermutlich) die Durchführung des eigenen Plans verhindern. Dabei geht
es meistens nicht direkt darum, die Personen zu töten, die eine konträre
Meinung vertritt, sondern, die Personen zu töten, die die Person, die die
konträre Auffassung vertritt, verteidigen können. Dies ist dem Umstand
geschuldet, dass die jeweiligen Anführer von der eigenen Seite als so wichtig
angesehen werden, dass man sie um jeden Preis verteidigen muss, auch unter
Einsatz von tausenden von Leben. Hat man genug Personen getötet, lenkt
unterlegene Anführer meistens ein und der Gewinner bekommt, was er sich
gewünscht hat. Das Prinzip eines Krieges ist also das selbe, wie das einer
Sandkastenschlägerei. Die Folgen sind lediglich weitaus extremer und grausamer
als es die einer Sandkastenschlägerei je sein können. In den meisten Fällen
werden die Erwachsenen, die diese Art der „Konfliktlösung“ bevorzugen, von den
selben Motiven getrieben, die auch die Kinder antreiben: Gier, Neid, Missgunst,
Habsucht…. Nicht nur der Antrieb für Kriege ist der Selbe wie der für Streit
zwischen Kleinkinder, sondern auch die Durchführung gleicht sich. Während sich
kleine Kinder mit Sand bewerfen, bewerfen sich erwachsene Menschen mit Granaten.
Während sich kleine Kinder mit Schaufeln schlagen, schlagen sich erwachsene mit
Bajonetten, Macheten und ähnlichem. Wenn eine geschlagene Armee die Taktik der
„verbrannten Erde“ einsetzt und alles auf ihrem eigenen Territorium zerstört,
so ist dies lediglich die „erwachsenen Version“
des Zerstörens des eigenen Spielzeuges, damit das stärkere Kind damit
nicht spielen kann. Und warum macht man sich diese ganze Mühe, warum riskiert
man so viele Leben?
Da sowohl die Methoden als auch der Antrieb für Kriege aus dem Bereich der
Kleinkind-Konflikte kommen, überrascht es nicht, dass auch die Idee für dieses
Verhalten aus diesem Feld kommt. Da kleine Kinder aus
entwicklungstechnischen Gründen das
Konzept von Kompromissen und Einigung häufig noch nicht ganz verstanden haben,
kann man nachvollziehen, dass sie ihre Konflikte manchmal auf die rauere Art
lösen. Und da, wenn beide Kinder noch nicht richtig sprechen können, auch noch
ein Kommunikationsproblem vorhanden ist, ist es hier auch verständlich, warum
manchmal die Fäuste sprechen: Gewalt ist eine Sprache, die multikulturell ist
und von jedem Lebewesen verstanden wird. Ist ein Kind dann eingeschüchtert, hat
das andere dann erst einmal, das, was es sich wünscht. Die Idee hinter der
Gewalt ist also Einschüchterung, das Erzeugen von so starker Angst, dass der
Gegner das Feld verlässt, weil man nicht
in der Lage ist, den anderen durch gute Argumente zu überzeugen. Erwachsene
machen in Kriegen nichts anderes!? Aber sollten Erwachsene nicht eigentlich
geistig in der Lage dazu sein, miteinander zu Verhandeln, Kompromisse
auszuarbeiten und zu akzeptieren? Und sollten Erwachsene nicht eigentlich alle
irgendwie sprechen können? Falls es Probleme mit einer Fremdsprache geben
sollte, so kann man diese dank Dolmetschern lösen. Wie man sieht ist der Grund für Kriege, die
Idee, die hinter jedem Krieg steckt, so primitiv, dass es eigentlich ein
Leichtes sein sollte, Kriege zu verhindern. Wenn es aber so einfach ist, Kriege
zu vermeiden, warum gibt es sie dann immer noch?
Da es für einen Erwachsenen keinen Grund dafür gibt, einen Krieg
anzufangen, ist es doch verwunderlich, dass es überhaupt noch Kriege gibt. In
einer idealen Welt würde man sämtliche Probleme, die zu Kriegen führen könnten,
am Verhandlungstisch lösen, da man nur den Wert der Argumente zählen und eine
entsprechende Entscheidung fällen würde. Da wir aber nicht in einer idealen
Welt leben, gibt es einen Vielzahl an Erwachsenen, die nie richtig gelernt
haben, rational zu denken und zu handeln. Sie mögen in einigen Feldern zwar
sehr „erwachsen“ sein, in diesen Punkten, die zu Kriege führen, sind sie aber
immer noch auf dem Stand eines Kleinkindes. Man kann diese fehlende
Verhandlungsbereitschaft auf die Erziehung schieben und hoffen, dass eine gute
Erziehung eines Großteils der Bevölkerung das Risiko für einen Krieg senkt.
Diese Ansicht lässt einen zwar darauf Hoffen, dass es theoretisch möglich ist,
eines Tages ohne Kriege zu leben, aber sie ist auch sehr unrealistisch. Viel
wahrscheinlicher ist es, dass es immer Menschen gibt, die einfach nicht in der
Lage dazu sind, zu begreifen, wie wichtig eine gepflegte Kommunikations- und
Diskussionskultur ist und dementsprechend nicht anders können als Konflikte wie
Kleinkinder zu lösen. Da eine Vielzahl an verschiedenen Fakten schon seit
Menschengedenken dafür sprechen, dass wir den Namen „Sapiens“ nicht verdient haben, ist die zweite Version deutlich
wahrscheinlicher. Es scheint damit auch gesichert, dass es, so lange es
Menschen gibt, auch Kriege geben wird. Aus dem primitiven Grund, dass einige
Menschen nicht in der Lage sind, das Kleinkinder-Verhalten abzulegen.
Das Konzept eines Krieges ist leider auch zu gut, als das es eines Tages
nicht mehr funktionieren würde. Viele Menschen würden, zumindest für einige
Zeit, auf Besitz und Komfort verzichten; an ihrem Leben hängen aber fast alle
Menschen. Und da es nicht abzusehen ist, dass sich dies ändert, wird die
Drohung mit dem Tod immer eine gute Drohung sein. Da es im Kriegsfall nicht um
die besseren, sondern nur um die durchschlagenderen Argumente geht, ist auch
die einzig mögliche Verteidigung die Anwendung von Gewalt. Ein Konzept, dass
mit Gewalt gegen das Leben an sich vorgeht, kann anscheinend nur mit Gewalt
paroli geboten werden. Ein passiver Wiederstand würde ein, zumindest
zeitweises, Akzeptieren des Unrechtes bedeuten und ist häufig genauso
gefährlich wie der aktive Kampf. Wie es scheint, hat der Mensch also ein sehr
erfolgreiches Konzept zur persönlichen Bereicherung entwickelt, das fast
zwangsläufig zu einer Eskalationsspirale führt.
Man sieht sehr gut, wie es der homo
sapiens sapiens geschafft hat, den Grundstein für seine eigene Ausrottung
zu legen, ohne dabei neue Verhaltensmuster adaptieren zu müssen. Eigentlich
müsste man ihm für diese beeindruckende Effizienz beglückwünschen. Vermutlich
gibt es nur zwei Wege, die es für den Menschen in Zukunft unnötig machen einen
Krieg zu beginnen. Der erste Weg führt über einen großen, globalen Krieg, in
dem eine Partei es endlich schafft die Weltherrschaft zu gewinnen und es so
zumindest keinen Grund mehr für Kriege zwischen verschiedenen Staaten gibt.
Zwar könnte es in diesem Staat noch Bürgerkriege geben, aber über eine gute
Überwachung und Unterdrückung der Bürger dürfte sich auch dieses Problem
vermeiden lassen. Der zweite Weg führt über eine Weiterentwicklung der
Menschheit zu einer Spezies, in der Erwachsene nicht nur theoretisch in der
Lage dazu sind, vernünftig miteinander zu diskutieren, sonder diese Fähigkeit
auch ganz praktisch nutzen. Aber da es für so eine Entwicklung schon deutlich
mehr als ein großes Wunder brauch, scheint der Krieg die immerwährende Geißel
der Menschheit zu sein. Und vielleicht auch ihr, dann verdienter, Untergang.
Krieg ist, wenn sich Menschen töten, die sich nicht kennen, auf Befehl von Menschen, die sich kennen und sich nicht töten!