Freitag, 30. Dezember 2011

Eine Liebeserklärung an die Bücher dieser Welt

Eine der wichtigsten Erfindungen im letzten Jahrtausend war, subjektiv gesehen, das Verfahren des Buchdruckes mit beweglichen Lettern. Erst durch dieses Verfahren wurde es möglich ziemlich einfach große Mengen an Büchern zu einem relativ günstigen Preis herzustellen. Diese Erfindung war deshalb so wichtig, weil sie den Weg in eine neue Dimension ebnete, die nun von immer mehr Menschen erlebt werden konnte. Dadurch, dass nun in sehr kurzer Zeit sehr viele Bücher gedruckt werden konnten, wurden erstmals auch Flugblätter und Zeitungen in großen Maßstab veröffentlicht. Und es wurden die ersten Romane gedruckt! Die Fantasie der Menschen war schon immer grenzenlos und die unglaubliche Vielfalt von Sagen, Mythen und Legenden ist ein beeindruckendes Zeugnis davon. Bis zum Ende des Mittealters wurden diese Geschichten aber eigentlich ausschließlich mündlich weitergegeben, weil es viel zu teuer gewesen wäre, sie in Buchform zu bringen. Durch das Wegfallen von diesem Hindernis drängten sich langsam auch Bücher mit Sagen und Mythen auf den Markt. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Menschen erstmals die Möglichkeit alleine in eine andere Welt einzutauchen. Sie brauchten nun keinen Erzähler mehr, der die Geschichten in seinem Kopf hatte und sie abends immer und immer wieder erzählen musste. Sie hatten auf einmal Zugriff auf eine stetig wachsende Anzahl von Welten, die ihre eigene Welt bereicherten. Der Begriff „Welt“ ist hier bewusst gewählt, weil ein Buch im Grunde nichts anderes ist, als ein Schlüsseln zu einer neuen Welt, vielleicht sogar zu einer neuen Dimension, die nur darauf wartet entdeckt zu werden. Das Buch selber ist dafür "nur" das Medium, es ist die schöne Verpackung, die einem Lust machen soll, den Inhalt zu erkunden. Wenn man dann die erste Seite aufgeschlagen hat, beginnt das wahre Abenteuer. Ein guter Autor schafft es, das sich nach nur wenigen Seiten eine neue Dimension, eine neue Welt öffnet, in die man eintaucht und alles um sich herum vergisst. Bücher haben die Eigenschaft, für einen die Sonne scheinen zu lassen, wenn draußen das ärgste Gewitter seit Menschengedenken tobt. Im Idealfall bilden sie eine vollständige Welt, in die man einsteigen kann und immer wieder neues Entdeckt. Welten, in denen es einem nicht langweilig wird, sondern die einen quasi dazu „zwingen“ sie zu visualisieren, sodass man eine bildhafte Vorstellung von jeder Seite des Buches hat. Man kann diesen persönlichen, einzigartigen Film im Kopf immer und immer wieder abspielen und völlig in ihm aufgehen. Wenn die Welt untergeht, während man ein gutes Buch liest, wird man das wahrscheinlich erst bemerken, wenn man das Buch geschlossen und damit die Welt des Buches verlassen hat. Abgesehen von ihrem Inhalt haben Bücher auch noch eine andere, angenehme Eigenschaft: Bücher haben ein eigenes Leben! Das Cover von jedem Buch erzählt schon eine eigene Geschichte, die man manchmal fast ebenso gerne erfahren würde, wie die des Buches. Wenn man ein Buch ausleiht, erkennt man meistens schon am Einband, ob es gerne gelesen oder ob es nur einmal ins Regal gestellt wurde. Zerknickte Cover weisen auf gute Benutzung hin, können aber auch ein Hinweise auf einen spannenden Inhalt sein. Man wird sie meistens leider nicht erfahren, aber allein die Geschichte, die ein  Buch haben könne,  ist schon ein Grund, sich seiner Fantasie zu ergeben. Ein weitere Grund, ein Bücher zu lieben, ist der Geruch, den jedes Buch hat. Am intensivsten Fällt einem dieser Geruch auf, wenn eine Bücherei betritt. Der erste Atemzug nach dem Öffnen der Büchereitür kommt fast schon einer heiligen Handlung gleich. Der Duft von so viel Papier, von so vielen Geschichten, von so viel Fantasie, der in der Luft liegt ist unglaublich. Es gibt Menschen, die sagen, dass Papier keinen Geruch hat. Diese Menschen sollten sich einmal in Ruhe hinsetzen, sich entspannen und ein Buch, am besten ein älteres Buch, aufschlagen und tief einatmen. Man atmet nicht nur den Geruch des Papieres ein, sondern auch ein Teil der Welt, in die man dann gezogen wird! Wer Bücher verschiedenen Alters zuhause stehen hat, wird festgestellt haben, dass ältere Bücher anders riechen als druckfrische, nicht schlechter, sonder einfach „anders“. Ein weitere wichtiger Aspekt beim Lesen von Büchern ist das Gefühl, dass das Papier in der Hand hinterlässt. Fühlt sie die Seite eher glatt oder eher rau an? Ist sie wellig, hat sie Eselsohren oder ist sie gar geknittert? Ist das Papier eher fein oder eher grob? Und schließlich spielt die optische Wahrnehmung des Buches eine Rolle. Es fängt bei der Gestaltung des Covers an, geht über die Farbe des Papiers, die Verteilung der Schrift, die Schriftgröße, bis hin zur Schriftart und dem Aussehen des Buches im Bücherregal. Jeder dieser Punkte ist für sich bedeutungslos, aber wenn sie harmonisch zusammengestellt wurden, ist der Effekt riesig. Ein Buch, bei dem die Schriftgröße nicht zur Schriftart und zum Rest des Seitenaufbaus passt, mach es einem schwerer, in die Welt einzutauchen, die es eigentlich öffnet, als ein Buch, bei dem man schon beim bloßen Betrachten der Seiten das Gefühl hat, in eine andere Welt zu gucken. Das Erlebnis des Lesens, des Eintauchens in eine andere Welt wird von mehr als nur dem bloßen Text erzeugt. Ein Buch ist fast schon ein Lebewesen, mit seinem eigenen Charakter und Eigenschaften. Es wird wahrscheinlich keine zwei Bücher geben, die gleich aussehen, wenn sie ein oder zwei Jahre bei unterschiedlichen Personen verbracht haben, selbst wenn es die gleichen Büchern waren. Es scheint fast so, als ob Bücher von ihren Besitzern beeinflusst werden, selbst, wenn sie nicht lange gelesen wurden. Dies ist auch der Grund, warum ich keinerlei Gefallen an den eBook-Readern finden kann. Es ist zwar ein verlockender Gedanken nicht immer mehrere Kilo Bücher in den Urlaub mitnehmen zu müssen, sondern nur ein paar hundert Gramm schweres Tablet, aber diesem elektronischem Gerät fehlt es an fast allem, was ein gutes Buch ausmacht. Man kann es nicht zuschlagen, man kann es nicht einfach in die Ecke schmeißen, man kann nicht umblättern, man kann nicht die Seiten rascheln hören, man hat kein duftendes Paper, man kann nicht unterstreichen, man kann nicht…. Außerdem hat das gedruckte Wort immer noch einen besonderen Charakter, eine besondere Ausstrahlung, die niemals von einem lediglich im digitalen Raum existierendem Wort erreicht werden kann. Bücher sind etwas besonderes, sind besondere Freunde, die man immer um sich haben sollte. Sie erweitern den eigenen Horizont um neue Welten und erweitern die Grenzen der bis zum unendlichen. Bücher sind mehr als die Summer ihrer Teile, sie sind ein besonderes Kunstwerkt!
I pledge to read the printed word...
Until my eyes will close forever!

Donnerstag, 29. Dezember 2011

Die mächtigste Waffe der Welt

Die Geschichte der Menschheit ist eine Geschichte der Entwicklung.  Die Entwicklung des Ackerbaus, der Metallverarbeitung, der Wissenschaft, der Philosophie und, natürlich, der Waffen. Von Generation zu Generation wurde die Waffen „besser“ und mittlerweile verfügt man Weltweit über genug an Sprengmaterial, um die gesamte Welt zerbrechen zu lassen, wenn man es auf einmal zünden würde. Es gibt allerdings eine Waffe, die so alt ist wie die Menschheit selber und trotzdem kein bisschen an Effektivität eingebüßt hat. Diese Waffe ist die der Gedanken, Visionen, Ideen und, vermutlich am wichtigsten, Träume der Menschen. Hat eine Idee einmal in einem Kopf Fuß gefasst, wird man sie nicht wieder los. Sie kann sich fast so schnell wie ein Virus verbreiten und es gibt kaum Möglichkeiten sie zu stoppen. Keines der Weltreiche, die es bisher gegeben hat, sei es von den Römern, den Griechen oder den Arabern gewesen, wurde allein durch Waffengewalt zusammengehalten. Dies war auch gar nicht nötig, weil ein gemeinsamer Gedanke, eine gemeinsame Philosophie diese Weltreiche vereint hat. Häufig war es die Religion, die einen wichtigen Faktor gespielt hat, manchmal wurde auch lediglich der Geist einer großen, herrlichen Vergangenheit beschworen, der die Völker zusammen halten sollte. Die Macht von verschiedenen Vision hat also die Menschheitsgeschichte bedeutend mitgeschrieben.
Das schärfste Mittel, das jede Diktatur gegen Oppositionelle hat ist die Zensur. Man kann Menschen erschießen, bedrohen, verschwinden lassen und öffentliche Versammlungen verbieten. Solange diese Menschen aber die Möglichkeit haben, sich durch irgendein Medium zu organisieren und darüber ihre Meinung zu äußern, müssen die Diktatoren ständig eine Revolution fürchten.  Wenn dieser Gedankenaustausch verhindert wird, geht es der Vision, dem Traum, für den gekämpft wird, häufig wie einem Bakterium in einem für ihn ungünstigem Medium: Es kapselt sich ein und verfällt in einen langen Zustand der Stasis. Die Vision ist damit aber nicht gestorben, sie befindet sich nur in einem „Winterschlaf“ in den Köpfen von einigen Menschen und wird wieder lebendig, wenn die Möglichkeiten dafür wieder vorhanden sind. Ein gutes Beispiel hierfür ist die „Deutsche Revolution“ 1848. Zwar bleiben die alten Mächte weiterhin an der Macht, aber das Volk hatte gemerkt, wie viel Macht es hat. 1918 hat es dann von dieser Macht sehr nachdrücklich Gebrauch gemacht und damit die erste Phase der Demokratie seit der Gründung des „Heiligen römischen Reiches deutscher Nationen“  eingeleitet. Die Macht der Visionen ist auch der Grund für die Bücherverbrennungen, die gerne von Diktatoren veranstaltet werden. Diese Verbrennungen sind allerdings nicht mehr als ein Zeichen der Hilflosigkeit, weil die Idee, die hinter diesen Büchern steckte, die Visionen, die in ihnen beschrieben wurden, schon lange in den Köpfen von Menschen angekommen sind. Und die einzige Möglichkeit, diesen Gedanken dort wieder zu entfernen, ist in den meisten Fällen den Menschen zu töten. Das Schöne an Träumen ist jedoch, dass sie nicht an einen bestimmten Menschen gebunden sind, sondern von mehreren Menschen gleichzeitig erlebt werden. Wenn diese Träume auf fruchtbaren Grund fallen, entwickeln sie sich zu Visionen, die mit vielen anderen Menschen geteilt werden. Und diese Visionen können sich zu Idealen weiterentwickeln, für die ohne Rücksicht auf das eigene Leben eingestanden wird, weil man ihnen einen höheren Wert als dem eigene Leben zuspricht. Wenn ein Traum einmal eine Vision geworden ist, ist er in der Regel nicht mehr zu bremsen. Der sogenannte „Arabische Frühling“ ist wahrscheinlich das perfekte Beispiel dafür. Die Menschen demonstrierten gegen die Machthaber, in dem Wissen, das sie jederzeit getötet werden können. Sie hatten keine Angst mehr vor ihrem eigenen Tod, weil sie wussten, dass jeder Tote ihre Vision nur noch stärken wird. Rhetorische Fähigkeiten sind aus genau diesem Grund etwas sehr wichtiges. Wenn man es als Redner schafft, seinen Traum als eine Vision darzustellen, für die es sich lohnt zu sterben, dann hat man eine unglaubliche Macht gewonnen. Hitler mag militärisch ein absoluter Versager gewesen sein, doch er war ein brillanter Rhetoriker, der es schnell schaffte, Menschen für seine Sache zu begeistern. An diesem Beispiel wird auch die Janusköpfigkeit der Macht der Gedanken deutlich. Man kann die Vision einer Demokratie in den Köpfen der Menschen verbreiten und damit die Lebensbedingungen dieser Menschen bedeutend verbessern. Man kann allerdings auch rassistisches Gedankengut in die Köpfe der Menschen einpflanzen, und damit erheblichen Schaden anrichten. Ein brillanter Rhetoriker allein  keine Würdigung verdient, er ist nur das Medium. Ein brillanter Rhetoriker mit einem genialen Traum hingegen sollte geachtet werden, weil er in der Lage ist, diesen Traum in die Köpfe seiner Mitmenschen einzupflanzen. Es gibt keine größere Waffe auf diesem Planeten als die richtige Idee im Kopf der richtigen Person. Die Französische Revolution zeigt dies besonders deutlich. Das gesamte Volk wurde von verschiedenen Ideen infiziert, die alle eine halbwegs demokratische Grundrichtung hatten. Die Konflikte, die aufgrund dieser Visionen ausgetragen wurden, wurden natürlich mit aller Unerbittlichkeit und Härte ausgetragen, weil die Vision schließlich mehr als das eigene Leben wert ist.
Es ist beruhigend zu sehen, dass es noch Menschen gibt, die auch in der heutigen Zeit noch zu ihren Idealen stehen und diese Verteidigen. Beunruhigend ist es allerdings, wenn man sieht, dass diese Menschen in der Regel für Demokratie kämpfen und dabei grundsätzlich ihr eigene Leben riskieren und die Länder, in denen diese Vision schon lange Realität ist, sich nicht großartig dafür interessieren. In Deutschland scheint es auf politischer Ebene schon lange nicht mehr wichtig zu sein, für ein Ideal oder eine Vision zu stehen. Auch die rhetorischen Fähigkeiten scheinen leider keine große Rolle mehr zu spielen. Aber auch in Deutschland reicht manchmal schon ein Wort der Presse um große Persönlichkeiten fallen zu lassen. Die Macht des Gedanken und seinem weiteren Produkt, des Wortes, ist in der Menschheitsgeschichte eher größer als kleiner geworden. Man sollte sich dieser Macht immer bewusst sein, denn sie kann einem das Leben sowohl retten als auch kosten.
Am Anfang war der Gedanke...
erst danach kam das Wort

Dienstag, 27. Dezember 2011

Religion-immer gut für einen Konflikt!

Busse, mit der Aufschrift „Frauen bitte hinten sitzen“. Bürgersteige, auf der einen Straßenseite für Frauen, auf der anderen für Männer. Werbeplakate mit Frauen, die ihre Haare nicht bedecken werden abgerissen oder übermalt. Sichtschirme auf den Straßen, damit bei öffentlichen Festen die Frauen und Männer getrennt sind.
An welche Länder erinnern solche Maßnahmen? Normalerweise wird ein frauenfeindliches Verhalten immer mit muslimischen Ländern, wie dem Iran, Syrien, Irak etc. in Verbindung gebracht. Aber die oben beschriebenen Sachen sind Israel, einem christlichen Staat, passiert. Einige Menschen werden wahrscheinlich ziemlich überrascht gewesen sein, als sie die Nachricht, das in Israel ultraorthodoxe Juden für Geschlechtertrennung demonstrieren, hörten. In gewisser Weise ist es auch fast schon verstörend, wenn sich Menschen zu diesem Thema äußern, und Sachen sagen wie : „Die haben ja die Methoden der Islamisten übernommen!“ , oder „ Das hat aber nichts mehr mit ihrer Religion zu tun!“ Für jeden, der sich in bisschen mit Religionen im Allgemeinen und den „Buchreligionen“, also dem Christentum, dem Judentum und dem Islam etwas näher beschäftigt haben, ist völlig klar, dass alle drei Religionen nicht nur Frauenfeindlich, sondern auch menschenverachtend und rassistisch sind. Und trotzdem gibt es noch Menschen, namentlich die Bundeskanzlerin, Frau Merkel, oder Herr Wulf, unser Bundespräsident, die sich auf die „christliche Leitkultur“ in Deutschland berufen. Vielleicht reicht dieses Ereignis in Israelaus, um den Menschen einmal die Augen zu öffnen, damit sie sich etwas mit ihrer Religion auseinander setzten. Den wichtigste Punkt sollte man gleich vorwegnehmen, damit keine Missverständnisse aufkommen können. Diese  Religionen sind Menschenverachtend, weil sie das moralische Verständnis der Menschen vor gut 2000 Jahren, im alten Testament sogar vor noch viel längerer Zeit, wiederspiegeln. Dies ist ein Fakt, für den man sich nicht zu schämen braucht, den man aber niemals vergessen sollte. Frauen hatten zu dieser Zeit einfach keinen Wert und wurden dementsprechend, vom Christentum wie vom Islam, wie Tiere oder sogar schlechter behandelt. Religionen haben schon immer eine sehr starke Gruppenintegrität erzeugt, eine sogenannte „Binnenmoral“ die es einer Gruppe erleichtert hat, zusammen zu bleiben. Dieser Zusammenhalt wurde allerdings mit einer strickten Abgrenzung von allen andersgläubigen erkauft. Dies wäre gar nicht schlimm, wenn nicht mit der Zeit ein religiöses Sendebewusstsein entstanden wäre und die einzelnen Gruppen mit Schwertern angefangen hätten zu missionieren. Auch diese Phase haben die drei großen Buchreligionen gemeinsam. Der Islam hat sie naturgemäß deutlich später durchlebt als das Christentum oder das Judentum, aber das Ergebnis war in allen drei Religionen das gleiche: Sie haben sich in ihrem jeweiligen Herrschaftsraum durchgesetzt. Die Religion war schon immer ein beliebtes Mittel um seinen Willen als Herrscher durchzusetzen und so findet man vor allem in der Bibel eine Menge Verse, die der Priesterschaft eine große Menge an Macht sichern. Wahrscheinlich wird es im Koran ähnliche Suren geben, weil kein Herrscher ohne Religiöse Unterstützung auskam. Dies zeigte sich besonders im Mittelalter, als der Titel „von Gottes Gnaden“ an Bedeutung. Das Mittelalter war, wenn man den Fortschritt in der Wissenschaft als Maß anlegt, die dunkelste Epoche in Europa. Dies lag vor allem an dem unglaublich großem Einfluss der Religion auf die Menschen dieser Zeit. Es gab im gesamten Verlauf des Mittelalters keine bedeutende Entwicklung, weder in der Militärtechnik, noch in der Mathematik, noch in der Biologie etc. Erst gegen Ende des Mittelalters, als die Kirche etwas an Macht verloren hatte, wurden neue Entdeckungen gemacht. Die Religion hat sich in dieser Zeit als ein enormer Fortschrittskiller entpuppt, was aber auch nicht verwunderlich ist, da sie grundsätzlich konservativ ist.
Es ist eigentlich unverständlich, warum in Europa das Augenmerk auf dem Islam liegt und das Christentum weitestgehend ignoriert wird. Natürlich ist die Lebensweise der Menschen, die dem Islam angehören in vielen Fällen nicht mit den Grundrechten eines Menschen zu vereinbaren, aber das gilt genauso für jeden wirklichen Christen. Die „Bibeltreuen Christen“ und „Baptisten“ stellen in Deutschland eine immer größere Gruppe dar und werden in nicht allzu ferner Zeit auch genug Macht haben, um in den Medien erwähnt zu werden. Die gegenwärtige Situation in Israel ermuntert vielleicht auch andere Menschen dazu, sich über die Rolle der Religion in einer Gesellschaft Gedanken zu machen. Denn eine echte, an die Schrift gebundene Religiosität muss zwangsläufig bestimmte Menschen ausgrenzen. Deutschland ist ein säkularer Staat und es gibt kaum noch „echte“ Christen in ihm. Man sollte darüber froh sein, denn die Christen, die man im Alltag kennt, sind meistens Menschen, die sehr wertvoll sind. Reine Religion ist immer verbunden mit Hass. Religiosität mit humanistischen Wurzeln ist hingegen häufig mit positiven Eigenschaften verbunden.              
Blind faith-
Because thinking is hard!

Montag, 26. Dezember 2011

Die Diskussion über den Fall "Aschtiani"

Im Jahr 2006 wurde die Iranerin Sakineh Mohammadi Aschtiani aufgrund angeblichen Ehebruchs und Beihilfe zum Mord an ihrem Ehemann zum Tod durch Steinigen verurteilt. Als der Fall international bekannt wurde, kam schnell Wiederstand gegen dieses Urteil auf und der Iran gab unter dem internationalen Druck nach und nahm das Urteil zurück. Heute wurde bekannt, dass Aschtiani wahrscheinlich doch hingerichtet wird, allerdings nicht durch eine Steinigung, sondern „nur“ durch erhängen. Ohne genaue Informationen über die Tat und den Tathergang ist jegliche Diskussion über die Strafe eigentlich unangebracht. Es bleibt eigentlich nur noch festzustellen, dass die Todesstrafe in jedem Fall unangebracht ist und dann die üblichen, erfolglosen Proteste anzustrengen, die im leeren verlaufen werden. Wenn man aber die Kommentare zu dem Artikel in der Onlineausgabe der „ Zeit“ liest, dann herrscht vielleicht doch noch Diksussionsbedarf. Die Kommentare lassen sich in verschiedene Gruppen aufteilen, die alle verschiedene Aspekte dieses Falls aufgreifen und sich dann in ihrer Ideologie verlieren, ohne darüber nachzudenken, dass sie sich unter Umständen ziemlich lächerlich machen. Beliebt sind die Kommentare der, ich nenne sie mal „Pro-Islamischen-Fraktion“. Sie lauten meistens ungefähr so: „Schon wieder so ein islamophober Artikel, der die Rechtsprechung islamischer Länder in Zweifel zieht.“ Die Aussage des Artikels war weder implizit noch explizit gegen den Islam gerichtet und es fand auch kaum eine Wertung statt. Diese Kommentare zeigen eigentlich deutlich, dass die betreffenden Personen den Artikel entweder überhaupt nicht gelesen haben, oder dass sie nicht damit umgehen können, das Tatsachen, die nicht unbedingt in ihr Weltbild passen, öffentlich gemacht werden. Diese Menschen sehe ich aber nicht als wirklich bedeutend in dieser Diskussion an. Interessanter sind die Kommentare der „Rechtspositivisten“. Sie klingen meistens so: „[…]  aber ich kann mir gut vorstellen, dass die Mehrheit der Bevölkerung unabhängig davon, ob sie das derzeitige Regime gewählt hat, die Scharia gutheißt.“ Diese Menschen möchten sich am liebsten überhaupt nicht in die Angelegenheiten eines anderen Staates einmischen und sind der Meinung, dass das geltende Recht schon seine Richtigkeit haben wird und von uns nicht in Frage gestellt werden darf. Im härtesten Fall sieht so ein Kommentar dann so aus: „Das Gesetz besagt dass es auf Ehebruch eben die Todesstrafe gibt. Gesetz ist Gesetz. Die Frau hat das auch davor gewusst. So ist das in Deutschland auch. Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Das hat mit dem Islam an sich nichts zu tun. Der Islam ist im Gegensatz zum Christentum die Religion des Friedens.“ Diese Gruppe von Kommentaren ist es wert einmal diskutiert zu werden. Die Position des Rechtpositivismus ist eigentlich einfach nachzuvollziehen und auch persönlich sehr bequem. Sie sehen das geltende Recht einfach als „gut“ an und begründen dies häufig damit, dass die Menschen diese Gesetzte so gemacht haben, wie sie sind, weil sie am wirkungsvollsten ihr jeweiliges System unterstützen. Was diese Menschen aber leider übersehen ist die Tatsache, dass es „etwas“ gibt, dass allumfassend ist und das überall gleich gilt. Dieses „etwas“ gibt uns das Recht uns als „Person“ und nicht nur als „Mensch“ zu bezeichnen. Dieses „etwas“ nennt sich Logik! Die Logik selber kann nicht wiederlegt werden, außer man bedient sich ihrer und somit kann sie als Grundlage für ein moralisches System verwendet werden. Gesetzte, die ein Staat aufstellt, müssen keinerlei moralische Richtigkeit haben, die Gesetzte der Logik hingegen sind moralisch bindend. Man kann sich darüber streiten ob die Gesetzte eines Staates dazu beitragen, ihn stabiler zu machen oder seine Bevölkerung zu schützen, aber man kann sich nicht!! darüber streiten, ob die Gesetzte moralisch sind oder nicht. Von der Basis der Logik ausgehend, kann man absolute Aussagen darüber treffen, ob eine Aktion moralisch war. Wenn sie es war, gehört sie nicht bestraft, war sie es nicht, ist eine angemessene Bestrafung angebracht. Dieses Schema ist natürlich stark verkürzt, aber es beschreibt in groben Zügen, worüber eigentlich diskutiert werden müsste. Es müsste darüber diskutiert werden, ob die Taten von Frau Aschtiani moralisch verwerflich waren und ob sie deshalb einer Bestrafung bedürften. Ob eine Bevölkerung die Scharia gutheißt oder nicht spielt überhaupt keine Rolle, genauso wenig wie meine eigene Meinung oder die Meinung von Frau Aschtiani. Es spielt lediglich eine Rolle, was eine logische Analyse dieser Situation dazu sagt. Was viele Menschen vielleicht noch lernen müssen, ist ihre eigene Meinung gegenüber den logischen Argumenten erst einmal abzuwägen und sich erst danach zu äußern. Es mag zwar hart klingen, aber kein Argument der Welt kann gezählt werden, wenn es nicht mit logischen Fakten hinterlegt ist. Auch so schöne Sprüche wie „ Auch in der USA wird hingerichtet“ sind in diesem Fall völlig fehl am Platz, weil sie davon zeugen, dass man nicht verstanden hat, worum es eigentlich geht. Es gibt keinen logischen Grund für die Todesstrafe, deshalb sind auch die Hinrichtungen in der USA falsch. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Hinrichtungen im Iran falsch sind. Und die schöne Diskussion darüber, dass das erhängen doch eigentlich eine humane Methode ist, jemanden zu töten, macht einen wirklich traurig, weil sie aufzeigt, dass die Menschen immer noch nicht verstanden haben, dass sie ein Thema von Grunde auf logisch angehen müssen. Denn wenn sie das tun würden, hätten sie schon lange bemerkt, dass die Todesstrafe eine barbarische, altertümliche und menschenverachtende Strafe ist, die nur von grausamen, dummen oder unüberlegten Menschen unterstütz werden kann. Es bleibt letztendlich wieder nur die Hoffnung, dass Frau Aschtiani  aufgrund von glücklichen Umständen nicht hingerichtet wird,  weil man als Einzelperson vollkommen machtlos ist. Aber solange solche Fälle noch so diskutiert werden, ist es wahrscheinlich ein Zeichen von Naivität darauf zu hoffen, dass die Menschheit eines Tages einsieht, das sie vieles falsch gemacht hat und sich der Logik zumindest teilweise zuwendet.
Was bleibt ist Hoffnung,  denn sie kommt ohne Beweise aus!

Sonntag, 25. Dezember 2011

Denk' an deinen Nächsten- nicht nur an Weihnachten!

„Weihnachten ist das Fest, an dem den Menschen die Herzen aufgegangen sind. Aber warum sollten Menschen nur an Weihnachten warmherzig sein? Tragt dieses Warmherzigkeit, die Herzlichkeit und Gelassenheit die andern 364 Tage im Jahr. Dann ist wirklich Weihnachten…, für jeden! Frohe Weihnachten!“

Sätze wie diese von Pastoren wie diesem lassen einen immer wieder zur der Überzeugung kommen, dass der Kirchenbesuch zu Weihnachten nicht nur verschwendete Zeit ist. Es ist faszinierend zu sehen, wie der Pastor seine letzten Sätze in dem Weihnachtsgottesdienst eigentlich säkular gestaltet  und ihnen damit eine unglaubliche Wirkung gegeben hat. Weihnachten war ein heidnisches Fest, nun ist es ein Fest der Liebe. Die Weihnachtsgeschichte ist, in meinen Augen, eine sehr schöne Geschichte, die auch nach zehnmaligem hören kaum an Reiz verliert, aber sie hat eigentlich relativ wenig mit dem „weihnachtlichem“ Charakter des Festes, dem Aspekt der Liebe und Gemütlichkeit, der Familientreffen und Postkarten an Menschen, bei denen man sich einfach nur dafür bedanken möchte, dass sie existieren, zu tun. Aber warum sollte diese Liebe zu seinen Mitmenschen nur zur Weihnachtszeit gelebt werden? Warum darf man im gesamten restlichem Jahr eine egozentrische Person sein, die alle anderen ausnutzt und keinerlei Rücksicht auf irgendjemand nimmt?  Es gibt keinen logischen Grund dafür, dass man sich an Weihnachten anders benehmen sollte! Aber warum sehnen sich viele Menschen nach dieser Zeit, an der sie in Ruhe leben und andere Menschen einfach mal wertschätzen können? Sie sehnen sich danach, weil ihr ständiger Egozentrismus sie nicht erfüllt, sie nicht glücklich macht. Man muss den Satz also genau andersherum formulieren: Es gibt keinen vernünftigen Grund dafür, sich außerhalb der Weihnachtszeit großartig anders zu benehmen, als während der Weihnachtszeit! Die Bitte des Pastors, die „Warmherzigkeit“ auch an allen anderen Tagen des Jahres zu tragen, weil erst dann wirklich Weihnachten für jeden ist, ist sehr bedeutend und klug. Wenn man einem Menschen eine kleine Freude bereitet, auch wenn an ihn überhaupt nicht kennt, hat man dazu beigetragen, seinen Tag ein kleines bisschen besser zu machen. Und vielleicht profitieren andere Menschen direkt davon, dass er einen schönen Tag hatte. Außerdem macht es im Normalfall keinerlei persönliche Arbeit, einem Menschen durch eine simple Geste einen Gefallen zu tun. Wir leben in einer Welt, die zumindest ich als sehr kalt und düster empfinde. Warum ändern wir dies nicht? Jede Freundlichkeit, die man erfährt, ist wie ein kleines, einsames Licht, dass einem leuchtet. Wenn jeder Mensch ab und an mal an seine Umgebung denkt und die anderen Menschen nur für einen Augenblick nicht als Eindringlinge in seine Welt, sondern als Personen betrachtet, die man nicht einfach ignorieren kann, dann wird die Welt mit einem mal ein bisschen heller. Die Menschen werden dann auch ab und an einem dieser „fremden“ Individuen helfen, nicht um des eigenen Vorteils wegen, sondern einfach aus Warmherzigkeit. Ein bisschen Liebe zu anderen Menschen ist  in den meisten Fällen nicht verkehrt! Und selbst wenn man  auf der emotionalen Ebene keinerlei Beziehung mehr zu seiner Umgebung  aufbauen kann, wird einem die Logik helfen, in bestimmten Situationen das Richtige zu tun. Eigentlich wäre es sogar schade, wenn man sich nur auf die „Warmherzigkeit“ also auf die Emotionen eines Menschen verlassen müsste, weil diese die Tendenz zum Umschlagen haben und sogar einen starken negativen Effekt auf das Verhalten der Menschen untereinander haben können. Viel schöner wäre es, wenn die Menschen verstehen würde, dass es für die Herzlichkeit im Umgang untereinander auch logische Gründe gibt. Den diese Gründe werden sie ihr ganzes Leben lang begleiten! Vielleicht ist Weihnachten ja eine gute Gelegenheit, sich dafür zu entscheiden, auch in Zukunft ein Licht in die Welt zu tragen. Sich bewusst zu werden, das auch andere Menschen Gefühle und Wünsche haben, und das man ihnen manchmal einfach schon durch ein kleines Lächeln helfen kann. Sich z u überlegen, dass nicht jeder sich selber der nächste ist. Festzustellen, dass die Welt heller wird, wenn es den Menschen gut geht, nicht materiell, sondern sozial. Sich zu merken, dass der wahre Wert eines Menschen nicht im vorbeigehen und am Aussehen bestimmt werden kann. Zu sehen, dass schon eine einfache, positive Geste einem Menschen den Tag retten kann. Wir leben in einer dunklen und kalten Welt. Aber wir sind in der Position, dies zu ändern, zumindest in einem kleinen Kreis. Nutzen wir diese Position, nutzen wir unsere Möglichkeiten und wir können der Welt zumindest einen kleines bisschen an Licht und Wärme schenken.         
Wir tragen ein Licht in die Dunkelheit, singen ein Lied um uns Mut zu machen,
ist dieses Lichtlein auch noch so klein, wir sind ein Lichtermeer!

Freitag, 23. Dezember 2011

Die wunderbare Welt der puren Logik!?


Er schlug das Buch etwas unsanfter und heftiger zu, als er es eigentlich beabsichtigt hatte. Es hatte keinen Sinn mehr darin zu lesen, weil die Worte vor seinen Augen verschwammen und er sich nur noch mit Mühe an die letzten paar Sätze erinnern konnte. Mühsam raffte er sich auf und fing an, seine Schultasche für den nächsten Tag zu packen. Es war gerade mal kurz nach neun Uhr Abends und er fühlte sich irgendwie antriebslos und fertig. Er hatte den ganzen Tage eigentlich nichts anspruchsvolles gemacht, dass dieses Lethargie rechtfertigen könnte, aber er wunderte sich auch nicht darüber. Schließlich waren die Tage, an denen er sich nicht so fühlte seit geraumer Zeit eine Ausnahme. In Gedanken versunken zog er sich um und ging ins Bett. Zwar hatte er mittlerweile geschafft, dass seine Gedanken nicht ständig in alle Richtungen abschweiften, aber die bohrende Frage, die er eigentlich loswerden wollte, ist geblieben. Warum fühlte er sich seiner Lebensphilosophie nur noch auf einer abstrakten, rein logischen Ebene verbunden? Wo ist die Begeisterung und Freude dafür geblieben? Er schlief auch diese Nacht ein, ohne auch nur in die Nähe einer Antwort gekommen zu sein.

Er stand in einem Raum  von dem er weder die Decke noch die Wände sehen konnte und trotzdem wusste, dass sie irgendwo außerhalb seiner Sichtweite vorhanden waren. Es waren nirgendswo Lampen, Fenster oder andere Lichtquellen zu sehen und trotzdem herrschte war es nicht stockdunkel. Es war angenehm dämmerig und er fühlte sich aus einem unerfindlichem Grund heraus geborgen. Dieser Raum kam ihm sehr bekannt vor, obwohl er sich sicher war, dass er nie zuvor in ihm gewesen war. Bevor er sich weitere Gedanken darüber machen konnte, wo er eigentlich war, ertönte eine relativ hohe, schrille Stimme: „ Aha, der HERR bequemt sich also mal hierher? Macht er sich doch Sorgen?“ Eine zweite, ziemlich wütende Stimme antwortete sofort: „ Neinein, ER weiß doch noch nicht einmal wo er ist. ER wird auch sofort wieder gehen und UNS wieder verlassen!“ Er schaute sich irritiert um, weil er den Ursprung dieser Stimmen nicht orten konnte. Eine dritte Stimme mischte sich in die Diskussion mit ein. Es war eine angenehme, langsame und ruhige Stimme, die nicht sonderlich laut aber trotzdem sehr deutlich und klar war. Außerdem betonte sie weder sich noch ihn besonders. „ Beruhigt euch erst mal, wir können ihn doch Frage, ob er an unserem Problem interessiert ist. Danach könnt ihr euch gerne weiter streiten!“ In dem letzten Satz lag ein bisschen ärger, der aber eher väterlich als böse gemeint war. Die Stimmen verstummten für ein Moment und eine Rauchwolke mit menschenähnlichen Konturen tauchte in seinem Sichtfeld auf. Zu seinem eigenen Erstaunen war er weder schockiert noch ängstlich, vielmehr wollte er wissen, was das denn war, obwohl er irgendwie das Gefühl hatte, dass er es eigentlich schon wusste. Die Rauchsäule zögerte einen kleinen Moment und für einen kurzen Moment sah es fast so als ob sie sich auflösen würde. Dann verdichtet sie sich jedoch wieder und sprach ihn an:  „WIR finden es gut, dass DU UNS besuchen kommst und würde uns freuen, wenn DU UNS etwas von DEINER kostbaren Zeit schenken würdest um DIR UNSER Problem zu erklären. Allerdings hätten WIR auch Verständnis dafür, wenn DU UNS nicht helfen würdest.“ Noch bevor er darauf antworten konnte, ertönte wieder die wütende Stimme. Sie kam definitiv auch aus der Rauchsäule, aber die Tatsache, dass zwei verschiedenen Stimmen aus einer Rauchsäule kamen kam ihm völlig natürlich vor. „ WIR hätten kein Verständnis, wenn DU jetzt einfach wieder gehst!“ Die Stimme klang diesmal ziemlich aufgebracht und bestimmend. Damit es nicht zu einer weiteren Diskussion zwischen den verschiedenen Stimmen kam, lenkte er ein. „Wenn ihr mir sagt, was ihr für ein Problem habt, dann werde ich mich bemühen euch zu helfen.“ Innerlich seufzte er, weil er sich eigentlich nicht dazu in der Lage fühlte, anderen Personen (er konnte die Rauchsäule nicht als Mensch bezeichnen) zu helfen, während er selber ein großes Problem hatte, dass er nicht lösen konnte. Die Rauchsäule zögerte einen Moment und ihm war, als ob er etwas in ihr wispern hörte. Dann sprach die ruhige Stimme.  „Folge UNS bitte, WIR möchten DIR etwas zeigen.“ Die Rauchsäule setzte sich langsam in Bewegung und er folgte ihr. Es irritierte ihn etwas, dass die Rauchsäule hörbare Schritte machte, weil er eigentlich davon ausgegangen war, dass sie einfach über dem Boden schwebt. Die Rauchsäule machte einen Schwenk nach links und wurde schneller, sodass er etwas Mühe hatte, mitzukommen. Erst jetzt fiel ihm auf, dass von der Rauchsäule ein diffuses Licht ausging, dass die absolute Dunkelheit des Raumes so weit durchbrach, dass es einem als Angenehm erschien. Nach einem weiteren Schwenk nach links blieb die Rauchsäule auf einmal stehen und er wäre fast in sie hineingelaufen. Sie standen vor einer Wand, die weder zu den Seiten noch nach oben ein Ende zu haben schien. In die Wand eingelassen war eine relativ große Metalltür, die von sich aus zu leuchten schien. „WIR sind da!“ meldete sich eine wütend klingende Stimme. Er wusste nicht, was als nächstes geschehen sollte und wartete darauf, dass die Rauchsäule etwas machte. Es schien ihm so, als ob die verschiedenen Stimmen der Rauchsäule wieder leise tuscheln würden und nach kurzer Zeit kam wieder die ruhige Stimme aus dem Rauch. „ Schließ bitte mal die Tür auf, vor der DU stehst“ . Ohne zu wisse, was er tat, griff er in seine Hosentasche. Seine Finger stießen auf einen großen und kalten Gegenstand. Er zog ihn aus der Tasche und stellte fest, dass es sich um einen großen, altmodischen Schlüssel handelt, wie er häufig in alten Burgtüren steckt. Verdutzt schaute er die Rauchsäule an. Zum einen wusste er nicht, wie dieser Schlüssel in seine Hosentasche gekommen sein sollte und zum anderen war es gerade ganz sicher nicht sein Wille gewesen, die Hand in die Tasche zu stecken. Die Rauchsäule schien ihn schelmisch anzugrinsen und er fühlte sich auf einmal irgendwie unwohl, so, als ob er gerade etwas verloren hätte, nur noch nicht wusste, was es war. „ Los, los, schließ auf, schließ auf! Beeil DICH!“. Es war die wütende Stimme, die drängelte. Er steckte den Schlüssel in das Schloss und drehte in langsam nach rechts. Eigentlich hatte er ein quietschen erwartet, aber stattdessen drehte sich der Schlüssel fast ohne wiederstand und ohne Geräusche. Er ging einen Schritt zurück und zog die Tür vorsichtig auf. Das Licht, das ihm auf einmal aus dem Raum hinter der Tür entgegen strahlte blendete ihn und er musste die Augen für einen Augenblick schließen. Noch bevor er die Augen wieder geöffnet hatte, spürte er einen Stoß in seinem Rücken und er stolperte blindlings in den Raum. Reflexartig riss er die Augen auf und drehte sich um. Zu seinem großen Erstaunen stand hinter ihm nicht die gestaltenlose Rauchsäule, sondern ein ungefähr 14 Jähriger Junge mit schwarzen Haaren, einem bleichen, aristokratischem Gesicht und flinken schwarzen Augen, die ihn ruhig, aber unterschwellig genervt fixierten. Es herrschte ein Moment absolute Stille und es schien ihm fast so, als ober der Junge auf eine Äußerung oder ein Zeichen von ihm warten würde. Gerade als der Junge seinen Mund aufmachen wollte, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. „ Du bist Arthemis Fowl!?“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage und der Junge zog seine linke Augenbraue kurz hoch signalisierte damit, dass er recht hatte. „ Bravo, ich hätte allerdings erwartet, dass du das etwas schneller rausfindest. Da du nun schon weißt, wer ich bin, solltest du auch wissen, wo du bist und wir können uns sofort dem eigentlichen Thema wenden.“  Ungeduldig ging Arthemis an ihm vorbei und zog ihm kurz am Pullover um ihm zu signalisieren, dass er mitkommen soll. In seinem Kopf drehte sich gerade alles und er stolperte einfach hinter Arthemis her, ohne darauf zu achten, wo er eigentlich war. Arthemis Fowl war eine Romanfigur! Warum zum Teufel sprach er mit einer Romanfigur? Er ging alle Verknüpfungen durch, die er in seinem Kopf zu Arthemis gemacht hatte. Das alles ergab doch keinen Sinn… Auf einmal blieb er erschrocken stehen, was Arthemis dazu brachte, ihn mit einem ziemlich bösen Blick zu bedenken. Er nahm nicht einmal war, das Arthemis ihn anguckte, weil in seinem Kopf gerade eine Vorstellung Form annahm, die unter keinen Umständen möglich sein konnte, aber gegen die er keinerlei Fakten anführen konnte. Er hatte Arthemis, der als absolut hochintelligent dargestellt wurde, immer in Verbindung mit der Lösung von Problemen gesehen. Seine letzten Gedanken, an die er sich erinnerte, waren, dass er eine Lösung für sein Problem finden musste. Es schien ihm so, als ob er sich irgendwie in seinem eigenen Kopf befand und dementsprechend Arthemis eine Figur seiner Fantasie war. Aber das war eigentlich unmöglich! Arthemis schien erraten zu haben, was er gedacht hatte. Er lächelt ein wenig. „ In gewisser  Weise bin ich tatsächlich du, aber ich bin eben nur ein Teil von dir.“ Er machte eine kurze Pause,  „ Der bessere Teil von dir, wenn ich das richtig bedenke!“ Wieder folgte eine kurze Pause. „ Aber zerbrich dir nicht weiter den Kopf darüber, denn es zählt nicht, wo du bist, sondern was ist. Und darüber möchte ich mit dir reden!“ Er guckt Arthemis für einen kurzen Moment verwirrt an, aber dann schien es ihm auf einmal wieder völlig normal, dass er sich mit einer Reflektion seiner Selbst unterhalten konnte. Irgendetwas hinderte ihn daran, die ganze Situation als völlig unlogisch anzusehen und er fühlte sich wieder gut aufgehoben. „Schau dich einmal in diesem Raum um“, forderte Arthemis ihn auf. Er drehte sich ganz langsam um die eigene Achse und bemühte sich jedes Detail aufzunehmen. Der Raum, in dem er sich befand schien ziemlich groß zu sein, aber die wahren Dimensionen ließen sich nur erahnen, weil überall Boxen, Kisten und Truhen aufeinander gestapelt waren. Es war keine erkennbare Ordnung in diesem Stapeln, aber sie waren meistens klar von anderen Stapeln abgegrenzt. Jeder Stapel war von einem System von hellen Fäden überzogen, die an die Oberfläche der Gegenstände geheftet schienen. An Stellen, an denen sich viele Fäden kreuzten hatten sich dicke, pulsierende Knoten gebildet. An anderen Stellen verloren sich die Fäden einfach im Raum, ohne an irgend einem Gegenstand zu enden. Wieder andere Fäden hatten sich verheddert und leuchteten in einem unregelmäßigem Rhythmus. „Was siehst du?“ fragte Arthemis in einer Stimmlage, die eindeutig ungeduldig war.  Er überlegte für einen Augenblick, auf welche Details Arthemis wohl Wert legen würde, besann sich dann aber darauf, dass Arthemis nur ein Teil von ihm war und überlegte eine Antwort, wie er sie selber gerne hören wollte.  Also beschrieb er ihm genau, was er wahrgenommen hatte, ohne etwas daran zu deuten. Arthemis nickte. „ Du hast mir beschrieben, was du gesehen hast, ich werde es dir nun erklären, damit wir endlich zum Thema kommen können. Ich denke nämlich, dass du mit der Deutung etwas länger brauchen würdest.“ Seine Stimme hatte wieder einen arroganten Klang, der aber nicht böse gemeint war.  „ Dieser Raum ist das Reich der Logik. In den Kisten sind alle deine Erinnerungen nach einem logischen Muster einsortiert, und die Stapel selber stellen wiederum bestimmte Gruppen von Erinnerungen dar. Das Netz sind die Verknüpfungen, die du zwischen den verschiedenen Gedanken erstellst hast. Du bist hier in meiner Heimat, im Reich der Logik!“ Ihm wurde nun vollends  klar, warum er die Gestalt von Arthemis Fowl sah: Arthemis ist ein Junge, der absolut perfekt im logischen denken ist und er hatte ihn immer als Vorbild gesehen. Arthemis war für ihn sozusagen das Sinnbild der Logik. Arthemis guckte ihn leicht verärgert an. „ Wenn du weiterhin Gedanklich so abschweifst, weiß ich nicht, wie ich mit dir Reden soll. Konzentrier dich gefälligst!“ Dann fuhr er deutlich sanfter fort. „ Du hast in letzter Zeit ein Problem, dass dich nicht loslässt.“ Er wollte gerade darauf antworten, als Arthemis fortfuhr. „ Du fühlst dich antriebslos und dir kommen deine ganzen Ideale und Wünsche sehr abstrakt vor. Du fühlst dich aber nicht Sinnlos, sondern dir fehlt „lediglich“  „ er betonte dieses Wort besonders „die Begeisterung, mit der du früher durch dein Leben gegangen bist. Du kommst dir selber überhaupt nicht mehr wichtig vor und bist der Meinung, dass du eigentlich eher eine Last als ein Vorteil bist. Deine Leistungen lassen nach und deine Selbstachtung nimmt mit jeder schlechten Leistung, die du bringst, ein kleines Stückchen mehr ab, weil du dich nur noch an der eigenen, positiven Leistung freuen kannst. Du kannst andere Personen nicht mehr emotional einschätzen, sondern muss dich ganz auf ihre Stimmlage, Mimik und Gestik verlassen. Deshalb möchtest du auch nicht wirklich gerne viel mit Menschen in Kontakt kommen, die du nicht ziemlich gut kennst. Überhaupt bedeuten dir soziale Kontakte nicht so viel, weil du immer denkst, dass du den Menschen nur zur Last fällst. Du kannst dich auch nicht emotional auf einen Menschen besonders einlassen, weil dir diese Dimension beinahe vollständig fehlt. Du kannst dich zwar genauso gut auf geistiger Ebene auf diesen Menschen einlassen, aber du hast dann immer Angst, das du diesen Menschen einfach nur enttäuschst.“ Arthemis verstummte und guckte ihn mit einem bohrenden Blick an. „ Du hast recht“, antwortete er, „aber da ist noch mehr.“ Er verstummte kurz, um zu überlegen, wie er weitermachen wollte. „ Ich wollte mich nicht mehr durch Emotionen von dem wirklich wichtigen im Leben, der Analyse von Fakten einschränken lassen. Außerdem habe ich vor einiger Zeit durch unkontrollierte Emotionalität, die im Gegensatz zu meiner Logik stand, Schaden angerichtet, der unnötig war. Ich wollte mich nicht mehr ablenken lassen und habe einfach angefangen, meine Emotionen stärker zu kontrollieren und notfalls zu blocken. Es bedurfte zwar einer enormen Anfangsanstrengung, aber nach einiger Zeit hatte ich das ziemlich gut geschafft. Ich wollte aber nie alle Emotionen löschen, sondern einfach nur unbeschwerter leben, ohne irgendwelchen unbedachten Schaden anzurichten. Aber ich bin dann über mein Ziel hinausgeschossen und kann es irgendwie nicht mehr rückgängig machen. Der Punkt der idealen Balance war sehr angenehm und ungemein produktiv, aber dann habe ich irgendwie die Kontrolle darüber verloren. Mein Kopf war danach zu voll mit irgendwelchen Gedankenschrott, das ich wirkliche Probleme hatte, mich zu konzentrieren. Warum? Ich meine, du bist die Logik, die vereinfacht eigentlich alles!“Arthemis hatte die Augen geschlossen und schien sich zu konzentrieren. Es herrschte eine Weile stille, bis er antwortete. „ Die Logik vereinfacht, das stimmt. Aber wenn du die Logik verwendest um einen Wall zu bauen, der die Emotionen aus deinem Kopf halten soll, dann schließt du auch gleichzeitig alle Gedanken ein, die normalerweise in Emotionen umgesetzt würden und dich dann nicht mehr belasten. Du hast dir also selber in Bein gestellt, in dem du deine eigene Rechenleistung überschätzt hast. Dein logisches Denken musste sich erst auf die neue Belastung einstellen, aber seit dem es das geschafft hat, bewältigt es den allergrößten Teil deiner „emotionalen“ Gedanken recht gut.“ Wieder schwiegen beide. „ Es gibt aber etwas, das ich dir auch noch zeigen muss“, fing Arthemis wieder an. „ Guck dir mal den Schlüssel, mit dem du die Tür geöffnet hast, genauer an.“ Er holte den Schlüssel aus der Tasche und betrachtete ihn genau. Er wollte gerade sagen, dass er nichts besonderes sehen könne, als seine Finger eine kleine Unebenheit fanden. Einen Moment später fanden sie eine weitere Unebenheit, und dann noch eine und noch ein. Überrascht hob er den Schlüssel noch einmal auf Augenhöhe und ließ seine Augen über jeden Quadratmillimeter des Schlüssel gleiten. Es erschrak ihn, als er sah, dass die auf den ersten Blick so perfekte Oberfläche von unzähligen feinen Rissen und Brüchen durchzogen war. Es schien ihm so, als ob der Schlüssel jeden Moment in seinen Fingern zerbröseln könnte. „ Du hast das Problem erkannt“, meldete sich Arthemis wieder zu Wort. „Dieser Schlüssel und nur“, er betonte das „nur“  , „dieser Schlüssel öffnet die Tür zur Logik .Wenn er einmal zerbrochen ist, wird diese Tür für immer verschlossen bleiben und werde dir dann auch nicht mehr helfen können!“ Es lag zum ersten Mal etwas so etwas wie Angst oder Furcht in der Stimme von Arthemis. „Warum geht denn dieser Schlüssel überhaupt kaputt?“ wollte er wissen. Arthemis guckte als ob er einen schlechten Scherz gemacht hätte. „Du willst mir doch nicht wirklich sagen, dass du nicht weißt, warum dieser Schlüssel immer weiter zerbröselt?“ Er öffnete den Mund und wollte irgendetwas antworten, aber Arthemis schnitt ihm mit einer energischen Geste das Wort ab. „ Alles was du hier siehst besteht aus Energie, auch der Schlüssel. Diese Energie lieferst du, liefern deine neuen Gedanken, neue Informationen, neues Wissen. Wenn du keine neuen Gedanken mehr lieferst oder wenn du selber keine Energie mehr hast, verschlechtert sich auch der Zustand dieses Schlüssels. Wenn du dann auch noch das Vertrauen in die Logik verlierst, wird sich dieser Schlüssel in kurzer Zeit aufgelöst haben. Du musst etwas dagegen tun! Und jetzt komm mit und sprich mit den Emotionen.“ Arthemis ging ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen einfach auf die Tür. Er öffnete sie und deutete mit Nachdruck hinaus. Er dachte noch einen Moment über Arthemis Worte nach und ging dann auch zur Tür. Als er den Raum vor der Tür betrat, erwartete ihn auch schon die Rauchsäule, die irgendwie entspannter und lockerer aussah. Sie betonte auch weder ihn noch sich besonders, was wahrscheinlich daran lag, dass sie ihren ärger größtenteils vergessen hatte. „Du hast jetzt wahrscheinlich schon einiges von unserem Problem erfahren haben und da du immer noch da bist, denken wir, dass du auch uns zuhören wirst.“ Er wusste nicht was er sagen sollte und nickte einfach. „ Arthemis bleibt in seinem Raum. Wir können uns also unbeeinflusst von der Logik unterhalten.“ Er meinte eine unterschwellige Genugtuung in der Stimme zu hören. „ Dein Problem liegt eigentlich auf emotionaler Ebene und nicht auf der Ebene der Logik. Du hast die Tür zum Raum der Emotionen so zugemauert, dass wir sie nicht mehr öffnen können. Du bist die einzige Person, logischerweise, die das kann. Deshalb musst du dich anstrengen.“ Es herrschte einige Zeit schweigen zwischen ihm und der Rauchsäule. Dann redete sie weiter. „ Du hast es verlernt, von dir aus zu fühlen.“ Wieder stoppte sie einen kurzen Augenblick, als ob sie überlegen würde, wie sie ihre nächsten Sätze gestalten sollte, damit sie den ihn auch ansprechen. „ Du kannst dich nur noch über gute Leistungen, die von dir kommen, freuen. Aber da sie ziemlich selten sind, hast du schon fast vergessen, wie „Freude“ sich überhaupt anfühlt. Du fühlst dich zwar noch glücklich, wenn du Sport machst, aber auch diesen Endorphin Rausch bemühst du zu kontrollieren, damit du nicht übermütig wirst. Es fehlt einfach an positiven Emotionen in deinem Leben.“ Er wollte gerade anfangen sich zu verteidigen, da schnitt ihm die Rauchwolke auch schon wieder das Wort ab. „ Natürlich gibt es auch keine negativen Emotionen mehr, aber ist es das wirklich wert? Ist dir deine momentane emotionale Gleichgültigkeit gegenüber deinem Umfeld wirklich lieber als eine emotional Sicht, auch wenn sie verzerrt? Ich weiß, dass du viele Fehler unter dem Einfluss der Emotionen begangen hast, aber hat das nicht jeder?“ „Dieses Argument hat keinen Wert“, mischte er sich nun doch ein. „Außerdem bin ich nicht jeder! Meine Handlugen haben Folgen und ich möchte in der Lage sein für diese Folgen einstehen zu können. Es ist mir egal, ob das jeder macht oder nicht. Ich möchte ein klein wenig besser sein, als ich es eigentlich, damit die Welt auch ein klein wenig besser wird.“  „Du hast nicht ganz verstanden, was ich sagen wollte“, mischte sich die Rauchsäule wieder ein. „ Du kannst natürlich der Logik in deinen Entscheidungen immer den Vorrang geben, aber du musst das nicht so eng sehen. Wie willst du den auf Dauer mit anderen Menschen leben, wenn du gar nicht weißt, was sie fühlen, weil du es selber vergessen hast?“ Es herrschte ein kurzes schweigen, dann antwortete er. „ Ich weiß es auch nicht. Ich bemühe mich, das zu tun, was mir als logisch richtig erscheint und den Personen, die mir etwas bedeuten, auch zu zeigen, dass sie mir etwas bedeuten. Ich habe nur immer Angst, das ich falsch verstanden werde. Aber ich sehe das Problem auch eher darin, dass ich nicht mehr weiß, wofür ich eigentlich mich anstrenge, was meine wirklichen Ziele sind. Ich kann doch eh‘ nichts verändern, warum bemühe ich mich also?“ Die Rauchsäule schien zu grinsen. „ Wer für nichts kämpft, hat schon verloren! Dieser Spruch scheint dich auch emotional zu beeindrucken, sonst wüsste ich ihn nicht. Irgendwie scheinst du noch einen kleinen Zugang zu deinen Emotionen zu haben, weil du nur für etwas kämpfen kannst, wenn du dich auch dafür begeistert und du bist jetzt noch nicht aufgegeben hast. Such dir etwas, für das es sich zu kämpfen lohnt und lasse allen Emotionen, die dabei entstehen einfach ihren Lauf. Du wirst davon nicht sterben, aber vielleicht reicht das ja aus um die Mauer zu zerbrechen, die du so schön vor meine Tür gebaut hast.“ Er guckte die Rauchsäule etwas ungläubig an. Es war etwas Wahres an ihrer Aussage, aber es sperrte sich alles ihn ihm gegen die Idee, seine Emotionen einfach laufen zu lassen. Wie sollte er sie jemals wieder einfangen und hinter seiner Tat stehen können? Die Rauchsäule erkannte, was er dachte und verlor kräftig an Farbe. „Ich denke, Arthemis und ich haben dir alles gesagt. Jetzt hängt es nur noch von dir ab, ob du wieder glücklich wirst, oder ob du irgendwie anders leben musst. Du scheinst allerdings so starrköpfig zu sein, dass ich eher glaube, dass du über kurz oder lang auch noch die Kontrolle über deine Logik verlierst. Du bist im Moment nicht deprimiert oder emotional ausgelaugt, du bist emotional tot! Und tote Menschen leben eigentlich nicht mehr lange!“

Er wachte auf, weil der Wecker klingelte. Schlaftrunken tastete er nach dem nervenden Ding, fand es endlich und stellte ihn aus. Ihm fehlte, wie eigentlich jeden Morgen, ein Grund dafür aufzustehen und so blieb er liegen, bis sein rationaler Teil seines Gehirns anfing aktiv zu werden und Gründe fand, aufzustehen. Diese völlige Gleichgültigkeit gegenüber seiner Umwelt laugte ihn aus. Auf einmal erinnerte er sich an einen Satz, von dem er aber nicht mehr wusste, wo er ihn gehört hatte: „ Du bist nicht deprimiert oder emotional ausgelaugt, du bist emotional tot!“ Er hatte die dumpfe Vermutung, dass er diesen Satz in einem Traum gehört hatte, aber konnte sich nur daran erinnern, dass er etwas völlig unlogisches geträumt hatte. Seufzend stand er schließlich auf, um einen weiteren Tag zu beschließen, der zwar gestochen scharf und detailreich war, aber dem die Farben der Emotionen fehlten. Das konnte er wirklich nicht leben nennen!                          

Donnerstag, 15. Dezember 2011

Darf man foltern?


Bevor man theoretische Überlegungen darüber anstellt, ob Folter nun ethisch zu rechtfertigen ist oder nicht, sollte man sich der Tatsache bewusst werden, das Folter eine Maßnahme ist, die in Extremsituationen angewendet wird. Die Überlegungen werden sich also über die Grenzen der „Alltagsethik“ erstrecken müssen. Um das Problem der Folter zu verdeutlichen, stelle man sich einmal folgende Situation vor: Ein Mann hat ein Kind entführt und hält es an einer unbekannten Stelle versteckt. Er wird von der Polizei gefunden und verhaftet, aber von dem Kind fehlt jede Spur. Die Polizei geht davon aus, dass das Kind an einem Ort versteckt wurde, in dem es unter Umständen nur noch wenig Zeit zu leben hat, doch der Entführer weigert sich zu sagen, wo er das Kind versteckt hat. Der Polizei läuft die Zeit davon, doch sie hat keinerlei legale Druckmittel, die den Entführer dazu bringen könnten, das Versteck des Kindes sofort zu verraten. Für einige Menschen wäre diese Situation Grund genug um ihre eigentlich Folter-ablehnende Meinung zu ändern und zu sagen, das in dieser speziellen Situation die Anwendung der Folter erlaubt wäre. Sie würde wahrscheinlich damit argumentieren, dass ein Kind nicht einfach sterben  darf, nur weil der Entführer nicht verrät, wo es versteckt ist und das der mögliche Schaden am Entführer sehr stark begrenzt sein würde. Womöglich würde einige dieser Menschen ihre Argumentation noch auf die psychischen Folgen der Folter und der Entführung ausdehnen und sagen, dass das Kind wahrscheinlich einen fast irreparablen Schaden davongetragen hat, während der Entführer es eigentlich gar nicht anders verdient hat, als wenigstens anteilmäßig zu leiden. Bis hierhin mag diese Argumentation einigen Menschen vielleicht noch als schlüssig erscheinen, aber diese Menschen übersehen gerne die weiteren Folgen ihrer Denkweise. Nehmen wir für einen Augenblick mal an, dass die Folter in sämtlichen Fällen erlaubt wäre, in denen der intendierte Schaden wahrscheinlich durch den geretteten Wert wenigstens ausgeglichen wird. Damit hätte die Polizei/ der Staat ein Instrument in der Hand, dass es ihm erlauben würde jeden Menschen zu foltern, wenn er annimmt, dass er dadurch beispielsweise einen weiteren Mord, einen weiteren Banküberfall oder ähnliches verhindert. Das Problem an dieser Schlussfolgerung ist das Wort „annimmt“! Durch so ein Gesetz könnte es denkbar einfach passieren, das unschuldige Menschen gefoltert werden, weil man dachte, dass sie zu einer Terrorgruppe oder einer gefährlichen Bande gehören, die in Zukunft weitere Morde begehen könnten. Ein Mensch darf, rein logisch betrachtet, aber nur für ein Vergehen bestraft werden, dass er tatsächlich begangen hat, weil ansonsten der Willkür keine Grenzen mehr gesetzt wären. Wenn nun aber gefoltert werden darf, ohne dass man über jeden Zweifel erhaben weiß, dass die Folter einen großen Wert bringt, dann steht dies in eindeutigem Wiederspruch zu dieser Logik. Als logische Konsequenz könnte dann folgen, dass Menschen nicht mehr durch ziemlich eindeutige Beweislagen, sondern nur anhand von einigen, wenigen Indizien verhaftet und verurteilt werden können. Dies wäre ein ziemlich großer Schritt in Richtung einer Willkürgesellschaft. Oder man führt für die Folter die gleichen Richtlinien ein, die auch für eine gerechte und faire Rechtsprechung sorgen würden. Dann wäre die Folter einer Person in all den Fällen erlaubt, in denen sie garantiert einen höheren Nutzen als Schaden generiert. Das Problem an dieser schönen Formulierung ist die Realität! Selbst wenn man „garantiert“ mit „höchstwahrscheinlich“ austauscht, steht man immer noch vor zwei großen Problemen. Das erste ist die Definition von „höchstwahrscheinlich“. Eine mögliche Lösung wäre eine Anpassung der für diese Sicherheit nötigen Menge an Beweisen an die Definition von Sicherheit , die bei einer Gerichtsverhandlung ausreicht, um ein Urteil zu sprechen. Das zweite Problem gestalte sich allerdings als deutlich komplexer und geht auch direkt aus der Lösungsmöglichkeit für das erste Problem hervor. In den allermeisten Situationen, in denen die Folter nach dem oben beschriebenen Muster angewendet werden könnte, wird schlicht und ergreifend die Zeit fehlen, um die nötige Menge an Beweismaterial zu sichten. Zum anderen kann man sich fast niemals sicher sein, dass die Informationen, die man der gefolterten Person abgepresst hat, auch den verursachten Schaden aufwiegen. Wenn das Kind, um auf das Beispiel vom Anfang zurück zu kommen, schon gestorben ist, wäre die Folter des Entführers wertlos geblieben und hätte mehr Schaden als Nutzen verursacht. Wenn man von einer Terrorgruppe nur einen kleinen Fisch foltert, wird die Ausbeute an Informationen auch nicht ausreichen, um das Quälen von einem Menschen zu rechtfertigen. Die Frage nach der Nutzenberechnung lässt sich unter keinen Umständen zufriedenstellend klären! Dadurch wird automatisch die Folter unmoralisch, weil sie wahrscheinlich deutlich mehr Leid als Nutzen erzeugt! Dieses Argument wird die meisten Menschen wahrscheinlich nicht mehr beeindrucken, wenn man das obigen Beispiel folgendermaßen verändert: Durch abgehörte Telefongespräche ist der Geheimdienst einer Terrorgruppe auf die Spur gekommen, die einen großen Sprengsatz in einem Einkaufszentrum zünden möchte. Die Ermittler haben außerdem eine grobe Beschreibung einer Person die möglicherweise in das Terrornetz verwickelt ist und geben diese Person zur Fahndung aus. Es wird eine Person verhaftet, die gewisse Ähnlichkeiten mit der Beschreibung hat. Alles deutet darauf hin, dass der Anschlag in nächster Zeit stattfinden soll und der Verdächtige leugnet ab, überhaupt etwas mit dieser Terrorgruppe zu tun zu haben. Viele Menschen werden in dieser Situation lediglich den möglichen Schaden sehen und sagen, dass es gerechtfertigt wäre, einen Menschen zu foltern um sehr vielen unschuldigen das Leben zu retten. Als Begründung für diese Sichtweise könnte, neben dem obligatorischen „ er hat es nicht anders verdient“, gesagt werden, dass durch die Folter ein Mensch lediglich Schmerzen erleidet, während bei der Unterlassung der Folter viele Menschen sterben werden. Die Bewertung dieser Situation erfolgt also emotional. Es wird dabei aber leider übersehen, dass die Situation gar nicht so klar ist. Es könnte sein, dass der Verdächtige ein Terrorist ist, es kann aber auch sein, dass er ein unschuldiger Mensch ist, der von all dem gar nichts weiß. Es könnte auch sein, das der Verdächtige, selbst wenn er ein Terrorist ist, gar nichts von der Bombe weiß und auch in diesem Fall würde eine Person unnötigen Schaden davon tragen. Egal wie man die Situation auch betrachtet, es besteht immer eine ziemlich große Gefahr, dass der Schaden deutlich größer als der Nutzen ist. Man kann also festhalten, dass eine generelle Entscheidung über die moralische Vertretbarkeit nicht getroffen werden kann. Wie würde aber in einem klar definiertem Einzelfall, in dem einem alle Parameter bekannt sind, eine Entscheidung ausfallen? Dies kann ziemlich gut an dem etwas abgewandeltem Beispiel der Terrorgruppe erläutert werden. Der Zeitpunkt des Anschlages ist nun bekannt und es ist auch sehr wahrscheinlich dass es zu diesem Anschlag kommen wird. Außerdem weiß man, dass der Verdächtige ein Terrorist ist, der über Informationen verfügt, die garantiert dazu führen, den Anschlag zu verhindern. In genau diesem Fall, und nur in dieser speziellen Kombination mit absoluten Sicherheiten bezüglich der Folgen jeder Handlung, kann man sich für die Möglichkeit der Folter aussprechen. Es wäre in dieser Situation sogar gerechtfertigt, das Leben des Verdächtigen zu Opfern, wenn man damit den Anschlag verhindern könnte. ABER: Dies gilt nur, wenn man über jeden Zweifel erhaben weiß, dass die Folter mehr nutzt als schadet! Und diese Sicherheit kann im Alltag nicht erreicht werden! Das erste Beispiel, dass als erstes angeführt wurde, ist eine reale Geschichte gewesen und in der Realität hat ein Polizist dem Entführer Folter angedroht, wenn er nicht das Versteck des entführten Jungen verrät. Wie schon aufgezeigt, handelt der Polizist eigentlich unmoralisch. Wenn durch diese Androhung der Folter das Kind jedoch lebend gefunden worden wäre, hätte man den Polizisten jedoch für den Erfolg seiner Handlung loben müssen. Allerdings verstößt er eindeutig gegen moralische Gebote, weil seine Handlung unter keinen Umständen als Vorbild für andere dienen darf und ist somit zu verurteilen, weil der wahrscheinliche Nutzen weit vom wahrscheinlichen Schaden übertroffen wird. Man muss sich für diese Sicht von dem Gedanken trennen, dass eine Handlung entweder gut oder schlecht war. Eine Handlung kann sowohl gut als auch schlecht sein. Gut war die Absicht des Polizisten, weil er ein Leben, also einen Wert, retten wollte. Sie war aber schlecht, weil der Schaden, den der Polizist erzeugt hätte, also das Leiden eines Menschen, aufgrund der Tatsache, dass kein Leben mehr gerettet werden konnte, keinen Nutzen gebracht hätte. Auf gesellschaftlicher Ebene muss diese Handlung deshalb geächtet und bestraft werden.  Abschließend bleibt festzustellen, dass es zwar theoretische Situationen gibt, in denen man die Folter als moralisch vertretbares Mittel sehen kann, aber dass in der Realität Folter moralisch nicht zu rechtfertigen ist. Es mag einem vielleicht unangenehm vorkommen, dass einem Verbrecher genau das gleiche Recht auf körperliche Unversehrtheit zugesprochen wird, wie einem Menschen, der die Regeln der Moral befolgt. Aber bestimmte Rechte, inklusive dem auf körperliche Unversehrtheit,  folgen zwangsläufig aus dem hohen Wert des Lebens und sind somit logische Gesetzte, die nicht variiert werden können, ohne dass man unmoralisch handelt! Mir persönlich scheint es jedoch so, dass viele Menschen anscheinend denken, dass es in Ordnung ist, wenn man in vielen Fällen das Leben von Menschen zerstört, nur in der Hoffnung, also in der Ungewissheit, dass man damit anderes Leben rettet. Man kann dies auch höflicher beschreiben, aber der passendste Ausdruck für dieses Verhalten ist in meinen Augen: Barbarisch! In Grenzsituationen scheinen viele Menschen einfach zu vergessen, dass sie immer mit anderen Menschen, anderen Leben arbeiten und das dort auch die Gesetzte der Logik und nicht der Emotionen gelten!
Wenn jemand Menschen verletzt, sollte er sich immer im klaren darüber sein, dass er auch in diesem Moment die Menschheit verkörpert- Soll sie wirklich so schlecht darstehen?