In den letzten Tagen geisterte die Meldung, dass die Verbraucher für das
Jahr 2012 nun fast 17 Milliarden Euro für Strom aus erneuerbaren Energien
bezahlt haben, durch die Presse. Das entspricht zwar ziemlich exakt den 16,61
Milliarden, die die Bundesnetzagentur schon im Oktober 2011 für das Jahr 2012
prognostiziert haben, aber das muss der Leser schließlich nicht wissen. Die
Kommentare, die dann unter den Artikel standen waren natürlich weitestgehend
gegen die Einspeisung von „Öko-Strom“ in das Stromnetz. Gerne wurde dann noch
süffisant auf den Anstieg der EEG-Umlage von 3,5 Cent im Jahr 2012 auf 5,3 Cent
für das Jahr 2013 hingewiesen, meist mit der Schlussfolgerung, dass der Strom
in Deutschland in spätestens 10 Jahren nicht mehr zu bezahlen ist. Auf den
ersten Blick scheint dies der Fall zu sein, da die EEG-Umlage bis jetzt jedes
Jahr anstieg und der Ausbau der erneuerbaren Energien noch lange nicht beendet
ist. Wenn man sich aber ein wenig mit der Materie vertraut macht, sieht der
Sachverhalt auf einmal fundamental anders aus.
Der ziemlich heftige Anstieg der EEG-Umlage um ca. 45 % lässt zu einem sehr
großen Teil einfach darauf zurückführen, dass die Bundesregierung 2012 weitere
Ausnahmeregeln beschlossen hat, die bestimmte Betriebe weitestgehend von der Zahlung
der EEG-Umlage befreien. Die Unternehmen, die diese Umlage kaum noch zahlen
müssen, sogenannte „privilegierte Unternehmen“, haben 2012 ca. 18% des Stroms
verbraucht, aber nur 0,3% der EEG-Umlage getragen. Dieses krasse Missverhältnis
hat Deutschland im Juli 2012 auch ein Beihilfeverfahren der EU-Kommission
eingebracht, da diese hier eine eindeutige Wettbewerbsverzerrung sieht. Ein „privilegiertes
Unternehmen“ wird man einfach dadurch, dass man sehr viel Energie verbraucht. Anstatt
bei diesen Unternehmen einen Anreiz zur Senkung des Energieverbrauches zu
setzten, belohnt man sie sogar noch dafür, dass sie viel Energie verbrauchen.
Dies geschieht natürlich im Namen der „Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der
Deutschen Industrie“ und deshalb ist eine eventuelle Änderung dieser Regelungen
auch von vornherein indiskutabel. Das dank diesem Verfahren viele
Mittelständler, die auch viel Energie verbrauchen, aber nicht den Status eines „privilegierten
Unternehmen“ erreichen, durch die höheren Energiekosten benachteiligt werden,
ist anscheinend egal. Es scheint in diesem Fall eine eindeutige Klienten - Politik
zugunsten der Großunternehmen stattzufinden. Würden alle Stromabnehmer
gleichmäßig belastet, könnte die EEG-Umlage sogar auf ca. 3 ct/kWh abgesenkt
werden. Das ist deutlich weniger, als die letzten zwei Jahre bezahlt wurde. Die
Mär des teuren „Öko-Stroms“ wird also vor allem durch die vielen „privilegierten
Unternehmen“ erzeugt, die zwar von den gesunkenen Strompreisen profitieren,
aber dem Rest der Republik höhere Kosten hinterlassen.
Gesunkenen Strompreise? In den ersten drei Quartalen des Jahres 2012 lag
der Strompreis an der Leipziger Strombörse bei 4,3 Cent, im Vorjahreszeitraum
waren es aber noch 5,1 Cent. Würden die Stromversorger ihre gesunkenen
Einkaufskosten an die Stromabnehmer weitergeben, so würde der Strom ca. 2
ct/kWh weniger kosten. Anstatt einer geringen Stromrechnung mussten Privatverbraucher
aber seit 2008 ca. 20 % mehr für ihren Strom zahlen. Industriekunden konnten
sich in diesem Zeitraum hingegen über eine Senkung des Strompreises um 3 %
freuen. Strom wird durch die erneuerbaren Energien also nicht teurer, sondern
billiger; es profitieren aber dank vielen verschiedenen Regelungen fast nur
große Unternehmen davon. Wenn die Politik endlich vernünftige Anreize für die
Stromversorger, Netzbetreiber und Großunternehmen setzten würde, die
Energiewende zu unterstützen, wären wir
wahrscheinlich schon um einiges weiter. Aber solange es für die freie
Wirtschaft billiger ist, nichts zu ändern, wird sich auch nichts ändern. Und es
hat auch den Anschein, als ob viele Privatverbraucher in Deutschland nicht
großartig an einer Änderung der aktuellen Situation interessiert sind. Man
bekommt im Moment immer wieder den Eindruck, als ob viele Personen gerne
sämtliche Atomkraftwerke wieder ans Netz nehmen möchten und dafür alle
Windräder, Solaranlagen und das ganze andere „grüne Gewäsch“ wieder demontieren
wollen. Meist begründen sie dies mit den riesigen Kosten, die im Zuge der
Umstellung noch auf uns zukommen werden. Und in diesem Punkt stimme kann man
den Kritikern auch voll und ganz zustimmen.
Die Förderung der Energiewende wird Deutschland noch einige Milliarden
kosten, die, direkt oder indirekt, vom Steuerzahler finanziert werden müssen.
Lohnt sich das überhaupt? Wer gerne mit Zahlen spielt, kann die Kosten der
erneuerbaren Energien einmal mit den Kosten der Atomenergie, der angeblich
billigsten Energie, vergleichen. Das Ergebnis wird einen wahrscheinlich zum
Nachdenken anregen. Bis heute wurde die Atomenergie mit 204 Milliarden Euro
subventioniert. Bis zum Ausstieg werden wahrscheinlich weitere 100 Milliarden
dazukommen. Die Kosten der EEG-Umlage mit etwas mehr als 17 Milliarden in
diesem Jahr und einer insgesamt sinkenden Tendenz nehmen sich geradezu klein
dagegen aus. Eine Kilowattstunde Atomstrom wird vom Staat mit 4,3 ct/kWh subventioniert,
das ist deutlich mehr, als die EEG-Umlage bis 2012 und nur ein wenig weniger im
Vergleich zur EEG-Umlage 2013. In diesem Kosten sind die Kosten für die
Entsorgung des Atommülls, den hunderttausendjährigen Betrieb von Endlagern und
die unversicherbaren Risiken noch nicht mit einkalkuliert. Wenn man sich also
über teure Energie beschweren möchte, sollte man vielleicht bei der Atomenergie
anfangen. Danach kann man sich dann guten Gewissens auf den „Öko-Strom“
stürzen.
Es gibt einen Punkt in dieser gesamten Debatte, der mich persönlich immer
wieder sehr betroffen macht. Es wird über Kosten, wirtschaftliche Risiken und
die Notwendigkeit von „Öko-Strom“ gestritten, aber es redet niemand über die
langfristigen Aussichten. Auf lange Sicht werden Öl und Gas zu knapp sein, um
aus ihnen noch Strom produzieren zu können und Atomkraft ist aufgrund des viel
zu großen immanenten Sicherheitsrisikos auch nicht tragbar. In Zukunft werden
alle Staaten der Welt auf erneuerbare Energien umsteigen müssen, oder sie
lernen vollständig ohne Strom zu leben. Solange wir noch problemlos über Strom
aus fossilen Energieträgern verfügen, sollten wir die Chance nutzen, unser
System vollständig auf regenerative Energien umzustellen. Fangen wir damit erst
an, wenn das System zu kippen beginnt, werden wir mit großer Sicherheit diese
Herausforderung nicht mehr bestehen. Legen wir jetzt den Grundstein für eine
Energieversorgung aus regenerativen Energien, haben die nachfolgenden
Generationen immerhin eine Chance auch in Zukunft noch über Strom zu verfügen.
Aber da die Zukunft anscheinend keinen interessiert, bleibt es beim Bitten und
Bangen ob die Energiewende vollständig ablaufen wird. Solange wir jedoch von
fossilen Energieträgern abhängig sind, sind unsere Überlebenschancen in der
Zukunft Fall eher gering.
Erst kommt die Katastrophe, dann die Einsicht -
Zu spät!
Klasse Artikel.
AntwortenLöschenGenau meine Meinung.
Ich habe noch nie verstanden, WIESO diese zurückgebliebenen Energiegewinnungs-Methoden so viel besser sein sollen; sie verschmutzen die Umwelt und Klauen der Erde kostbare Ressourcen. Dass eine neue Entwicklung Geld kostet ist doch logisch, auch das bauen der ganzen Atomkraftwerke etc hat irgendwann mal viel Geld gekostet. Warum wird so viel in so unsinniges Zeug wie weltallforschung und Unterhaltungsmedien investiert - aber keiner sieht die Pflicht, dass etwas neues einfach erschaffen werden muss?! Bis die ganze Welt mit erneuerbaren Energien versorgt werden kann wird noch extrem viel Geld ausgegeben werden, ABER irgendwann ist die Bauphase vorbei und dann würden wir davon profitieren, weniger Umweltverschmutzung und eine ziemlich endlose Möglichkeit, Energie herzustellen sollten es doch Wert sein?! Wer von den vielen Leuten, die unbedingt Atomkraft wollen, wollen denn auch gerne neben einem unsicheren atomendlager wohnen, hm? Ich kenne jedenfalls keinen Freiwilligen.
Eine Schande, dass die riesigen Stromkonzerne so eine macht auf Regierung und Weiterentwicklung haben... Am Ende nützt es doch nur den aktuellen Chefs, die sich eine Goldene Nase verdienen wollen und deshalb alles aus dem weg Räumen, was ihrem stromgeschäft irgendwie gefährlich werden könnte. Traurig und armselig zu gleich...