Freitag, 21. Dezember 2012

Waffen zur Selbstverteidigung?



Schon kurz nachdem der Amoklauf in Amerika, in einer Grundschule in Newtown mit 28 Toten, von den Medien gemeldet wurde, ist wieder eine Grundsatzdiskussion über das Waffenrecht in Amerika losgebrochen. Es wurden die selben Argumente vorgebracht wie jedes Mal, wenn wieder jemand mit einer Feuerwaffe wahllos Menschen tötet. Dieses Mal aber scheint in die verkrusteten Fronten aber ein wenig Bewegung geraten zu sein, da Obama endlich angekündigt hat, tatsächlich etwas am Waffenrecht zu ändern. Dass das sehr liberale Waffenrecht in Amerika einer Revision bedarf, sollte nicht erst nach diesem Amoklauf klar sein, aber wahrscheinlich mussten wirklich erst Grundschulkinder sterben, bevor man sich darüber ernsthafte Gedanken machen konnte.

Das Recht auf Waffenbesitzt ist in der Amerika in der Verfassung festgeschrieben, beruht jedoch auf historischen Gegebenheiten und ist heutzutage deshalb eigentlich überholt. Dies liegt vor allem daran, dass im 18.Jahrhundert das Nachladen einer Waffe noch bis  zu zwei Minuten gedauert hat, während moderne Sturmgewehre heute 30 Schuss innerhalb einiger Sekunden abgeben können.

Es gibt in jeder Gesellschaft eine bestimmte Anzahl von Menschen, die aus verschiedensten Gründen heraus andere Menschen töten wollen. Je schwerer diese Menschen an Waffen herankommen, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie einen anderen Menschen töten.

Das Elegante an dieser Art der Argumentation ist, dass sie vollkommen unabhängig von Gründen für die Tat funktioniert. Sie stellt lediglich einen einfachen Mechanismus fest, der in jeder Situation wahr ist. Man kann sie auch nicht mit dem Argument der Selbstverteidigung aushebeln, da dieses Argument schon davon ausgeht, dass die potentiellen Täter einfachen Zugang zu Waffen haben. Abgesehen davon ist die Argumentation, das Schusswaffen unbedingt zur Selbstverteidigung benötigt werden, sowohl aus praktischer als auch aus theoretischer Sicht nicht zu verteidigen.

Die allermeisten Situationen, in denen man die Schusswaffe zur Selbstverteidigung nutzen könnte, entstehen plötzlich. Ein Amokläufer kündigt sich im Regelfall genauso wenig an wie ein Räuber. Steht jedoch plötzlich eine Person mit einer Schusswaffe, im schlechtesten Fall sogar mit einem Sturmgewehr vor einem, dann sind die Chancen, dies zu überleben, enorm gering. Während der Schütze nur einen Bruchteil einer Sekunde benötigt um den Abzug seiner Waffe zu betätigen und einen zu töten, braucht man selber deutlich länger um die eigenen Waffe zu ziehen, selbst wenn sie in einem Schulter-/Beinholster getragen wird, zu entsichern, zu zielen und zu schießen. Das Tragen einer Schusswaffe mag zwar eine beruhigende Wirkung auf einen haben, aber einen effektiven Schutz vor einem Überfall oder einem Amoklauf kann sie nicht bieten.

Von diesem praktischen Aspekt einmal abgesehen, ist das Recht, eine Schusswaffe zur Selbstverteidigung zu tragen, auch von theoretischer Seite höchst fraglich. Der NRA, die Schusswaffen zur Selbstverteidigung bewirbt, sieht damit eine Chancengleichheit zwischen „Täter“ und „Opfer“ hergestellt. Wäre so eine „Chancengleichheit“ aber nicht auch dann hergestellt, wenn nur noch Messer erlaubt wären? Wenn man wirklich Waffen zur Selbstverteidigung haben möchte, dann müssen dies zwangsläufig Nahkampfwaffen sein, da bei diesen der Überraschungseffekt meist nicht so heftig ausfällt wie bei Schusswaffen und man dementsprechend mehr Zeit hat zu reagieren. So hätte ein Amokläufer mit einem Messer das Überraschungsmoment vielleicht noch beim ersten Opfer auf seiner Seite, danach müsste er jedoch damit rechnen, dass alle weiteren Opfer ihre Messer schon gezogen haben und sich verteidigen könnten. Mit einer Schnellfeuerwaffe hingegen hätte er wahrscheinlich schon die Hälfte seiner Opfer getötet, bevor jemand reagiert hätte. Außerdem sind Messer so billig, dass es sich jeder leisten könnte, sich mit so einer „Selbstverteidigungswaffe“ ausstatten zu können. Bei Schusswaffen hingegen ist dies nicht der Fall. Sie sind sogar diskriminierend, da arme Personen sich vielleicht gerade mal eine Pistole leisten können, während reiche Personen sich Sturmgewehre mit einem erweiterten Magazin kaufen könnte. 

Wie man deutlich sieht, gibt es keine vernünftigen Gründe dafür, dass es für Privatpersonen ein Recht auf Schusswaffenbesitz geben sollte. Doch wird sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit in Amerika auch nach diesem Amoklauf nichts großes an den Waffengesetzen ändern. Vielleicht wird der Verkauf von Sturmgewehren eingeschränkt oder Halbautomatikwaffen verboten. Doch werden wir wahrscheinlich nicht allzu lange auf einen erneuten Amoklauf waren müssen. Wenn das System einmal wirklich krank ist, dauert es leider meistens sehr lange, bis es wieder gesundet. 

Es ist der Mensch, der den Abzug betätigt, doch die Kugel die tötet! 

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