Schon kurz nachdem der Amoklauf in Amerika, in einer Grundschule in Newtown
mit 28 Toten, von den Medien gemeldet wurde, ist wieder eine
Grundsatzdiskussion über das Waffenrecht in Amerika losgebrochen. Es wurden die
selben Argumente vorgebracht wie jedes Mal, wenn wieder jemand mit einer
Feuerwaffe wahllos Menschen tötet. Dieses Mal aber scheint in die verkrusteten
Fronten aber ein wenig Bewegung geraten zu sein, da Obama endlich angekündigt
hat, tatsächlich etwas am Waffenrecht zu ändern. Dass das sehr liberale
Waffenrecht in Amerika einer Revision bedarf, sollte nicht erst nach diesem
Amoklauf klar sein, aber wahrscheinlich mussten wirklich erst Grundschulkinder
sterben, bevor man sich darüber ernsthafte Gedanken machen konnte.
Das Recht auf Waffenbesitzt ist in
der Amerika in der Verfassung festgeschrieben, beruht jedoch auf historischen
Gegebenheiten und ist heutzutage deshalb eigentlich überholt. Dies liegt vor
allem daran, dass im 18.Jahrhundert das Nachladen einer Waffe noch bis zu zwei Minuten gedauert hat, während moderne
Sturmgewehre heute 30 Schuss innerhalb einiger Sekunden abgeben können.
Es gibt in jeder Gesellschaft eine
bestimmte Anzahl von Menschen, die aus verschiedensten Gründen heraus andere
Menschen töten wollen. Je schwerer diese Menschen an Waffen herankommen, desto
geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie einen anderen Menschen töten.
Das Elegante an dieser Art der Argumentation ist, dass sie vollkommen
unabhängig von Gründen für die Tat funktioniert. Sie stellt lediglich einen
einfachen Mechanismus fest, der in jeder Situation wahr ist. Man kann sie auch
nicht mit dem Argument der Selbstverteidigung aushebeln, da dieses Argument
schon davon ausgeht, dass die potentiellen Täter einfachen Zugang zu Waffen
haben. Abgesehen davon ist die Argumentation, das Schusswaffen unbedingt zur
Selbstverteidigung benötigt werden, sowohl aus praktischer als auch aus
theoretischer Sicht nicht zu verteidigen.
Die allermeisten Situationen, in denen man die Schusswaffe zur Selbstverteidigung
nutzen könnte, entstehen plötzlich. Ein Amokläufer kündigt sich im Regelfall
genauso wenig an wie ein Räuber. Steht jedoch plötzlich eine Person mit einer
Schusswaffe, im schlechtesten Fall sogar mit einem Sturmgewehr vor einem, dann
sind die Chancen, dies zu überleben, enorm gering. Während der Schütze nur
einen Bruchteil einer Sekunde benötigt um den Abzug seiner Waffe zu betätigen
und einen zu töten, braucht man selber deutlich länger um die eigenen Waffe zu
ziehen, selbst wenn sie in einem Schulter-/Beinholster getragen wird, zu
entsichern, zu zielen und zu schießen. Das Tragen einer Schusswaffe mag zwar
eine beruhigende Wirkung auf einen haben, aber einen effektiven Schutz vor
einem Überfall oder einem Amoklauf kann sie nicht bieten.
Von diesem praktischen Aspekt einmal abgesehen, ist das Recht, eine
Schusswaffe zur Selbstverteidigung zu tragen, auch von theoretischer Seite
höchst fraglich. Der NRA, die Schusswaffen zur Selbstverteidigung bewirbt,
sieht damit eine Chancengleichheit zwischen „Täter“ und „Opfer“ hergestellt. Wäre
so eine „Chancengleichheit“ aber nicht auch dann hergestellt, wenn nur noch
Messer erlaubt wären? Wenn man wirklich Waffen zur Selbstverteidigung haben
möchte, dann müssen dies zwangsläufig Nahkampfwaffen sein, da bei diesen der
Überraschungseffekt meist nicht so heftig ausfällt wie bei Schusswaffen und man
dementsprechend mehr Zeit hat zu reagieren. So hätte ein Amokläufer mit einem
Messer das Überraschungsmoment vielleicht noch beim ersten Opfer auf seiner
Seite, danach müsste er jedoch damit rechnen, dass alle weiteren Opfer ihre
Messer schon gezogen haben und sich verteidigen könnten. Mit einer Schnellfeuerwaffe
hingegen hätte er wahrscheinlich schon die Hälfte seiner Opfer getötet, bevor
jemand reagiert hätte. Außerdem sind Messer so billig, dass es sich jeder
leisten könnte, sich mit so einer „Selbstverteidigungswaffe“ ausstatten zu
können. Bei Schusswaffen hingegen ist dies nicht der Fall. Sie sind sogar
diskriminierend, da arme Personen sich vielleicht gerade mal eine Pistole
leisten können, während reiche Personen sich Sturmgewehre mit einem erweiterten
Magazin kaufen könnte.
Wie man deutlich sieht, gibt es keine vernünftigen
Gründe dafür, dass es für Privatpersonen ein Recht auf Schusswaffenbesitz geben
sollte. Doch wird sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit in Amerika auch nach
diesem Amoklauf nichts großes an den Waffengesetzen ändern. Vielleicht wird der
Verkauf von Sturmgewehren eingeschränkt oder Halbautomatikwaffen verboten. Doch
werden wir wahrscheinlich nicht allzu lange auf einen erneuten Amoklauf waren
müssen. Wenn das System einmal wirklich krank ist, dauert es leider meistens
sehr lange, bis es wieder gesundet.
Es ist der Mensch, der den Abzug betätigt, doch die Kugel die tötet!
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