Sonntag, 30. Dezember 2012

Die Parabel des Lebens



Wenn man über den „König der Löwen“ spricht, kommt man eigentlich nicht an der fast schon epischen Anfangssequenz vorbei, die von dem Lied „Der ewige Kreis“ unterlegt wird. Schon die ersten paar Takte dieses Liedes ( natürlich mit dem unnachahmbaren Schrei von von Rafiki, dem Affen, eingeleitet! ) erzeugen bei mir immer wieder schöne Erinnerungen an meine frühe Kindheit. Ich würde sogar fast behaupten, dass unsere Generation mit „König der Löwen“ groß geworden ist. Man hat die Lieder im Chor gesungen, die Bücher gelesen, das Stück im Freilichttheater, oder, wenn man ganz viel Glück hatte, als Musical gesehen; kurz: Es ist fast ein Teil von einem geworden. Und dann, nachdem man Jahrelang nicht über das nachgedacht hat, was man da eigentlich mitsingt, kommt das „böse“ erwachen. Denn in dem Text des Liedes stecken zwei schwere naturwissenschaftliche Fehler:
Und im ewigen Kreis
Dreht sich unser Leben
Dem Gesetz der Natur
Sind wir geweiht
Wir sind alle Teil
Dieses Universums
Und das Leben
Ein ewiger Kreis

Der Text des Liedes suggeriert, dass es einen ewigen Kreislauf des Lebens in unserem Leben gibt. So schön dieses Bild eines „ewigen Kreises“ auch sein mag, so ist des dennoch falsch. Ein Kreis hat, streng genommen, schon gar keinen Anfangs-, und Endpunkt. Das Leben hingegen hat sehr wohl einen Anfangspunkt und auch immer einen Endpunkt. Zwar kann man sich darüber streiten, ab wann ein Leben beginnt und ab wann ein Mensch wirklich tot ist, aber Fakt ist, dass ein Leben über mindestens diese beiden Stationen läuft. Wenn das Bild eines Kreises zutreffend wäre, müsste das Leben nach dem Tod dann eigentlich überganslos in eine weitere Phase eintreten, die dann wieder in einer neuen Geburt mündet, in der das ursprüngliche Wesen wiedergeboren wird. Ein deutlich besseres Bild wäre dass einer Normalparabel, da diese über einen klar definierten Anfangs-, und Endpunkt verfügt. Zwar passt das mit der Symmetrie nicht ganz, aber darüber könnte man notfalls noch hinwegsehen.  Einen zweiten „Fehler“ begeht das Lied darin, dass es das Adjektiv „ewig“ benutzt. Denn da die Entropie im gesamten Universum immer weiter zunimmt, kann es keinen Kreislauf geben, der ewig ist, da irgendwann die Energie dafür zu gleichmäßig verteilt ist. Aus dem naturwissenschaftlichen Blickwinkel betrachtet, ist das Lied also eigentlich nicht wirklich gut.

Es mag vollkommen schwachsinnig sein, sich darüber Gedanken zu machen, ob ein Liedtext jetzt sinnvoll ist oder nicht. Lieder sind Kunst und müssen daher weder philosophischen noch naturwissenschaftlichen Kriterien entsprechen. So ist diese „Kritik“ an dem Lied „ Der ewige Kreis“ natürlich auch nicht ernst zu nehmen. Ich fand es jedoch persönlich ziemlich interessant, mir einmal Gedanken über diesen Liedtext zu machen, da ich dadurch auf das Bild der „Parabel des Lebens“ gekommen bin. Es ist vielleicht etwas unkonventionell, sich das Leben als Parabel vorzustellen, aber ich finde dass dieses Bild das Leben sehr gut auf den Punkt bringt. Es zeigt nämlich nicht nur, dass es neben dem Anfang ein Ende gibt, auf das man unausweichlich zulebt, sondern auch, dass es einen Höhepunkt in der körperlichen und geistigen Entwicklung gibt. Und, dass es nach diesem Höhepunkt gnadenlos bergab geht, man also ab einem gewissen Zeitpunkt mit seinen Kräften haushalten muss. Dieses Bild ist zwar nicht unbedingt sehr angenehm, aber immerhin halbwegs realitätsnah.

Es zeigt sich also, dass auch, wenn nicht sogar gerade, Musicals einen philosophisch etwas weiter bringen können. Und trotz aller Gedankengänge, die man sich über diesen Liedtext noch machen könnte, höre ich dieses Lied immer wieder gerne. Einfach nur, weil es mich an schöne Zeiten erinnert!

 Und im ewigen Kreis
Dreht sich unser Leben

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