Sonntag, 15. Juli 2012

Erkenne dich selbst!?


Die Wahl in NRW und der darauf folgende Rauswurf von Röttgen; die Entwicklung des Konfliktes innerhalb von Syrien und das seit langem belastete Verhältnis zur Türkei, dass unter Umständen zu einem Krieg führen kann; der Bericht über das langsame Zusammenbrechen von Ökosystemen, der vor gut einem Monat veröffentlich wurde; die Entwicklung innerhalb der Eurozone und die Reaktion der USA auf diese Entwicklung …

Es gibt eine unglaubliche Vielzahl an Themen, die einen interessieren, zu denen man es unter Umständen sogar schafft eine Menge an Informationen aus verschiedenen Quellen zu bekommen und so wenigstens ansatzweise versteht, was dort passiert. Aber in den meisten Fällen reicht die Zeit dann nicht mehr aus, um aus den Informationen, die man zusammengetragen hat, einen Text zu schreiben. Dabei ist dieser Text enorm wichtig für den Prozess einer Meinungsbildung, da er dazu beiträgt, die eigenen Gedanken zu ordnen, sie in einer argumentativen Kette zu sehen und diese Kette dann auf Konsistenz prüfen zu können. Wenn die Gedanken zu einem bestimmten Thema einmal in Textform gebracht sind, schwirren sie nicht mehr im Kopf herum, sondern lagern sich (hoffentlich)  irgendwo geordnet ab und stehen bei Bedarf wieder zur Verfügung. Sie belasten einen nicht mehr im Alltag und sie liegen in einer logischen Kette aus Argumenten oder Schlussfolgerungen vor, sodass man sich in Diskussionen nicht so schnell lächerlich machen kann, weil man etwas vollkommen schwachsinniges behauptet. Leider reicht die Zeit nur selten aus, um seine Gedanken so sauber zu ordnen. Deshalb werden nur einige, wenige Themen, die ein besonderes Interesse erregt haben, überhaupt in dieser Form wiedergegeben. Nachdem die Gedanken dann auf dem Papier stehen, kann man sie immer wieder nachlesen und häufig auch eine Veränderung des eigenen Denkens im Laufe der Zeit feststellen. Dann gilt es, die Gründe und die Richtung der Veränderung zu überprüfen und zu überlegen, warum man nun eine andere Meinung oder eine andere Sichtweise zu diesem Thema hat. Diese Selbstreflektion ist für enormer Wichtigkeit für saubere Argumentationen, da sie einem immer wieder vor Auge führt, welche der vielen Einflüsse, der man ausgesetzt ist, man wirklich unterliegt. Man kann sagen, dass dies viel zu viel Arbeit für eine „normale“ Person ist und dass man auch zu sensiblen Themen, wie Religion, Abtreibung oder Politik, seine Meinung einfach so vertreten kann, wie sie einem gerade in den Sinn kommt. Tatsächlich kann man es so machen. Aber die Erfahrung zeigt, dass man sich so recht schnell ziemlich ins Abseits reden kann, vor allem, wenn der Gesprächspartner anderer Meinung ist. Wenn man dann mit Selbstwiedersprüchen oder unreifen Gedankengängen argumentiert kann es relativ schnell dazu kommen, dass man nicht mehr ernst genommen wird oder sogar dem Spott der anderen Personen ausgesetzt wird. Wahrscheinlich gilt dies nicht so stark unter Jugendlichen, da unter ihnen meist ganz andere Dinge wichtig sind, als schlüssige Argumentationsketten oder sinnvolle Gedankengänge. Aber im Berufsleben oder mit           ( häufig älteren) Erwachsenen sind gut formulierte Gedanken immer sehr wichtig, um als gleichwertiger Gesprächspartner anerkannt zu werden; vor allem, wenn man selber noch deutlich jünger ist.
Generell ist ein „aufgeräumter“ Kopf sehr wichtig und sollte unter keinen Umständen vernachlässigt werden. Dies gilt natürlich für alle Bereiche des Lebens, von der Haushaltsführung bis hin zur Diskussion mit anderen Menschen, aber vor in Diskussionen mit andern wird schnell deutlich, wer seine Gedanken geordnet hat. Wenn die Gedanken bei den Diskussionsteilnehmern schon geordnet und formuliert vorliegen, dann kommt es häufig zu einem sehr fruchtbaren Gedankenaustausch, da Meinungen vorhanden sind, die man gegeneinander stellen und überprüfen kann. Die Fähigkeit oder die Lust, seine Meinungen zu reflektieren, scheint jedoch immer mehr verloren zu gehen. Um seine Gedanken zu ordnen, benötigt man ab und an am Tag Phasen, in denen man keinem Informationsstrom mehr ausgesetzt ist, und sich auf bestimmte Gedanken zu speziellen Themen konzentrieren kann. Diese Phasen gibt es jedoch bei einer zunehmenden Anzahl von Jugendlichen und Erwachsenen in immer geringerer Menge. Anstatt einfach mal fünf Minuten über etwas nachzudenken, wird das Smartphone aus der Tasche geholt und bei Facebook geguckt, der Stöpsel ins Ohr gesteckt und Musik gehört, oder SMS mit Freunden geschrieben. Natürlich soll man sozial vernetzt bleiben und es wird einem auch nicht schaden, wenn man gerne und häufig Musik hört, aber die Menge macht das Gift. Den ganzen Tag mit neuem Input konfrontiert zu werden nimmt einem die Möglichkeit zur Selbstreflektion und schränkt damit auch ein wenig die Diskussionsfähigkeit vieler Menschen ein. Das aufschreiben, oder wenigstens festhalten, von Gedanken zur anschließenden Reflektion ist sehr wichtig für eine funktionsfähige Diskussionskultur und für eine sinnvolle Meinungsbildung. Dies sind Dinge, die unter keinen Umständen vernachlässigt werden dürfen und die zu einer funktionierenden Gesellschaft dazugehören. Vielleicht kommen die Menschen mit der Zeit wieder darauf, dass es manchmal notwendig ist, Zeit in die eigenen Gedanken zu investieren. Nicht nur, um besser Diskutieren zu können, sondern auch, um neue Möglichkeiten für alte Probleme zu finden. Selbstreflektion ist die einfachste Methode zur Fehlervermeidung und Problemlösung, allerdings auch eine etwas Zeitaufwändige. Sie ist die Zeit allerdings auch Wert! 

Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung

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