Dienstag, 24. April 2012

Demonstrieren - Nein Danke ?!


Das Leben in einem freiheitlichen, demokratischen Staat bringt eine Menge an Erleichterungen und Annehmlichkeiten, die einem häufig noch nicht einmal direkt auffallen. Zu nennen wäre das Versammlungsrecht, Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, das Recht auf körperliche Unversehrtheit und das Recht zu demonstrieren. Demonstrationen sind ein sehr wichtiger Bestandteil einer jeden Demokratie, weil auf ihnen eine bestimmte Gruppe ihre Meinung so deutlich artikulieren kann, dass sie auch von den Politikern wahrgenommen wird. Dadurch kann sie kann hervorragend auf bestimmte Missstände aufmerksam machen oder sie kann sich über einen Politiker beschweren. Demonstrationen sind wahrscheinlich auch die einzige Möglichkeit für eine nicht politisch organisierte Gruppe, um eine große mediale Aufmerksamkeit zu bekommen. Das wichtigste an Demonstrationen ist aber, dass sie zur Meinungsbildung im Volk beitragen und einen direkten Einfluss auf die Politik ausüben wollen. Sie sind in gewisser Weise also eine Form der direkten Demokratie. Man sollte also davon ausgehen, dass in jedem demokratischen Staat Demonstrationen erlaubt sind. In Spanien sieht man dies im Moment anscheinend jedoch etwas anders.

Wer 2013 in Spanien an einer Demonstration teilnimmt, kann mit einer Mindesthaftstrafe von zwei Jahren rechnen. Dazu kommt es, weil ab dann der Straftatbestand des Vandalismus mit dem des Terrorismus gleichgestellt wird. Natürlich kann man hier direkt den Einwand erheben, dass Vandalismus schließlich nichts mit einer friedlichen Demonstration zu tun hat, aber die spanische Regierung hat noch ein paar andere Ideen auf Lager. Und abgesehen von diesen Ideen wird man auch noch sehen, wie „Vandalismus“  und „Terrorismus“ ausgelegt wird. Die Gesetzesnovelle sieht außerdem vor, dass man als Mitglied einer kriminellen Organisation mit Haftstrafen von über zwei Jahren belangt werden kann. Dieses Strafmaß wäre vollkommen verständlich, wenn damit Schmugglerbanden oder Drogenkartelle gemeint wären. Mitglied einer kriminellen Organisation ist aber per Definition auch jeder, der über das Internet oder soziale Netzwerke zu einer Störung der öffentlichen Ordnung, sprich Demonstration oder Streik, aufruft. Und ebenso einfach wird man  jemanden, der an einer Demonstration teilnimmt als „Vandale“ oder sogar „Terrorist“ einstufen können, da der Aufruf ja von einem „kriminellen“ geschrieben wurde. Wer also in Zukunft von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch machen will, sollte sich überlegen, ob ihm seine Rechte und seine Meinung auch eine Gefängnisstrafe wert sind.

 Als ich dies gelesen hatte, dachte ich, dass es sich bei dieser Gesetzesreform um eine Idee einer Oppositionspartei handelte, aber diese Reform wurde von der Regierung in Angriff genommen und soll 2013 wirklich umgesetzt werde. Und der Ausspruch von dem Innenminister der Autonomieregierung Kataloniens ,Felip Puig, klingt auch nicht wirklich demokratisch : „ Wir brauchen ein System, was Demonstranten Angst macht!“ Solche Sprüche wurden vielleicht in der DDR geäußert, aber in einem demokratischen System sind sie eindeutig fehlplatziert.
Jede demokratische Regierung ist von Volk gewählt und dementsprechend auch dem Volk verpflichtet, da es ihm seine Macht verdankt. Aus dieser Verpflichtung resultiert automatisch, dass die Regierung dafür sorge trägt, dass die Grundrechte eines Individuums und des gesamten Volkes gewährleistet werden, da diese Rechte den Grundstein einer jeden Demokratie bilden. Wenn eine Regierung nun versucht, diese Grundrechte einzuschränken, dann handelt sie damit nicht im Auftrag des Volkes und verliert damit ihre Legitimation. Da eine demokratische Regierung aber seine Legitimation nur über das Volk und nicht aus Waffengewalt bezieht, bedeutet der Verlust dieser Legitimation eigentlich, dass die Regierung abgesetzt werden müsste. Noch ist es nicht soweit, aber wenn diese Gesetzesreform wirklich in Kraft tritt, könnte es so weit kommen! Abgesehen von dem spanischen Volk müsste außerdem jeder ausländische Vertreter einer demokratischen Regierung Einspruch gegen diese Gesetze erhoben haben. Und wenn schon nicht gegen die Gesetze, dann doch wenigstens gegen den Satz von Felip Puig. Natürlich ist es rechtens, so einen Satz von sich zu geben, da er durch das Recht auf freie Meinungsäußerung  gedeckt ist, aber wenn eine Person in Regierungsverantwortlichkeit so etwas sagt, ist dies etwas anders zu werten. Eine beliebige Person kann dies sagen, da sie keine Mittel hat, seine Meinung in die Tat umzusetzen. Ein Politiker jedoch besitz die Mittel, die man benötigt, um die Grundrechte der Menschen einzuschränken und da dies unverhältnismäßig geschieht, ist dies etwas, was man nicht dulden kann. Außerdem sind die Grundrechte der Demokratie die entscheidenden Errungenschaften der westlichen Zivilisationen in den letzen drei Jahrhunderten.  Diese Errungenschaften haben sich aus guten und vor allem logischen Gründen durchgesetzt und haben Europa aus dem Feudalsystem befreit. Eine Einschränkung dieser Rechte wäre gleichbedeutend mit einem zivilisatorischen Rückschritt! Eine Demokratie lebt von verschiedenen Meinungen und wenn man diese nicht mehr ertragen kann, dann muss man sie entweder ignorieren oder sich fragen, warum diese Menschen dauernd Demonstrieren.

Genau dies ist der Punkt, der wahrscheinlich nicht wirklich bedacht wird von den verantwortlichen Politikern. Wenn man sich die schiere Größe und Macht der Demonstrationen in Spanien anguckt, dann wird einem leicht verständlich, warum die machthabenden Politiker nicht so gut auf sie zu sprechen sind. Der letzte Generalstreik vom 29.3.2012 legte in einigen Gebieten fast den gesamten Personennahverkehr lahm, legte viele Fabriken still und störte den Flugverkehr im Inland wie außerhalb von Spanien erheblich. Außerdem gab es bei den Demonstrationen wieder Ausschreitungen im größeren Maßstab und es wurden sogar Autos angezündet. Es ist also im großen und ganzen dazu gekommen, wozu es bei so großen Demonstrationen kommen muss: Größtenteils friedlicher Protest gegen die Sparpläne der Regierung und gewalttätige Ausschreitungen einer Minderheit von Demonstranten. Damit ist bei jeder Demonstration zu rechnen und je größer die Demonstrationen werden, desto größer werden die Ausschreitungen, die sie begleiten. Da der größte Teil der Demonstranten jedoch friedlich war, kann man nicht einfach jeden Demonstranten als Terrorist darstellen, wie es die Gesetzesreform vorsieht, sondern muss genau zwischen Randalieren und friedlichen Personen trennen. Man kann sich die Arbeit aber auch stark vereinfachen, wenn man anfängt, dem Volk den Sinn hinter den Sparplänen zu erklären. Genau dies wurde in Irland und Italien gemacht, dies hat England nach den heftigen Ausschreitungen relativ schnell wieder Ruhe beschert und ist außerdem das einzig logische, was man in so einer Situation als Regierung machen sollte. Anstatt demokratische Grundrecht aufzuheben und somit seine Legitimation zu verlieren, kann man auch anfangen, seinen Wählern den Sinn hinter den Sparplänen zu erklären. Man könnte darauf hinweisen, dass Spanien bald keine Sozialleistungen mehr zahlen kann, wenn es nicht irgendwoher Geld bekommt. Man könnte darauf hinweisen, dass der Rest von Europa nicht mehr dazu in der Lage sein könnte, Spanien zu retten. Man könnte auch darauf hinweisen, dass Spanien, eine ehemalige Weltmacht, ohne Sparpläne bald vollkommen abhängig von der EU sein wird. Man könnte die Sparpläne zur Diskussion stellen und um Ergänzungen oder Verbesserungen bitten. Man könnte …
Es gibt so viel, was man als Politiker vorbeugend unternehmen kann, um Demonstrationen zu verhindern. Und keiner von diesen Punkten hat etwas mit Beschneidung der Rechte der Bürger zu tun. Vielmehr würde der Bürger dadurch weitere Mitsprache an der Regierung erhalten, an einer Regierung, die eigentlich vollkommen von ihm abhängig ist. Es wäre nur fair, solche drastischen Einschnitte, wie sie die Sparpläne der Regierung teilweise vorsehen, gemeinsam mit dem Volk zu entscheiden und darüber so aufzuklären, dass jeder Bürger versteht, worum es wirklich geht. Dieser Weg wäre der Weg einer echten, ehrlichen Demokratie. Aber die Personen, die im Moment in Spanien an der Regierung sind, sind anscheinend nicht wirklich an einer Demokratie interessiert. Es ist für mich unverständlich, dass eine Regierung so starke Einschnitte in die Freiheit seines Volkes planen kann, ohne dafür von anderen demokratischen Regierungen öffentlich gerügt zu werden. Die Grundrechte eines jeden Menschen, sein Recht auf freie Meinungsäußerung, auf Versammlungsfreiheit, auf Glaubensfreiheit dürfen von keiner Regierung unter keinen Umständen eingeschränkt werden. Wenn das Volk zu unbequem wird, dann sollte man vielleicht eher anfangen, sich Gedanken über die eigene Politik zu machen, als einfach das Volk zu entmündigen. Es gibt noch genug Diktaturen auf dieser Welt, da muss jetzt nicht auch noch die spanische Regierung anfangen, Züge einer Diktatur anzunehmen. Unabhängig davon, ob und wie die Gesetzesreform 2013 umgesetzt wird, sicher ist schon, dass die Regierung, zumindest die Personen, die diese Reform unterstützen, jegliche demokratische Legitimation verloren haben. Und solche Personen gehören meiner Meinung nach nicht mehr in die Regierung!

Alle macht geht vom Volk aus- 
Wehe dem, der diese Macht zu spüren bekommt!

2 Kommentare:

  1. Dass Spaniens Regierung Demonstrationen unterbinden will, zeigt, wie sehr sie deren Einfluss fürchten. Sie wollen den Unmut der Bürger nicht sehen, den sie eigentlich schon erahnen.Er ist auch eine logische Konsequenz der Sparpolitik, aber kaum zu vermeiden.

    Gleichzeitig verstehe ich auch die Bürger, denen man das Geld und diverse Leistungen kürzt. Sie wollen der Ohnmacht, nur passiv zu sein, entfliehen. Wahlen als direktes Mitwirken an der Politik finden nur selten statt und zudem kann man nur innerhalb der vorgegebenen Grenzen (Kandidaten) etwas entscheiden. Durch Demonstrationen erhält man Medienaufmerksamkeit und kann vielleicht deren Macht auf seine Seite ziehen.
    Friedliche, geordnete Demonstrationen erhielten vielleicht zu wenig Beachtung und so wurden die Handlungen aggressiver. Die Reaktion der Regierung ist meiner Ansicht nach falsch . Ich stimme zu, dass sie gegen jegliche Grundsätze der Demokratie verstößt und die Regierung sich somit selbst die Legitimation nimmt.

    Und was sollen Spaniens Bürger nach dem Demonstrationsverbot machen, um ihren Unmut zu zeigen? Stapel von Beschwerdebriefen und Unmengen von Petitionen und Plebisziten organisieren?

    Ich hoffe, dass diese Gesetzesänderung sich nicht durchsetzen kann oder von der EU ein Veto dagegen eingelegt wird. Andernfalls wird es erst recht Demonstrationen geben.

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  2. Vielen Dank fürs taggen, aber ich denke ich werde so schnell nicht mitmachen. Ich hoffe du verstehst, dass ich momentan keinen Nerv dazu habe. Da würde nichts Interessantes oder Gutes bei raus kommen, aber vielleicht werde ich es irgendwann doch noch machen.
    Und nochmal danke für deine lieben Kommentare die du mir immer wieder schreibst. Sie bedeuten mir wirklich viel. :)

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