Soziologisch betrachtet sind Schulen, vor allem weiterführende Schulen, wahrscheinlich extrem interessant. In jeder Schule kommt eine einzigartige Mischung von Schülern aus völlig verschiedenen Altersgruppen, mit völlig verschiedenen Interessen, mit völlig unterschiedlichem Charakter und vielen weiteren, vollkommen variablen Merkmalen zusammen. Diese Schüler werden, teilweise gegen ihren Willen, mit vielen anderen, teilweise mehr als 1000 anderen, Schülern in ein System eingebunden, in dem sie sich kaum wirklich aus dem Weg gehen können. Wenn man sich diesen Pool an Menschen, viel wichtiger, an Personen, auf einer rein logischen Ebene nähert kann man sein Glück eigentliche kaum fassen. Diese vielen verschiedenen Persönlichkeiten sind zum einen ein hochinteressante Gruppe, die man analysieren kann. Man kann so viel aus den vielen verschiedenen Personen herauslesen! Zum anderen ist es aber auch persönlich relativ praktisch, weil unter einer großen Masse an Menschen immer auch interessante Personen zu finden sind. Personen mit Fähigkeiten, die man gebrauchen kann oder die einem das Leben einfach durch ihre kreative, verrückte oder nachdenkliche Art „verschönern“. Aber es gibt neben diesen positiven Aspekten einer großen Gruppe noch einen negativen Aspekt, der sehr wichtig ist. Normalerweise werden nämlich nicht alle Personen innerhalb von diesem System miteinander interagieren, sonder es werden sich Gruppen herausbilden. Und eine Konsequenz aus dieser Gruppenbildung ist die meist bewusste Ausgrenzung von Menschen, die nicht in diese Gruppen passen.
Jedem, der einmal etwas genauer darauf geachtet hat, wie Mannschaften gewählt werden, wie Projektgruppen entstehen oder Gruppen für eine Gruppenarbeit zusammenfinden, wird festgestellt haben, dass es eine bestimmte Gruppe von Schülern gibt, die immer wieder ausgeschlossen werden. Und in den allermeisten Fällen wird man recht schnell sehen, warum diese Schüler ausgegrenzt werden. Der wichtigste Punkt wird das Aussehen sein. Häufig bleiben die zu dicken oder sehr dünnen Schüler übrig. Meistens werden auch die Menschen mit auffällig vielen Piercings oder einem „anderen“ Kleidungsstiel nicht gerne in Gruppen aufgenommen. Neben dem Aussehen spielt auch noch die sonstige soziale Integration der Menschen eine Rolle. Sind sie auf keiner Party zu sehen, trinken und rauchen nicht, haben „andere“ Interessen wie Philosophie, Biologie oder Politik oder waren schon einmal in einer Psychiatrie werden auch sie schnell ausgegrenzt. Es heißt ja, dass Kinder oder Schüler grausam sein können. Dem würde ich zustimmen! Ich würde aber auch noch hinzufügen, dass sie außerdem extrem dumm sein können! Um diese etwas provokative Behauptung verständlich zu machen, führe ich einfach mal ein paar Beispiele an: Ein Junge wird nicht in ein Kunstprojekt eingebunden, weil er kaum redet und in seinem Kleidungsstiel etwas exzentrisch ist. Das dieser Junge ein extrem begnadetet Künstler ist wird entweder gar nicht bemerkt oder einfach übersehen. Ein Mädchen, deren Kleidungsstiel von Gothik beeinflusst wird und außerdem viele Piercings hat, wird nicht in eine Arbeitsgruppe gewählt, weil sie „komisch“ ist. Dieses Mädchen ist ein enormes Organisationstalent und hat schon bei vielen Großveranstaltungen fast alleine die gesamte Organisation übernommen. Dies war ihr allerdings nur möglich, weil die Lehrer ihr Talent über ihr Aussehen gestellt habe. Die Ausgrenzung eines Jungen, der unglaublich interessante philosophische Gedankengänge hat. Man kommt aber erst in den Genuss von seinem wirklich „Ich“, wenn man es geschafft hat sein Misstrauen zu überwinden. Ein Misstrauen, dass er aufgebaut hat, weil er für seine Gedanken ausgelacht und nicht ernst genommen wurde. Hinter einer Fassade aus Ironie und Gleichgültigkeit steckt ein sehr freier Kopf, für viele Überraschungen gut ist. Diese drei Beispiele sollten ausreichen, um verstehen zu können, warum ich diese Ausgrenzung für unglaublich dumm halte. Jede dieser Personen hat eine besondere Fähigkeit, die nicht eingesetzt werden kann, weil andere Personen sie allein aufgrund ihres Aussehens oder ihrer Geisteshaltung ausgrenzen. Diese unglaublich Talentverschwendung ist eigentlich unverzeihbar, findet aber jeden Tag auf neue statt! Wenn all diese Personen mit ihren besonderen Talenten gefördert würden, wäre dies für die Schule und später auch für die Gesellschaft im allgemeinen von riesigem Vorteil. Vielleicht würden sie ihre Fähigkeiten sogar ehrenamtlich zur Verfügung stellen und somit eine Menge für Gesellschaft tun können. Natürlich gibt es neben dieser rein auf die Nützlichkeit der einzelnen Personen bezogenen Argumentation noch eine andere, die in meinen Augen schwerer wiegt. Die Faktoren, die für die Ausgrenzung eine Rolle spielen sind in den meisten Fällen äußerlicher Natur. Woher kommt diese unglaubliche Arroganz gegenüber anderen Personen, sie nur auf den Mensch zu reduzieren, der sie darstellt? Woher kommt dieses Selbstbewusstsein, einfach den anderen Menschen angucken zu können und dann darüber zu entscheiden, dass er es nicht wert ist gut behandelt zu werden? Woher kommt diese ziemlich menschenverachtende Einstellung von so vielen Menschen? Natürlich hat man relativ schnell bestimmte Charaktereigenschaften im Kopf, wenn man eine Person sieht die beispielsweise Militärhose, Lederjacke und Springerstiefel trägt. Aber ob die Person diesen Charakter wirklich besitzt kann nur ein Gespräch klären. Das gleiche Prinzip gilt auch für Leute mit viel Körperschmuck, „komischer“ Kleidung oder anderen optischen Merkmalen, die sie von dem Durchschnitt unterscheiden und ich denke, dass es bei vielen dieser Menschen einem deutlich leichter fällt, sie in ein Gespräch zu verwickeln als bei einem vermuteten Neo-Nazi. Man benötig auch keine Lebensläufe oder stundenlange Gespräche, meistens reichen schon einige Minuten um den anderen grob einschätzen zu können. Warum sparen sich so viele Menschen diese paar Minuten? Es ist eine unglaubliche Bereicherung für das eigene Leben, wenn mit Personen in Kontakt kommt, die man eigentlich niemals ansprechen würde! Natürlich hat man auch immer die Möglichkeit das Gespräch abzubrechen, aber man kann dann seine Meinung begründen. Menschen einfach so auszugrenzen, ohne eine bessere Begründung zu haben als „ Der sieht komisch aus!“ halte ich für extrem ignorant und dumm. Es scheint allerdings bei vielen kreativ, philosophisch oder „anders“ denkenden Menschen eine Tendenz zu einer gewissen Abkapslung zu bestehen. Wahrscheinlich liegt dies einfach daran, dass sie seit der Grundschule etwas anders sind als die Masse und deshalb auch kaum Freunde gefunden haben. Bei einigen von diesen Menschen scheint diese Abkapslung so weit fortgeschritten zu sein, dass ihr Freundeskreis nur noch aus anderen, von der Allgemeinheit als „komisch“ angesehenen Menschen besteht. Dies fördert natürlich die weitere Ausgrenzung dieser Gruppe, da kaum noch Kontakte zu anderen Menschen geknüpft werden. Diese Entwicklung ist eigentlich traurig, da so extrem viel Potential einfach ungenutzt bleibt, nur weil eine große Anzahl an Menschen Vorurteile pflegt.
Kommentare wie „Die war doch schon in der Klapse, was willst du den mit der?“ oder „ Kann der überhaupt klar denken, so wie der aussieht?“ sind nicht nur unangebracht, sondern zeugen auch von einer gewissen Kurzsichtigkeit der Personen, die sie aussprechen. Anstatt sich zu bemühen mit neuen Menschen in Kontakt zu treten und neue Informationen zu bekommen, bleibt man lieber beim altbekanntem. Das einem dadurch vielleicht Informationen verloren gehen, die einem sehr wichtig sind, ist den meisten Menschen anscheinend egal oder nicht bewusst. Aber wenn teilweise sogar die Eltern Probleme damit haben, wenn man mit Personen, die schon einmal in psychiatrischer Behandlung waren, kontakt hat, dann ist es auch unwahrscheinlich, dass die Kinder sich anders benehmen. Es scheint wirklich schwer zu sein diesen Kreislauf aus Vorurteilen, Ignoranz und Ablehnung zu durchbrechen und für eine Einzelperson ist es in jedem Fall unmöglich. Aber jeder kann sein eigenes Sozialverhalten überdenken und wenn viele Menschen anfangen, auf andere Menschen zuzugehen, zumindest bis sie genug wissen um den anderen ablehnen zu können, dann ändert sich auch das Verhalten der Mehrheit. Und dann wird es keine Ignorante, sondern eine Tolerante oder zumindest offene Mehrheit geben, in der viel effektiver gearbeitet werden und das soziale Leben sehr reichhaltig gestaltet werden kann. Das es jemals so weit bekommt, bezweifle ich. Aber einen Versuch ist es auf jeden Fall wert!
Schätze die Unterschiede der Menschen!
find ich gut
AntwortenLöschenDen Versuch ist es allemal wert!
AntwortenLöschenIch sehe hinter diesem Verhalten allerdings nur einen menschlichen Instinkt. Die Oberflächlichkeit der Menschheit (und jeder ist irgendwo oberflächlich) hat mit Dummheit nicht viel zu tun; ABER - und ich finde, das brauchst du gar nicht so runterzumachen - die Menschen SIND nun mal dumm. Besonders Kinder. Aber das ist natürlich und warum war früher die Meinung eines Dorfältesten am meisten Wert? Weil er durch seine Lebzeit gelernt hat. Vielleicht nicht unbedingt auf jedem Gebiet, aber man kommt die größte Chance etwas in Erfahrung zu bringen.
Danke für deine tollen geteilten Gedanken!