7 Milliarden Erdenbürger sind wir inzwischen geworden und jede Sekunde kommen statistisch gesehen 2,6 weitere dazu. Für viele Organisationen und Menschen war die Ankunft des symbolischen 7 Milliardsten Menschen ein Grund zur feiern und stellte ihn ihren Augen wahrscheinlich auch wieder einmal eindrucksvoll unter Beweis, dass sämtliche Katastrophenszenarien, die das Aussterben der Menschheit an einer bestimmten Bevölkerungszahl sich bis jetzt als falsch herausgestellt haben. Allerdings ist die Euphorie in meinen Augen völlig fehl am Platze. Ich will gar nicht bestreiten, dass es der Menschheit gelungen ist, 7 Milliarden Individuen auf unserem Planeten zu platzieren, aber es kann mir keiner Erzählen, dass diese Menschen alle ein menschenwürdiges Leben führen können. Ungefähr 1 Milliarde Menschen hungern laut Angaben der UNO und unzählige Menschen leben in ständiger Angst vor plündernden Milizen, den Launen der Natur, weil sie im wahrsten Sinne des Wortes „zu nahe am Wasser gebaut“ haben, vor willkürlichen Verhaftungen durch die Polizei oder vor Anhängern einer anderen Religion. Platz gibt es zweifelsohne genug, um auch 10 oder 15 Milliarden Menschen unterzubringen, aber Leben können diese Menschen dann nicht mehr wirklich. Global scheint der Trend dahin zu gehen, dass alles immer weiter wachsen muss. Wenn die Wirtschaft nicht um wenigstens zwei Prozent wächst, hat ein Staat wirtschaftliche Probleme. Wen ein Unternehmen stagniert, fallen die Börsenkurse in Bodenlose. Hört die Bevölkerung eines Staates auf zu wachsen, ist dies eine kleine Katastrophe. Wächst die Produktivität eines Individuums nicht mehr, wird es aus einem Unternehmen gefeuert. Wachstum, koste es was es wolle, ist die Devise unserer Zeit. Dabei wird eine kleine Kleinigkeit gerne übersehen. Wenn man eine Bakterienkolonie auf eine ideale Nährlösung setzt, beginnt innerhalb recht kurzer Zeit ein exponentielles Wachstum. Dieses Wachstum lässt sich gut mit einer Parabelförmigen Kurve beschreiben. Irgendwann ist der Scheitelpunkt erreicht. Der danach folgende Abstieg führt nicht nur zu einer vollständigen Einstellung des Wachstums in der Petrischale, sondern endet in dem Tod der gesamten Kolonie, weil die gesamte Nahrung aufgebraucht ist und sie sich mit ihren eigenen Ausscheidungen vergiften. Wir Menschen sind auf dem besten Weg es diesen kleinen, unbewussten Lebewesen gleichzutun, obwohl wir uns durchaus über den Ernst der Lage im klaren sein könnten. Jede Sekunde muss Nahrung, Raum und Sicherheit für 2,6 weitere Menschen bereitgestellt werden. Jede Sekunde müssen also all die Güter, die diese neuen, kleinen Menschen benötigen, produziert werden. Jede Sekunde muss also die Wirtschaft wachsen! Natürlich kann man sarkastisch sein und sagen, dass sowieso alle drei Sekunden ein Mensch, meistens ein Kinde, verhungert und der Aufwand dadurch reduziert wird, aber trotzdem wächst die Bevölkerung weiter. Es gibt genug Nahrung für 7 Milliarden Menschen, sie müsste nur in den richtigen Ländern angebaut werden, es gibt genug Wasser für 7 Milliarden Menschen, die Quellen müssten nur an den richtigen Stellen sein, es gibt genug Platz für 7 Milliarden Menschen, sie müssten nur an den richtigen Orten wohnen…
Es gibt keinen Grund zu feiern. Aufgrund der unendlichen Beschränktheit der meisten Menschen kann es keine Welt mit 7 Milliarden Menschen geben, in der alle Menschen halbwegs Angstfrei leben können. Die theoretische Möglichkeit all diese Menschen zu ernähren, zu kleiden oder zu beschützen lässt sich nicht in die Realität übertragen. Jeder weitere Mensch bedeutet, statistisch gesehen, weiteres Leid und weitere Probleme. Falls die Menschheit dies nicht schleunigst begreift und einsieht, dass unendlicher Wachstum eine Illusion ist, wird sie wahrscheinlich in einem geologisch gesehen sehr kurzem Zeitraum zu einer der unzählbaren ausgestorbenen Arten gehören. Sie wird allerdings die erste Art sein, die ihr Aussterben selber zu verantworten hat und sehenden Auges in die Katastrophe geraden ist. Vielleicht schwindet in den letzten Jahren der Menschheit ja die Arroganz gegenüber den Mitmenschen und vielleicht fängt sie dann an, sich um ihre Probleme zu kümmern. Doch dann wird es wahrscheinlich schon viel zu spät sein um den Untergang noch abwenden zu können. Vielleicht haben wir gerade mit dem 7 Milliardsten Erdenbürger die dünne rote Linie überschritten, ab der es kein Zurück mehr gibt. Vielleicht waren wir von diesem Tage an chancenlos und konnten den Untergang nur noch verzögern. Vielleicht war dieser Tag aber auch das Aufwecksignal für einige, sich mit den Problemen unseres unendlichen Wachstumsdranges zu beschäftigen. Die Antwort darauf liegt in der Zukunft, doch auf sie können wir nicht warten!
7 Milliarden mal Probleme?
7 Milliarden mal Hoffnung?
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