Der traurige Fall der Mode
„Modetrends beginne schon bei den 6-Jährigen in der ersten Klasse. […] Zum Wiedersehen mit den Klassenkameraden und Lehrern muss man top gekleidet sein. […] Graue Leggins, Jeans-Röcke und Kapuzenpullover sorgen für den perfekten Auftritt zur Brotzeit auf dem Pausenhof. Aufgepeppt mit Accessoires wie auffallenden Schals und Umhängetaschen geht es dann nach der Schule mit der besten Freundin und Mama ab in die Stadt shoppen.“
Dieser Textauszug stammt aus einer Werbeanzeige in der Wochenzeitung und richtet sich, wie man schon am Anfang unschwer erkenne kann, an Schulkinder, besser gesagt, an die Eltern der Schulkinder. Mit 6 Jahren hat man noch keine Vorstellungen über Mode oder gute Kleidung, es sei denn, es wird einem ständig etwas davon erzählt. In diesem Alter sind Kinder noch so etwas wie ein unbeschriebenes Blatt, die alles begierig aufsaugen, was sie erfahren und was man ihnen sagt. Diese Formbarkeit hat, evolutionär gesehen, natürlich einen sehr guten Grund, aber in unser heutigen Gesellschaft wird sie immer mehr missbraucht. Warum müssen die Grundschulkinder mit bestimmten Kleidungsstücke ausgestattet werden? Warum reicht nicht einfach eine praktische Kleidung, die all die Kapriolen, die man auf dem Pausenhof und zu Hause im Garten erlebt, mitmacht? Ich möchten keinem Menschen dass Recht absprechen, sich so zu kleiden, wie er will, aber diese kleinen Kinder wissen noch gar nicht was sie diesbezüglich wollen. Wenn man natürlich anfängt, Erst-, und Zweitklässler auf bestimmte Modemarken zu fixieren, dann kann man sich als Unternehmen relativ sicher sein, dass man diese Kunden bis zur Pubertät und vielleicht sogar darüber hinaus behält. Daran ist nichts verwerfliches, das ist rein ökonomisches Denken; und das ist für sich genommen erst einmal nicht schlecht. Es stellt sich aber die Frage nach dem Preis dieses Denkens. Der Preis ist fast schon eine Indoktrinierung von Kindern in einem Bereich, der diese Kinder eigentlich nicht beeinträchtig. Warum machen wir uns sorgen darum, dass unsere Kinder nicht gut genug für die Schule angezogen sind? Warum machen wir uns nicht lieber Sorgen darum, dass ein nicht zu kleiner Teil dieser Kinder sich niemals für die wirklich wichtigen Dinge in unserem Leben, also der Politik, der Umwelt und ihren Mitmenschen kümmern werden? Warum sind wir so egoistisch? Mit seiner Vermutung, dass die Dummheit der Menschen unendlich ist, lag Einstein ganz richtig. Fürnehm geht die Welt zugrunde und wenn sie untergangen ist, werden wir uns als erstes Sorgen um die Kleidung mache, die dabei dreckig geworden ist. Das Leben macht einen teilweise wirklich depressiv.
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