Montag, 24. Februar 2014

Zeitmanagement = Erfolgsmanagement



Zeitmanagement ist zugegebenermaßen ein Modewort und nicht einmal ein besonders schönes. Aber es hat einen guten Schlagwortcharakter und jeder kann sich etwas darunter vorstellen. Und doch scheinen nur wenigen Personen verstanden zu haben, was Zeitmanagement bedeutet. Viele Personen nutzen Zeitmanagement als Synonym für Zeiteinteilung. Das mag zwar auf den ersten Blick ganz passend sein und es ist kurzfristig gedacht auch das gleiche. Aber gutes Zeitmanagement geht darüber hinaus und nur mit einem guten Zeitmanagement ist es oft überhaupt möglich sich aus der Masse abzuheben. Da ich Momentan studiere beziehen sich meine Beispiele oft auf die Welt der Universität, aber im Grundsatz gelten sie überall dort, wo eine Leistungskonkurrenz herrscht.

Eine Universität war für mich immer eine „Spielwiese für Talente“ und als ich dann auf einmal angenommen war und selber auf dieser „Spielwiese“ aktiv werden durfte, wurden meine Erwartungen teilweise bestätigt. Teilweise, weil sich, gerade im ersten Semester, noch sehr viele Personen dort befinden, die selber sagen, dass das eigentlich nicht das Richtige für sie ist. Im Gedränge um die besten Plätze stellen sie daher keine ernstzunehmende Konkurrenz da. Ganz anders sieht das mit den meisten Kommilitonen aus, denen, die sich sicher sind, das Richtige zu studieren. Natürlich kann man jetzt fragen, warum denn überhaupt Konkurrenz? Ist ein Semester nicht auch irgendwie eine „Familie“, eine Art „Schicksalsgemeinschaft“, in der jeder jedem Hilft?

Ja, ist es beziehungsweise sollte es sein! Die Konkurrenz die gemeint ist, ist eine positive, motivierende Konkurrenz. Aber sie ist auch eine harte und unnachgiebige Konkurrenz um die Chancen der Zukunft. In meinem Studienfach sind die Endnoten eigentlich bedeutungslos, außer man möchte in die Forschung oder die Lehre gehen. Dann sind Lebenslauf wie Noten auf einmal wieder das entscheidende Merkmal. Und denjenigen, die jetzt schon Wissen, dass sie später in diesen Zweigen arbeiten möchten wissen das und arbeiten sowohl an ihrem Wissen als auch an ihrem Lebenslauf. Dies führt dann zwangsläufig zu einer relativ starken Konkurrenzsituation, da diese Zweige nur sehr wenige Stellen anbieten. Es haben vielleicht die besten 10% eines Semesters eine Chance auf diese Stellen, aber es wollen gefühlt ein gutes Viertel eine haben, deshalb möchte man natürlich zu den Besten gehören um wenigstens eine minimale Sicherheit für die Zukunft zu haben. Aber zurück zum Zeitmanagement.

Bei den, grob geschätzt, besten 10 – 15% gibt es eine „Waffengleichheit“ was die kognitiven Fähigkeiten auf ihrem Gebiet angeht. Alle dieser Gruppe lernen ungefähr gleich schnell, sind ähnlich stark motiviert und ziemlich prüfungsfest, haben also kaum Angst vor den Prüfungen. Der einzige - und Entscheidende – Unterschied ist die Art, wie sie mit ihrer Zeit umgehen. Ein Student dieser Gruppe, der 5 Stunden pro Tag lernt ist besser als einer, der nur 3 Stunden lernt. Es kommt also einfach „nur“ auf die effektiv genutzte Zeit an. Da neben den reinen Noten auch noch ein Lebenslauf entstehen soll, der für die späteren Stelle als Professor oder als Forscher einer bedeutenden Einrichtung qualifiziert, muss natürlich auch noch dafür Zeit investiert werden. Und hier erklärt sich jetzt was ein „gutes Zeitmanagement“ auszeichnet: Eine Priorisierung von nahezu allen erdenklichen Ereignissen und aller möglichen Ereignisklassen, damit die Entscheidungsfindung schnell und effizient stattfinden kann. Denn oft gilt bei Anmeldungen das (leider) übliche first-come, first-serve. Wenn jetzt also eine Arbeitsgruppe, die etwas mit „Verhaltensforschung“ zu tun hat am Ende einer Vorlesung beworben wird und man sich erst Gedanken darüber machen muss, ob man da jetzt wirklich aktiv werden möchte, haben die Kommilitonen, die beispielsweise dem Block „Verhaltensforschung“ eine hohe Priorität eingeräumt haben, schon lange zugeschlagen. Es geht bei dem Zeitmanagement in diesem „Spitzenbereich“ gar nicht mehr wirklich um die Planung des Tages – das sollte sowieso optimiert sein -  als vielmehr um das Vorhersehen und Planen von möglichen, zukünftigen Ereignissen. Denn nur wer das optimiert hat, hat die besten Chancen auf die besten Plätze und die meiste Zeit zum Lernen. Wer sich noch Gedanken darüber macht, ob er erst einkaufen geht oder erst lernt und dann einkauft, verliert wertvolle Zeit, die er nicht verlieren würde, wenn er seine Prioritäten vorher klar aufgestellt hätte. Das Problem daran ist, dass die Personen, die das Priorisieren erst im Studium lernen müssen, schon klar im Nachteil sind. Die einzige Chance für sie ist es noch mehr zu arbeiten als der Durchschnitt der besten. Da der Durchschnitt das weiß, entsteht dort immer wieder eine Art „Rennen“ um die investierte Zeit … und damit oft im Laufe der Zeit ein Rennen um die „besten Plätze“ beim Psychologen.

Es hat mich anfangs ein wenig überrascht, dass es wirklich so „hart“ an der Uni zugeht, wenn es darum geht zu den Besten zu gehören. Denn anstatt sinnvoll zu lernen wird oft nur Wissen in sich hineingestopft, was vollkommen abstrakt bleibt. Teilweise so abstrakt, dass der Prüfungsbeste in Histologie nicht in der Lage ist das Prinzip „Diffusion“, was er für die Histologie der Lunge können musste, auf die Physik zu übertragen. Oft fehlt es an der Fähigkeit die Dinge, die man verallgemeinern darf, von den Dingen zu unterscheiden, bei denen das nicht passiert. Nicht, weil sie es kognitiv nicht könnten, sondern weil sie sich nicht die Zeit dafür nehmen. Und dass es ein Leben außerhalb der Uni und der Optimierung des Lebenslaufes gibt, fällt vielen erst im Wartezimmer der psychologischen Betreuung wieder auf. Ich will mich gar nicht von diesem „Wettlauf“ ausschließen, weshalb ich meine Zeit auch eher in Uni-interne Dinge als in den Blog investiert habe, aber ich möchte von dem Gehetzte um „die besten 10%“ distanzieren. Wer wirklich Spaß an dem Studium und seinen Fächern hat und in der Lage ist gut und schnell zu lernen, der wird mit großer Sicherheit den Beruf finden, den er möchte. Denn wie schnell wirkt ein aufs letzte optimierter Lebenslauf unpersönlich, austauschbar und wie oft sind gerade die Studienbesten die Personen, denen man keine Führungsaufgaben anvertrauen kann, weil sie im Laufe ihres Studiums eigentlich nie unter Menschen waren? Aber das „schneller, höher, weiter“ scheint den olympischen Rahmen vollends verlassen und die jungen Studenten infiltriert zu haben.

Wer lernt statt zu leben verlernt das Leben!

1 Kommentar:

  1. Zuerst einmal: schön, wieder von dir zu lesen! Mir haben deine Blogeinträge ziemlich gefehlt, diese Portion Nachdenklichkeit für zwischendurch. Es ist einfach toll, Einblick in solche Gedankengänge bekommen zu dürfen, die so tiefgründig sind und gleichzeitig nicht weit weg, von dem, was einen selbst beschäftigt.

    Ich finde es interessant, dass du beschreibst, wie das Studium für dich als Wettkampf mit anderen wahrnimmst. Auch ich spüre definitiv einen starken Leistungsdruck, doch der kommt nicht unbedingt durch die Konkurrenz zu anderen zustande. Viel mehr stehe ich im Wettkampf mit mir selbst, effektiver zu arbeiten, mehr zu lernen, mehr zu schaffen und mich nebenbei als Person und meinen Körper nicht zu vernachlässigen. Wenig schlafen, früh aufstehen, Sport, Unizeug, Vorlesung, Unizeug, zwischendurch was essen, den Freund besuchen, schlafen, Lehrveranstaltung. So sieht mein Alltag aus. Und dabei mache ich mir selbst den größten Druck, weil ich dieses Studium schaffen will, weil ich den Traum habe, irgendwann Arzt zu sein und helfen zu können. Und das resultiert in einen permanenten Kampf mit dem inneren Schweinehund, den ich meistens geknebelt in die Ecke gedrängt bekomme.

    Dieses lächerliche selektive Lernen kenne ich: man stopft sich das Hirn voll mit Einzelheiten, die einem der Dozent präsentiert hat und was nicht prüfungsrelevant ist, lernt auch keiner. Ich denke dabei zum Beispiel an unserem Präparierkurs, bei dem die Hände und Füße völlig außen vor gelassen wurden. Und unsere Patienten, die später mit Hand- oder Fußbeschwerden kommen, müssen sich dann halt anhören, dass es nicht prüfungsrelevant war.

    Sich Prioritäten zu setzten ist tatsächlich unheimlich wichtig - da kann ich nur mit einem Ausrufezeichen dir zustimmen. Wenn man zu viel Zeit vertrödelt, hat man nicht nur Zeit verloren, sondern ist deshalb auch noch verdammt unzufrieden, was weiteres effektives Arbeiten auch ausbremst. Zumindest geht es mir so.

    Den Kampf um die Belegung von Fächern habe ich nicht, da wir abgesehen von vielleicht einem Wahlfach, das auch nur alle paar Semester kommt, einfach einen Stundenplan vorgegeben bekommen. Hat alles Vor- und Nachteile.

    Hach ja, die Sache mit dem perfekten Lebenslauf. Niemals ruhen, immer arbeiten, Erfolg haben und nebenbei noch 20 beste Freunde, die perfekte Beziehung zu einem ebenso wunderschönen und erfolgreichen Partner mit zwei Kindern - es wirkt so, als wäre es DAS, was man von Bewerbern in ihrem Lebenslauf lesen will aber fragt eigentlich auch mal jemand, ob wir damit glücklich sind, ob wir als Person in Harmonie mit uns selbst stehen? Es ist eine Leistungsgesellschaft, in der das persönliche Glück nicht viel zählt. Die ganzen Patienten mit Depressionen, Burn-Out und ähnlichem kommen schließlich nicht aus dem Nichts.

    Und, wie geht es dir so? Bist du zufrieden mit dem Studium - erfüllt es deine Erwartungen? Und vor allem: musstest du auch schon unter Embryologie leiden?

    Liebe Grüße,
    Apfelkern

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