Samstag, 30. März 2013

Die ewige Geißel der Menschheit



Wenn kleine Kinder sich um ein Spielzeug im Sandkasten streiten, artet das häufig sehr schnell in eine handfeste Rauferei aus. Die Kinder schmeißen mit Sand um sich, schlagen sich mit bloßen Fäusten, Schippen und Eimern und funktionieren ihren kleinen Bagger in ein Wurfgeschoss um. Ihr Ziel ist es,  ihren Kontrahenten so einzuschüchtern, dass er den Sandkasten verlässt und sie das Spielzeug für sich alleine haben. Für Kleinkinder ist Gewalt oft die einzige Möglichkeit ihre Ansprüche geltend zu machen, da sie häufig noch nicht ganz verstanden habe , wie man einen Kompromiss schließt und sich oft auch schlicht und ergreifend noch nicht richtig verständigen können. Wenn die Eltern der Kinder dieses Verhalten sehen, greifen sie ein und schimpfen mit ihren Kinder; in der Hoffnung, dass sie als erwachsene Menschen in Gewalt nicht ein akzeptables Mittel zur Interessendurchsetzung sehen. Scheinbar haben einige Anführer in einigen Länder auf diesem Planeten das Kleinkinderalter also noch nicht verlassen und wollen ihren Besitz über Kriege vergrößern. Was ist jedoch überhaupt die Idee hinter diesem Verhalten; warum funktioniert das Konzept des Krieges?

Das Ziel der meisten Kriege ist eine Reduktion der Anzahl an Personen, die eine Auffassung vertreten, die konträr zur eigenen ist oder aus irgendwelchen Gründen (vermutlich) die Durchführung des eigenen Plans verhindern. Dabei geht es meistens nicht direkt darum, die Personen zu töten, die eine konträre Meinung vertritt, sondern, die Personen zu töten, die die Person, die die konträre Auffassung vertritt, verteidigen können. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die jeweiligen Anführer von der eigenen Seite als so wichtig angesehen werden, dass man sie um jeden Preis verteidigen muss, auch unter Einsatz von tausenden von Leben. Hat man genug Personen getötet, lenkt unterlegene Anführer meistens ein und der Gewinner bekommt, was er sich gewünscht hat. Das Prinzip eines Krieges ist also das selbe, wie das einer Sandkastenschlägerei. Die Folgen sind lediglich weitaus extremer und grausamer als es die einer Sandkastenschlägerei je sein können. In den meisten Fällen werden die Erwachsenen, die diese Art der „Konfliktlösung“ bevorzugen, von den selben Motiven getrieben, die auch die Kinder antreiben: Gier, Neid, Missgunst, Habsucht…. Nicht nur der Antrieb für Kriege ist der Selbe wie der für Streit zwischen Kleinkinder, sondern auch die Durchführung gleicht sich. Während sich kleine Kinder mit Sand bewerfen, bewerfen sich erwachsene Menschen mit Granaten. Während sich kleine Kinder mit Schaufeln schlagen, schlagen sich erwachsene mit Bajonetten, Macheten und ähnlichem. Wenn eine geschlagene Armee die Taktik der „verbrannten Erde“ einsetzt und alles auf ihrem eigenen Territorium zerstört, so ist dies lediglich die „erwachsenen Version“  des Zerstörens des eigenen Spielzeuges, damit das stärkere Kind damit nicht spielen kann. Und warum macht man sich diese ganze Mühe, warum riskiert man so viele Leben?

Da sowohl die Methoden als auch der Antrieb für Kriege aus dem Bereich der Kleinkind-Konflikte kommen, überrascht es nicht, dass auch die Idee für dieses Verhalten aus diesem Feld kommt. Da kleine Kinder aus entwicklungstechnischen  Gründen das Konzept von Kompromissen und Einigung häufig noch nicht ganz verstanden haben, kann man nachvollziehen, dass sie ihre Konflikte manchmal auf die rauere Art lösen. Und da, wenn beide Kinder noch nicht richtig sprechen können, auch noch ein Kommunikationsproblem vorhanden ist, ist es hier auch verständlich, warum manchmal die Fäuste sprechen: Gewalt ist eine Sprache, die multikulturell ist und von jedem Lebewesen verstanden wird. Ist ein Kind dann eingeschüchtert, hat das andere dann erst einmal, das, was es sich wünscht. Die Idee hinter der Gewalt ist also Einschüchterung, das Erzeugen von so starker Angst, dass der Gegner das Feld verlässt, weil man nicht in der Lage ist, den anderen durch gute Argumente zu überzeugen. Erwachsene machen in Kriegen nichts anderes!? Aber sollten Erwachsene nicht eigentlich geistig in der Lage dazu sein, miteinander zu Verhandeln, Kompromisse auszuarbeiten und zu akzeptieren? Und sollten Erwachsene nicht eigentlich alle irgendwie sprechen können? Falls es Probleme mit einer Fremdsprache geben sollte, so kann man diese dank Dolmetschern lösen.  Wie man sieht ist der Grund für Kriege, die Idee, die hinter jedem Krieg steckt, so primitiv, dass es eigentlich ein Leichtes sein sollte, Kriege zu verhindern. Wenn es aber so einfach ist, Kriege zu vermeiden, warum gibt es sie dann immer noch?

Da es für einen Erwachsenen keinen Grund dafür gibt, einen Krieg anzufangen, ist es doch verwunderlich, dass es überhaupt noch Kriege gibt. In einer idealen Welt würde man sämtliche Probleme, die zu Kriegen führen könnten, am Verhandlungstisch lösen, da man nur den Wert der Argumente zählen und eine entsprechende Entscheidung fällen würde. Da wir aber nicht in einer idealen Welt leben, gibt es einen Vielzahl an Erwachsenen, die nie richtig gelernt haben, rational zu denken und zu handeln. Sie mögen in einigen Feldern zwar sehr „erwachsen“ sein, in diesen Punkten, die zu Kriege führen, sind sie aber immer noch auf dem Stand eines Kleinkindes. Man kann diese fehlende Verhandlungsbereitschaft auf die Erziehung schieben und hoffen, dass eine gute Erziehung eines Großteils der Bevölkerung das Risiko für einen Krieg senkt. Diese Ansicht lässt einen zwar darauf Hoffen, dass es theoretisch möglich ist, eines Tages ohne Kriege zu leben, aber sie ist auch sehr unrealistisch. Viel wahrscheinlicher ist es, dass es immer Menschen gibt, die einfach nicht in der Lage dazu sind, zu begreifen, wie wichtig eine gepflegte Kommunikations- und Diskussionskultur ist und dementsprechend nicht anders können als Konflikte wie Kleinkinder zu lösen. Da eine Vielzahl an verschiedenen Fakten schon seit Menschengedenken dafür sprechen, dass wir den Namen „Sapiens“ nicht verdient haben, ist die zweite Version deutlich wahrscheinlicher. Es scheint damit auch gesichert, dass es, so lange es Menschen gibt, auch Kriege geben wird. Aus dem primitiven Grund, dass einige Menschen nicht in der Lage sind, das Kleinkinder-Verhalten abzulegen.

Das Konzept eines Krieges ist leider auch zu gut, als das es eines Tages nicht mehr funktionieren würde. Viele Menschen würden, zumindest für einige Zeit, auf Besitz und Komfort verzichten; an ihrem Leben hängen aber fast alle Menschen. Und da es nicht abzusehen ist, dass sich dies ändert, wird die Drohung mit dem Tod immer eine gute Drohung sein. Da es im Kriegsfall nicht um die besseren, sondern nur um die durchschlagenderen Argumente geht, ist auch die einzig mögliche Verteidigung die Anwendung von Gewalt. Ein Konzept, dass mit Gewalt gegen das Leben an sich vorgeht, kann anscheinend nur mit Gewalt paroli geboten werden. Ein passiver Wiederstand würde ein, zumindest zeitweises, Akzeptieren des Unrechtes bedeuten und ist häufig genauso gefährlich wie der aktive Kampf. Wie es scheint, hat der Mensch also ein sehr erfolgreiches Konzept zur persönlichen Bereicherung entwickelt, das fast zwangsläufig zu einer Eskalationsspirale führt.

Man sieht sehr gut, wie es der homo sapiens sapiens geschafft hat, den Grundstein für seine eigene Ausrottung zu legen, ohne dabei neue Verhaltensmuster adaptieren zu müssen. Eigentlich müsste man ihm für diese beeindruckende Effizienz beglückwünschen. Vermutlich gibt es nur zwei Wege, die es für den Menschen in Zukunft unnötig machen einen Krieg zu beginnen. Der erste Weg führt über einen großen, globalen Krieg, in dem eine Partei es endlich schafft die Weltherrschaft zu gewinnen und es so zumindest keinen Grund mehr für Kriege zwischen verschiedenen Staaten gibt. Zwar könnte es in diesem Staat noch Bürgerkriege geben, aber über eine gute Überwachung und Unterdrückung der Bürger dürfte sich auch dieses Problem vermeiden lassen. Der zweite Weg führt über eine Weiterentwicklung der Menschheit zu einer Spezies, in der Erwachsene nicht nur theoretisch in der Lage dazu sind, vernünftig miteinander zu diskutieren, sonder diese Fähigkeit auch ganz praktisch nutzen. Aber da es für so eine Entwicklung schon deutlich mehr als ein großes Wunder brauch, scheint der Krieg die immerwährende Geißel der Menschheit zu sein. Und vielleicht auch ihr, dann verdienter, Untergang.

Krieg ist, wenn sich Menschen töten, die sich nicht kennen, auf Befehl von Menschen, die sich kennen und sich nicht töten!

Sonntag, 24. März 2013

Ein (Un)erwartetes Ende



Wenn eine Beziehung nach neun Jahren zu Ende geht, ist es der Regelfall, dass an nicht so einfach darüber hinweg kommt. Man wird sich an die „guten Zeiten“ zurückerinnern, immer wieder daran denken, wie schön es doch eigentlich war und vielleicht auch das Ende bereuen. Bei einer Beziehung zwischen zwei Menschen wird das eigene soziale Umfeld solche Gedanken und Emotionen auch meist verstehen, da sie zu erwarten sind. Verlustgefühle treten aber ( leider?) nicht nur bei einem Beziehungsende zwischen zwei Personen auf.

Nach neun Jahren ist nun meinen „Beziehung“ zu meiner Schule zu Ende gegangen. Es war ein Ende mit Vorankündigung; ein Ende, auf das man sich eigentlich vorbereiten kann. Aber irgendwie schien es immer so weit fern zu sein. Als dann aber der Tag kam, an dem wir unsere Zeugnisse überreicht bekamen, überfiel mich die Gewissheit, dass ich nur noch zu den Abiturprüfungen dieses Gebäude betreten muss. Und in diesem Moment begann mein „emotionales Ich“ die Endgültigkeit des Abschiedes zu begreifen. Es mag komisch klingen, dass man sich nach dem Ausscheiden aus der Schule traurig und leer vorkommt, aber für mich war meine Schule immer mehr als nur ein hässlicher Betonklotz. Es gibt an meiner Schule eine Gruppe von Lehrern, die eigentlich fast alle Aktivitäten initiieren oder unterstützen. Diese Lehrer bezeichne ich als die „Seele“ der Schule, da sie die Schule zu mehr machen als nur einem Unterrichtsgebäude. Ich hatte das unglaubliche Glück schon zu Beginn meiner Schullaufbahn über Lehrer zu stolpern, die die „Seele“ der Schule darstellten.  Durch den Zufall bin ich in der 7. Klasse an einen dieser Lehrer geraten.

Mein schulisches Engagement begann in der Schülerzeitung. Nach einigen zaghaften Versuchen habe ich angefangen ziemlich kontinuierlich Artikel zu schreiben und war damit rasch produktiver als die meisten anderen Redakteure. Der Lehrer, der die Schülerzeitung betreute, fing an mich in meiner Recherche zu unterstützen und sprach mir Mut zu, wenn ich Lehrer zu Themen befragte, die für sie nicht unbedingt angenehm waren. Dieser Lehrer wurde für die nächsten Jahre eine Art „Mentor“ für mich. Durch ihn wurde ich dreister und zielstrebiger. Ein Jahr darauf wurde ich dann in die SV meiner Schule eingeladen und ab da wuchst die Anzahl der AGs, die ich besuchte stetig. Mit der Einladung in die SV begann für mich ein ganz neues Kapitel Schulgeschichte, da ich endlich die Möglichkeit bekam, die Dinge, die mir nicht passen zu ändern. In der Schülerzeitung konnte ich nur über sie berichten, jetzt konnte ich endlich wirklich etwas bewirken. Ich fing an mich in die SV-Arbeit zu vertiefen und war rasch in verschiedenen Planungsgruppen. Durch diese Arbeit lernte ich die anderen Lehrer kennen, die die „Seele“ der Schule bildeten. Dadurch, dass ich aufgrund der AGs meist länger in der Schule blieb, viel mit verschiedenen Lehrern zu tun hatte und mit vielen Lehrern außerunterrichtlich per „Du“ war, ist die Schule für mich eine zweite Familie geworden.

Das klingt wahrscheinlich armselig und ich sehe diesen Punkt selber ein wenig kritisch. Diese Identifikation mit der Schule wurde mir auch von vielen Lehrern nicht abgenommen, da sie mich auch als Kritiker kannten. Aber probiert man nicht das, was man gerne hat zu verbessern? Möchte man denn nicht Fehler, die man erkannt hat, beheben? Trotzdem hatte diese besondere Beziehung zur Schule einen unschätzbaren Vorteil: Sie motivierte! Es gab kaum Tage, an denen ich wirklich keine Lust hatte zur Schule zu gehen. Nicht, weil ich den Unterricht so toll fand oder ich das Gebäude besonders mochte. Sondern, weil ich das Gefühl hatte, willkommen zu sein. Ein angenehmer Nebeneffekt ist auch, dass ich deshalb auch motivierter war zu lernen oder für die Schule zu arbeiten. Ich habe es mit meinem schulischen Engagement wahrscheinlich deutlich übertrieben, aber ein wenig mehr Identifikation mit der Schule dürfte bei den meisten Schülern die Motivation doch steigern.

Diese neun Jahre Schule, neun Jahre „Zweitfamilie“, haben deutlich mehr gebracht, als neun Jahre Unterricht. Organisieren lernt man nicht im Unterricht, wohl aber in AGs. Und dass eine gute Improvisationsfähigkeit mindestens genauso wichtig ist wie exzellente Planung war auch eine wichtige Erfahrung. Ich habe gelernt Gruppen zu leiten, selber zu unterrichten und mich auf die verschiedenen Lerntypten von Kindern und Jugendlichen einzustellen. Geduld, Zielstrebigkeit und Ernsthaftigkeit haben eine neue Wichtigkeit für mich Gewonnen. Und was ich vor allem gelernt habe ist, dass in vielen Personen riesige Potentiale stecken, die einfach ungenutzt bleiben. Vermutlich würde es eine AG-Pflicht vereinfachen, die Potentiale zu entdecken und es den Kindern zu Ermöglichen, dass sie sie nutzen. Neben den ganzen positiven Aspekten hat diese besondere Beziehung aber auch einen ganz großen Nachteil gehabt: Sie war mindestens genauso zeitintensiv wie eine Beziehung zu einem anderen Menschen! Wenn man nicht wirklich gute Freunde hat, dürfte man sehr schnell ohne Freunde dastehen, da man nur wenig Freizeit hat um etwas mit ihnen zu unternehmen. Und freie Wochenenden oder freie Wochentage sind auch etwas, von dem ich viel zu häufig nur geträumt habe.

 
Als Fazit könnte man festhalten, dass ich zu viel gemacht, zu wenig geschlafen und sehr viel Spaß gehabt habe. Rein rational gesehen war es wahrscheinlich ein Fehler so viel Zeit in etwas so unwichtiges zu investieren …  aber ich würde diesen Fehler wahrscheinlich immer wieder machen.