Dienstag, 27. Januar 2015

Warum Menschen Menschen töten



Heute vor 70 Jahren befreite die „Rote Armee“ das Konzentrationslager Ausschwitz und das Vernichtungslager Ausschwitz-Birkenau und beendet damit eines der grausamsten Kapitel des zweiten Weltkrieges. Der Holocaust forderte insgesamt ungefähr 5,6 Millionen Opfer gut ein Fünftel davon, 1,1 Millionen Menschen, wurden allein im Vernichtungslager Ausschwitz-Birkenau ermordet.
Seit 1996 ist der 27. Januar der bundesweit verankerte gesetzliche „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ und seit 2005 ist dieser Tag auch der „Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust“. Aus diesem Anlass wurde in Deutschland heute nicht nur an allen öffentlichen eine Trauerbeflaggung gehisst, sondern fanden auch unzählige Gedenkveranstaltungen, Vorträge und Trauerzeremonien statt. Und aus diesem Anlass wurde wieder überall dieselbe Frage gestellt: Warum?!

Kein Gespräch mit Überlebenden, keine Trauerrede und keine Talkshow kommt ohne die Frage nach dem „Warum“ des Holocaust aus. Und trotzdem wird nie eine Antwort auf diese Frage gefunden. In meinen Augen liegt das daran, dass es einfach die falsche Frage ist. Anstatt nach dem „Warum?“ zu fragen, müsste man vielmehr für das „Warum nicht?“ argumentieren!

Auch wenn es auf den ersten Moment vielleicht kontraintuitiv ist, so gibt es in meinen Augen sehr gute Gründe dafür, sich nicht auf das „Warum?“ zu stürzen. Denn „Warum?“ fragt man nur, wenn man einen dezidierten Auslöser sucht - einen Grund, der nicht auf den ersten Blick zu erkennen ist. In diesem Fall eben den Anlass für den grundlosen Massenmord an über 5 Millionen Menschen. Ich behaupte aber, dass es in gewisser Weise einfacher ist 5 Millionen Menschen zu ermorden, als einen anderen Menschen am Leben zu lassen. Denn morden ist für den Menschen nichts Neues ist, während hingegen Toleranz eine verhältnismäßig moderne Errungenschaft ist.  

Die Geschichte des Menschen ist eine Geschichte des Kriegs. Spätestens seit der Erfindung der Steinwerkzeuge, also vor ca. 2,5 Millionen Jahren, werden waffentaugliche Geräte bei nahezu jeder Ausgrabung gefunden, die auf eine menschliche Siedlung gestoßen ist. Was in Anbetracht der Tatsache, dass diese frühen Menschen in einer mit Feinden überfüllten Natur lebten, nur verständlich ist. Jede Weiterentwicklung in der menschlichen Kultur wurde auch von der Weiterentwicklung der Waffen begleitet und es gibt eine Menge an Hinweisen darauf, dass schon die Steinzeitmenschen sich untereinander bekämpft haben. Denn nur wenn ich eine homogene Gruppe bilde, mich also nach Außen abkapsle und nach Innen über eine Ideologie der Überlegenheit einen starken Zusammenhalt schaffe, bin ich in einer unglaublich gefährlichen Welt überlebensfähig. Diese Strategie des abkapseln nach Außen und des Beschwörens einer „übermächtigen“ Idee oder Identität scheint unglaublich tief in der menschlichen Psyche verankert zu sein – so gut wie keine Religion, kein Clan und kein Herrscherhaus kommt ohne sie aus. Und wenn man sich die großen Gesellschaftssysteme der Neuzeit anguckt, so sind sie alle im Grunde auf dasselbe Prinzip zurückzuführen. Egal ob Kommunismus, Kapitalismus oder Chavismus. Immer wird der Zusammenhalt beschworen, da das eigene Konzept „den Anderen“ Überlegen ist und „die Anderen“ ausgrenzt, weil sie das eigene Konzept doch nur zerstören wollen.

Wenn dieses System der Ausgrenzung doch so sehr im Menschen verankert sein soll, quasi als seine „natürliche“ Art ist mit anderen Menschen umzugehen, warum sehen wir davon kaum noch was? Warum bringen wir uns in unserer mittlerweile sehr heterogenen Gesellschaft nicht alle gegenseitig um? Der Grund dafür dürfte eines der interessantesten und wichtigsten Kapitel in der Geschichte Mitteleuropas sein: Das Zeitalter der Aufklärung.

Die Zeit der Aufklärung begann mit Ende des 17. Jahrhunderts und Endete irgendwann zu Beginn des 19. Jahrhunderts, wobei seine Hochphase in den Wirren der französischen Revolution um 1780 lag. Als Aufklärung bezeichnet man den Glauben daran, dass man alle Probleme durch eine rationale Analyse beheben kann, man bediente sich dabei der sogenannten „kritischen Vernunft“. Auch wenn gerade die Französische Revolution ein sehr blutiges Kapitel war, so war es doch das Kapitel, welches dazu führte, dass Gewalt nicht nur im öffentlichen Diskurs, sondern auch als Mittel der zwischenstaatlichen Problemlösung  geächtet wurde. Zwar gab es auch Aufklärer, die das Konzept des „gerechten Krieges“ weiterhin befürworteten, aber im Großen und Ganzen wurde über diese Zeit der Grundstein für die Gewaltfreiheit im Umgang untereinander gelegt. Das Europa im Moment auch das friedlichste Kapitel seit jeher erlebt dürfte zu einem guten Teil an der Vorarbeit der Aufklärung liegen. Gewalt als Mittel gegen andere Meinungen, Gruppen oder Staaten ist also erst im Zuge einer Rationalisierung des menschlichen Verhaltens geächtet worden. Und was hat das ganze jetzt mit dem Holocaust zu tun?

Die Ideologie des Nationalsozialismus hatte und hat eine enorme Anziehungskraft, weil sie eine sehr starke Identifikation mit einer starken Führerpersönlichkeit und eine sichere Position im „reinen“ Volk schafft. Damit es dazu kommen kann, muss sich diese Ideologie natürlich radikal von allem „unreinen“ abgrenzen. Im dritten Reich waren die Juden zwar die hauptsächlichen, aber nicht die alleinigen Opfer. Neben Millionen von Juden wurde alles ermordet, war nicht in das Konzept eines „nationalsozialistisch reinen Volkes“ passte, also Homosexuelle, Sinti und Roma, Behinderte, psychisch kranke und natürlich alle, die zu laut gegen dieses System waren. Und wie im obigen Text dargelegt, musste es gar keinen eindeutigen Auslöser für dieses brutale Morden geben, es war quasi ein „Nebeneffekt“ dieser mächtigen und menschenverachtenden Ideologie. Wenn man Berichte von Personen liest, die in irgendeiner Weise an der Durchführung des Holocaust beteiligt waren, so findet man dort selten Hass auf die ermordeten. Oft sahen sich diese Personen einfach dem „Führer“ oder seinen direkten Untergebenen verpflichtet und „erledigten“ ihre „Aufgabe“ aus diesem Pflichtgefühl heraus. Schließlich wollte man ja nicht gegen den Nationalsozialismus sein. Deshalb sollten wir nicht unsere Zeit darauf verwenden den Auslöser für den Holocaust zu suchen, sondern probieren an den demokratischen und freiheitlichen Errungenschaften unserer Gesellschaft festzuhalten und diese auch gegen Wiederstände zu verteidigen. Denn der „Nebeneffekt“ von Freiheit ist Heterogenität, der größte Feind von menschenverachtenden Ideologien.

Zum Schluss noch kurz ein persönliches Erlebnis, was mich dazu bewogen hat mir dieses Thema mal von einer anderen Seite anzugucken. Vor einigen Jahren wurde zu mir in die Schule ein Holocaustüberlebender eingeladen, der uns einen kurzen Bericht über seine Erlebnisse während dieser Zeit gab. Als der Vortrag zu Ende war, ging ich zu ihm und fragte ihn völlig naiv, wie eine Person denn nur so „böse“ sein kann, dass sie freiwillig zu hunderten und tausenden vollkommen hilflose Menschen ermordet. Seine einfach Antwort darauf war: „Wenn Menschen bösen sein dürfen, sind sie dies auch“. Im weiteren Gespräch stellte ich ihm die zweite klassische Frage: Ob er glaube, dass ein Genozid auch von dieser Generation wieder begangen werden könnte. Er meinte sinngemäß dazu, dass wenn heute ein neuer, charismatischer „Führer“ auf der Straße stehen würde, sich in wenigen Jahren die Geschichte wiederholen würde. Er war sich sicher, dass lediglich eine freie und heterogene Gesellschaft, die für das Individuum deutlich mehr bieten muss als eine Massenideologie wie der Nationalsozialismus, einen erneuten Genozid verhindern kann.

Dieses Gespräch und das Auftreten von dieser Person, die durch die Hölle gegangen war und trotzdem noch eine positive Grundeinstellung hatte, waren für mich in gewisser Weise prägend. Wir sind die letzte Generation, die noch direkt von den letzten Überlebenden etwas erfahren kann – wir sollten dies nutzen!

Ideologien nehmen Leben
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Freiheit schafft Leben

Sonntag, 18. Januar 2015

Von der Information zur Bildung



Bildung als „wertvollstes Gut“, als „Wohlstandsgarant oder als „Integrationsmeister“. Bildung ist ein Thema, das Generationen- und Kontextübergreifend Personen beschäftigt und zu dem nahezu jeder eine eigene Meinung hat. Bildung ist aber auch etwas, das anscheinend ständig knapp ist. In der Politik ist es im Moment modern über die Förderung der MINT-Fächer und die Frauenbildung zu reden. Außerdem bemühen sich nicht nur Politiker verschiedenster Couleur, sondern auch viele zivilgesellschaftliche Gruppen um „Integration durch Bildung“. Bildung scheint also vieles Gleichzeitig zu sein und wird dementsprechend gerne auf verschiedenste Arten definiert. Um sich nicht in der Vielzahl der Definitionen und der daraus resultierenden Problemen zu verlieren, ist es für eine Analyse des Themas „Bildung“ sinnvoll, sich auf ein spezielles Thema zu konzentrieren. Da Schulbildung wahrscheinlich das ist, was den meisten Personen in Bezug auf den Begriff „Bildung“ einfällt, soll sich dieser Text etwas mit dem Bildungsbegriff in diesem Kontext und den grundsätzlichen Vorteilen und Problemen der momentanen Art und Weise der Schulbildung beschäftigen.

Auch wenn die Vorstellungen von verschiedenen Personen und Interessensgruppen in Bezug auf die Bildung, die die Schule vermitteln soll, aufgrund der mittlerweile stark diversifizierten Ausrichtungen der verschiedenen Schulmodelle sicherlich deutlich divergieren, so lässt sich doch folgender Satz als Grundsatz nehmen: Schule soll die Kinder und Jugendlichen sowohl sozial als auch intellektuell auf das „nachschulische“ Leben vorbereiten. Wie das „nachschulische“ Leben aussieht, sei es ein Studium, eine Ausbildung oder eine Zeit als Selbstständiger, hängt mit Sicherheit stark von der jeweiligen Schulform ab, aber das hat eigentlich keinen großen Einfluss auf die grundsätzliche Idee davon, was grundlegend für Bildung und wie diese Grundbildung vermittelt werden muss.

Ich habe bis jetzt Bewusst den Ausdruck „Bildung“ und nicht „Wissen“ benutzt, da es sich lohnt eine klare Differenzierung beider Wörter zu beachten. „Bildung“ ist sozial-kulturell-intradisziplinär kontextualisiertes „Wissen“ und somit „wertvoller“ als bloßes Wissen. Und genau diese Differenzierung wirft ein grelles Licht auf eines der größten Probleme in den meisten Schulformen.
Die Schule ist in den Augen einer großen Anzahl an Personen der Ort, an dem Wissen vermittelt wird. Im Mathematik-Unterricht wird „Mathe-Wissen“ angesammelt, im Chemie-Unterricht „Chemie-Wissen“ und in Musik „Musik-Wissen“. Die verschiedenen „Geschmacksrichtungen“ des Wissens werden getrennt unterrichtet und oft nur in einen losen Kontext zueinander gesetzt. Natürlich ist dies in vielen Situationen notwendig, vor allem wenn es um die Vermittlung von grundlegenden Wissen geht. In vielen Fällen wäre jedoch ein deutlich vernetzteres Arbeiten sinnvoll. Das Argument, dass man ja auch nicht verschiedene Eissorten mischt, weil das nicht schmeckt, wird zwar gerne gebracht, ist aber zu kurz gedacht. Um den Schüler nicht nur Wissen zu vermitteln, sondern sie tatsächlich zu bilden, ist es notwendig, dass sie ihr Wissen kontextualisieren. Dies geschieht in vielen Fällen schon von ganz alleine, aber wenn dieses Verknüpfen von Wissen ein obligatorisches Element im Schulalltag wäre, so würde deutlich weniger Wissen verloren gehen. Um dies umzusetzen, bedarf es zwar an vielen Stellen einer Feinanpassung des Unterrichts, aber im Großen und Ganzen wäre es ohne deutlichen Mehraufwand umsetzbar. So könnte beispielsweise ein Teil der naturwissenschaftlichen Unterrichtsstunden für interdisziplinäre Projekte verwendet werden. Und Verbindungen zwischen Musik, Mathematik und Physik bieten auch einige Anknüpfungspunkte um gerade die Mathematik etwas mit Leben zu füllen. Religion kann man sehr gut mit Geschichte oder Sozialwissenschaften/Politik kombinieren. Wenn sich in den Schulen eine Kultur fächerübergreifenden Arbeit durchgesetzt hat, werden sich wahrscheinlich auch viele weitere Möglichkeiten ergeben, die man erst während der engeren Zusammenarbeit entdeckt. Um in dem anfangs genannten sprachlichen Bild zu bleiben: Curry ist eine schmackhafte Mischung von sehr vielen Gewürzen, die im richtigen Verhältnis zueinander gemischt sind!


Ein weiteres Problem an vielen Schulen ist das fehlende Eigenengagement von Schülern. Oft wird die Unterrichtszeit einfach irgendwie abgesessen und die Schüler sind froh sobald die Schulglocke zum letzten Mal klingelt. Gerade mit Beginn der Pubertät, also ab der sechsten oder siebten Klasse kommt es bei vielen Schülern zu echten Motivationsschwierigkeiten. Natürlich sind dies Probleme, die teilweise einfach dem Normalverhalten eines sich umbauenden Hormonstoffwechsels geschuldet sind. Dennoch lässt sich ein nicht zu unterschätzender Teil dieser „Null-Bock-auf-Schule“-Phase auch auf die Art der Bildungsvermittlung zurückführen.

Schüler sind, auch wenn das Modell des Frontalunterrichtes zum größten Teil ausgedient hat, in den allermeisten Fällen als passives Mitglied am Unterricht beteiligt. Dies ist erst einmal gar nicht negativ, da für die Grundlagenvermittlung immer noch eine lehrerzentrierte Unterrichtsform am effektivsten ist. Sobald die Grundlagen jedoch verstanden sind und darauf aufbauendes Wissen vermittelt wird, gewinnen andere Unterrichtsmodelle zunehmend an Berechtigung. Man kann jetzt natürlich die Frage stellen, warum der Lehrerzentrierte Unterricht, wenn er doch so effektiv die Grundlagen vermittelt, nicht auch ideal für die Vermittlung des weiterführenden Wissens sein soll. Warum etwas Bewährtes gegen etwas Neues austauschen? Die Antwort auf diese Frage ist ziemlich einfach: Die Vermittlung von Grundlagen ist ein vollständig anderes Geschäft als die Vermittlung der weiterführenden Informationen!

Grundlagen müssen von jedem Schüler unabhängig von seinem Interesse beherrscht werden, damit er zumindest in groben Zügen alle Informationen, die irgendwie dieses Fach betreffen einordnen kann. Während sie für einen desinteressierten Schüler einfach eine Notwendigkeit sind, bieten sie für einen interessierten jedoch den Nährboden für die Befriedigung seiner Neugierde. Durch das Erlernen der Grundlagen werden viele Fragen aufgeworfen, für deren Beantwortung ein tieferes Eintauchen in das Thema notwendig ist. Das „Problem“, welches diese Neugierde darstellt ist, dass sie sich von Schüler zu Schüler stark unterscheidet. Während den einen im Fach X vor allem den Themenbereich Y interessant findet, ist für den anderen der Themenbereich Z deutlich wichtiger. Im lehrerzentrierten Unterricht sind diese diversen Interessen jedoch etwas, was nicht berücksichtig werden kann, da sich der Lehrer an seiner eigenen Agenda orientieren muss. Dies führt relativ schnell dazu, dass die anfängliche Neugierde in Frustration umschlägt und die Schüler im schlimmsten Fall sogar das Interesse an diesem Fach verlieren. Und diese Frustration dürfte einer der wichtigsten Auslöser für das fehlende Eigenengagement der Schüler sein. Besonders deutlich wird dies immer dann, wenn man einmal einen Blick auf die Freizeitbeschäftigung der Schüler wirft.

Gerade unter den Jungen in der Unterstufe dürfte es nur eine Minderheit geben, die nicht Fußballfan ist und den aktuellen Punktestand der Tabelle auswendig kennt. Zusätzlich dazu sind die meisten Jungen dazu in der Lage, einen guten Teil der Vereinsgeschichte „ihres“ Vereins zu erzählen und kennen oft sogar eine Vielzahl an Transfers und Trainerwechseln. Ein wichtiger Grund für diese Bildung ist, dass sie nicht nur an dem Thema interessiert sind, sondern in den meisten Fällen auch noch Unterstützung von ihren Freunden und Familien erfahren. So wird aus anfänglichem vorsichtigem Interesse schnell Begeisterung. Und diese Begeisterung hält in vielen Fällen ein Leben lang. Während Fußball sich thematisch nur schwer in das Schulcurriculum einbinden lässt, so fällt dies mit der Begeisterung für Raumfahrt, Kunst, Autos, Dinosaurier, Ritter und vielen weiteren „Kinderthemen“ sehr viel einfacher. Die Begeisterung ist bei vielen dieser Themen schon sehr früh geweckt worden, wird aber, bis auf wenige Ausnahmen, nur außerschulisch ausgelebt werden können. Wenn diese Begeisterung jedoch Unterrichtsinhalt werden kann, so wird man feststellen dass auch Schüler mitten in der Pubertät noch hochmotivierte und interessierte Personen sein können. Diese Begeisterung muss noch nicht einmal von „zu Hause“ mitgebracht werden, ihr Samen kann oft genug auch schon bei der Vermittlung von Grundlagen in eigentlich jedem Fach gesät werden. Wenn die Schüler die Möglichkeit eingeräumt bekommen, ihre speziellen Ideen und Fragestellungen zu diesem Thema zu bearbeiten, so entsteht aus Interesse ganz schnell Begeisterung und Motivation. Und diese Begeisterung für ein Themenbereich in einem Fach hilft in vielen Fällen auch ganz gut dabei weniger interessante „Durststrecken“ zu überstehen.

Ein Unterrichtskonzept, welches, nach der Vermittlung der Grundlagen, die verschiedenen Interessen der Schüler in den Mittelpunkt stellt, würde zumindest Teilweise der „Null-Bock“-Phase der Pubertät entgegenwirken und schon frühzeitig zu motivierten Personen mit hohen Problemlösungskompetenzen entstehen lassen. Es setzt aber voraus, dass die Schüler mehr oder weniger frei für sie besonders interessante Fragestellungen bearbeiten können und sie auch das entsprechende Fachmaterial dafür bekommen. Außerdem ist eine interdisziplinare Zusammenarbeit der verschiedenen Fächer auch dringend notwendig um die Fragenstellungen nicht zu stark einschränken zu müssen. Dies bedeutet aber auch, dass meist mehr als ein Lehrer pro Klasse gebraucht würde und die Lehrer nicht nur besondere Kompetenzen in der Wissensvermittlung benötigen, sondern auch über ein relativ weites gestreutes Fachwissen verfügen sollten. Zudem muss dieses Unterrichtskonzept, das ja doch einiges an Eigenarbeit erfordert, schon in der Grundschule implementiert werden, damit die Schüler auf den weiterführenden Schulen dann auch wissen was von ihnen erwartet wird. Die Erfahrung zeigt, dass es nahezu unmöglich ist, Schüler, die bis zur Mittelstufe nur den lehrerzentrierten Unterricht gewöhnt sind, auf einmal mit eigenverantwortlicher Arbeit zu „belasten“.

Neben all den „technischen“ Probleme, wie der Veränderung der Lehrerausbildung oder der sehr guten Absprache zwischen den verschiedenen Fächern gibt es aber auch noch ein ganz anderes Problem: Die Auswahl der Schüler. So wie nicht jede Person Spaß daran hat Verantwortung für viele Personen zu tragen, so hat auch nicht jeder Schüler Spaß daran sich mit Theorie zu beschäftigen – und das ist auch gut so! Eine Gesellschaft ohne Handwerker ist genauso so funktionsunfähig wie eine ohne Akademiker. Es muss also ein Auswahlverfahren geben. das weitestgehend objektiv die Motivation und den Spaß am eigenverantwortlichen Arbeiten des jeweiligen Schülers bewertet. Da im Laufe der Schulzeit noch große Entwicklungen möglich sind, sollte das System eine gute Durchlässigkeit aufweisen, aber ohne eine gute Zusammenstellung der Klassen wird kaum ein effektives Arbeiten möglich sein. 

Bildung ist das was übrigbleibt, 
wenn wir alles gelernte wieder vergessen haben!