Samstag, 10. Mai 2014

Nutze deine Jugend!



Das ich aufgrund meiner Art der Freizeitgestaltung immer mal wieder komisch angeguckt werde oder man mich nicht für voll nimmt, ist etwas, woran ich mich gewöhnt habe. Da mir in letzter Zeit jedoch immer öfter gesagt wurde, dass ich endlich anfangen soll meine Jugend zu nutzen, sie sei ja schon fast vorbei, hat mich jedoch noch mal dazu gebracht über diese besondere Zeit der „Jugend“ nachzudenken.

Laut dem Duden ist die Jugend die „Zeit des Jungseins“ und ein „Lebensabschnitt eines jungen Menschen“. Hinter dieser ziemlich trockenen Beschreibung verbirgt sich, zumindest für einen Großteil von uns, eine unheimlich freie und selbstbestimmte Zeit. Die Eltern sind nun nicht mehr auschlaggebend, man ist vielleicht schon ausgezogen, studiert oder macht eine Ausbildung. Es ist eine Zeit mit wenig Verpflichtungen, vielen Freiheiten und einer Menge Energie. Der Spruch „Wir treffen uns nie wieder so jung wie heute“ bringt das ziemlich gut auf den Punkt. Rein biologisch gesehen baut der Körper bis ungefähr zum 25. Lebensjahr auf, man wird Leistungsfähiger und legt den Grundstein für die spätere körperliche Fitness. Danach geht es zwar nicht gleich steil bergab, aber es gibt schon gute Gründe dafür, warum man mit über 30 meist nicht mehr zu den aktiven Profifußballern zählt oder Weltrekorde im 100  - Meter Sprint läuft.

Mit anderen Worten: Wir, die Jugendlichen, befinden uns in der wahrscheinlich leistungsstärksten Phase unseres Lebens. Was wir aus dieser Zeit machen, in der wir bis spät in die Nacht aktiv sein können ohne am nächsten Morgen vollkommen auszufallen, ist uns vollkommen selbst überlassen. Und wie Sartre schon richtig feststellte: Wir sind dazu verdammt frei zu sein. Es kann uns niemand die Entscheidung darüber abnehmen, was wir mit dieser eigentlich hochproduktiven Zeit anfangen.
In den meisten Fällen wird die Zeit der Jugend dafür genutzt, eine Ausbildung oder ein Studium abzuschließen, einen Partner zu finden, viele Freundschaften zu pflegen, einen Haufen an Serien auswendig zu lernen und möglichst oft feiern zu gehen. Dies mag ein etwas überspitztes Bild einer „typischen Jugend“ zu sein, aber wenn man zu sehr von diesem Stereotyp abweicht, kann es doch relativ schnell zu Fragen kommen.

Ist es eine verschwendete Jugend, wenn man sich in der Schule in der SV oder an der Uni im AStA engagiert? Natürlich bedeutet dieses Engagement Mehrarbeit, selbstverständlich unbezahlt und oft auch ungedankt. Verschwendet man seine Lebenszeit, wenn man in AGs wie Schülerzeitung, Theater oder auch im Schulorchester/Schulband oder ähnlichem aktiv ist? Ist es falsch sich schon frühzeitig in der (Regional)politik zu engagieren – oder sich in Form einer unpolitischen Jugendbewegung wie einem Jugendausschuss, einem Jugendparlament oder einer anderen Organisationsform für eine Verbesserung der Bedingungen für Jugendliche im eigenen Dorf/Stadt stark zu machen? Warum sollte man nicht in Vereinen wie dem DRK, den Maltesern, Johannitern oder dem ASB frühzeitig einsteigen und sich dort zu Rettungshelfern oder ähnlichem ausbilden zu lassen? Klar kosten die Sanitätswachen auf Reitturnieren, Feuerwehrfesten oder Festivals und die Vorbereitung darauf Zeit. Viele Wochenenden wird man auf vollkommen ereignislosen Veranstaltungen verbringen und auch ein Festival verliert seinen Reiz, wenn man vier Tage lang bei strömendem Regen betrunkenen Patienten auf dem Zeltplatz im knöcheltiefen Schlamm böse Fleischwunden verbinden muss. Oder wenn man für einen größeren Verein tätig ist und für deren Arbeit einen Fördermittelantrag an ein Bundesministerium schreiben muss und sich dabei immer wieder über die langsame Arbeitsweise der Behörden stolpert. Oder deren Briefe dreimal lesen muss, weil „Beamtendeutsch“ tatsächlich eine eigene Sprache ist.

Anstelle der oben genannten Aktivitäten, die man meistens abends oder am Wochenende macht, könnte man sich auch einfach auf Sofa setzten und den Fernseher oder Computer für die Unterhaltung sorgen lassen. Man könnte auch das Wochenende auf drei verschiedenen Partys verbringen, anstatt sich mit bürokratischen Formalien und ähnlich „spannendem“ Zeug herzumzuschlagen. Oder man fährt mit seinen Freunden einfach mal spontan für ein paar Tage weg – ohne sich dabei Gedanken darüber zu machen, wie man jetzt das eine oder andere Projekt noch weiterführen kann.

Völlig unabhängig davon, ob man jetzt einen der beiden aufgezeigten Extreme oder einen der wahrscheinlich gesünderen Zwischenwege wählt, kann man aber feststellen, dass wir es uns dabei leisten können extrem zu sein. Wir regenerieren schnell genug um auch nach einer durchzechten Nacht noch am nächsten Morgen die Klausur mitzuschreiben. Wir sind flexibel genug, um eine Vielzahl an Problemen in kürzester Zeit zu lösen. Und wir sind jung genug um daran zu glauben, dass noch immer alles gut wird. Mit dem jugendlichen Leichtsinn, mit dem die meisten von uns an Aufgaben gehen, die eigentlich zwei bis vier Nummern zu groß sind, schaffen wir vieles, was eigentlich unmöglich ist. Zu zweit einen Congress über vier Tage für ca. 100 Teilnehmer zu organisieren? Kein Problem, wird auch in der Prüfungsphase noch irgendwie geschafft! 48 Stunden Einsatzwache auf einem großen Festival mit halbstündlichen Einsätzen und einigen Notarzteinsätzen pro Tag? Wo können wir danach noch feiern gehen? Montagmorgens um halb fünf betrunken nach Hause kommen und feststellen, dass man um acht Uhr sein Referat halten muss? YOLO, wer muss schon schlafen?

Was ich damit sagen wollte ist, dass die Jugend in unserer Wohlstandsgesellschaft eine besondere Zeit ist – eine Zeit der Extreme und Exzesse. Solange man diese Zeit nicht rein passiv vor dem Computer oder Fernseher verbracht hat, sondern aktiv war – egal in welche Richtung – hat man seine Jugend nicht „vergeudet“! Denn die Jugend ist nachher die Zeit, von der man sehr oft erzählen wird.

One day baby we'll be old - 
Think of all the things we could have done

2 Kommentare:

  1. Interessante Gedanken!
    Selbstverständlich ist es keine verschwendete Jugend, wenn man sich irgendwo engagiert. Solche Vereine, wie du sie beschrieben hast, bilden ja schlussendlich oft eine Grundlage für das spätere Leben und wenn man sich ohne viel Berufserfahrung irgendwo bewirbt, können genau diese Dinge ausschlaggebend sein. Später wird man sich selbst dafür danken.
    Und dass man auch nach einer langen Partynacht eine Prüfung schreiben kann und die Energie scheinbar endlos zu sein scheint, ist schon fast erschreckend.
    Kann es sein, dass es nichts mit dem Alter, sondern mit der Motivation zu tun hat? Vielleicht ist man im jungen Alter eher in der Lage auf die versteckten Energie-Ressourcen zurückzugreifen, weil man keine Stimme im Kopf hat, die dich zurückruft.
    Ich glaube, Jungsein definiert sich nicht durchs Alter. Ich kenne einige Leute, die selbst mit 30 jugendhafter sind, als ein Freund von mir, der mit 20 mit einer solchen Ernsthaftigkeit durchs Leben geht, dass man meinen könnte, er sei 30. Diese ich-bin-jung-Phase scheint er dabei übersprungen zu haben.
    Aber auf jeden Fall hast du recht - solange man diese Zeit aktiv verbringt, ist alles okay. Aber eigentlich sollte man das Leben ja allgemein nicht passiv verbringen, oder? :)
    Ich persönlich lebe nach dem Prinzip, dass wenn ich etwas nicht kenne oder nicht selbst erlebt habe, auch nicht darüber urteilen werde.
    Deshalb finde ich es auch nicht toll, wenn zB. Menschen, die noch nie am Abend ausgegangen waren diejenigen, die es tun, kritisieren. Ob man seine Abende am Festival bei den Rettungshelfern verbringt, in einer Bar oder Club, für eine Prüfung am büffeln ist oder was weiss ich - das macht dich weder besser noch schlechter :)
    Ein toller Post!

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  2. Ich glaube du hast recht. Aber ich finde in unserer Gesellschaft wird von der Jugend erwartet alles gleichzeitig zu sein, engagiert aber trotzdem auf Partys, gut in der Schule / Uni, auf dem Weg zum Traumberuf aber trotzdem mit genug Zeit für Freunde und Familie.
    Dabei ist, meiner Meinung nach, die Jugend vorallem eine Zeit um sich selbst zu finden und zu festigen (was nicht heißt, dass man später nicht mehr wandelbar ist) und mit vielen Dingen abzuschließen. Es ist eine Zeit in der man sich von vielen Dingen lösen muss / kann und etwas eigenes aufbaut.
    Aber wie du in deinem Post beschrieben hast, kann und sollte jeder für sich selbst ausprobieren wie der diese Zeit erleben will und erleben kann.
    lg

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