Donnerstag, 27. Februar 2014

Sinn ergeben und Sinn machen



Sprache dient eigentlich dem möglichst differenzierten und eindeutigen Austausch von Informationen und dies funktioniert dann am besten, wenn die ganze Bandbreite der Differenzierungsmöglichkeiten auch ausgenutzt wird. Im Alltag ist dies natürlich oft nicht der Fall, ganz besonders oft fällt es bei dem Wörtchen „machen“ im Zusammenhang mit „Sinn“ auf. Es hat wahrscheinlich jeder in seinem Freundeskreis Personen, die grundsätzlich „Das macht Sinn“ sagen und Personen, die diese dann genüsslich verbessern „Nein, das ergibt Sinn!“. Wer von den beiden hat denn jetzt Recht und warum hat er Recht?

Um diese Frage beantworten zu können, ist es notwendig sich zu vergegenwärtigen, was die Wörter „machen“ und „ergeben“ bedeutend. Auch wenn sie oft Synonym genutzt werden, so findet sich eine klare Unterscheidung sogar im allgemeinen Sprachgebrauch wieder, nur wird das oft nicht wahrgenommen. Aber bevor das Thema sein soll, soll es jetzt erst einmal um die Bedeutung von „machen“ gehen.

Im Duden ist „machen“ als erstes mit „herstellen, fertigen, anfertigen, produzieren“ beschrieben. Dies ist keine neue Erkenntnis, aber man sollte diese Definition ab jetzt im Hinterkopf haben. Was können wir also „machen“? Wir können Handys, Häuser, Flugzeuge, Kleidung, Autos und unendlich viele weitere Dinge „machen“. Die Betonung liegt hierbei aber auf „Dinge“. Alles was wir machen hat eine physische Komponente und ist grundsätzlich als etwas „gemachtes“ zu erkennen. Etwas zu machen bedeutet mindestens ein „Ding“ zu haben und es durch eine wie auch immer geartete Manipulation zu einem anderen „Ding“ zu machen. Eine einfache Form des „Machens“ haben unsere Vorfahren schon vor ca. 2,6 Millionen Jahren in der Steinzeit betrieben – sie schlugen Steine aneinander und „machten“ dadurch „Feuersteine“ oder „Jagdwaffen“. Wichtig ist die Erkenntnis, dass „machen“ immer mit der Manipulation eines schon vorhandenen Gegenstandes einhergeht, der physisch manifestiert ist. Würde beispielsweise ein Volk von Alien unseren Planeten beobachten und hätten sie genügend Kenntnisse über die Naturgesetzte und grundlegende Kenntnisse über die Ökologie unseres Planeten, so würden sie sofort erkennen, das wir „Macher“ sind. Sie würden die Autos, Flugzeuge, Häuser, Städte, Straßen und alles andere als etwas „gemachtes“ und damit „unnatürliches“ erkennen. Denn „machen“ bedeutet automatisch „unnatürlich“, da ich nur durch die Manipulation eines schon vorhandenen Gegenstandes – der „natürlich“ sein kann es aber nicht sein muss – etwas „machen“ kann. Manipuliere ich jedoch einen „natürlichen“ Gegenstand so hebe ich ihn aus dem Stadium des „natürlichen“ hinaus und lasse ihn damit „unnatürlich“ werden. Wie zu sehen ist, ist das Wort „machen“ damit unabänderlich und unabdingbar mit einem physisch vorhandenem Objekt verknüpft und sollte im sauberen Sprachgebrauch auch nur im Zusammenhang mit so einem Objekt benutzt werden.

Bei dem Wort „ergeben“ ist die Sachlage eine etwas andere. Die in diesem Zusammenhang bedeutende Definition von „ergeben“ ist laut dem Duden „zum Resultat, zur Folge haben, aus etwas folgen“. Interessant ist jedoch auch die zweite Bedeutung des Wortes „ergeben“, nämlich „sich … einer Sache widmen“. Hiermit wird nämlich relativ zweifelsfrei der Charakter von „ergeben“ beschrieben; „ergeben“ hat vor allem etwas mit immateriellen, nicht direkt greifbaren Dingen zu tun. Um besser zu verstehen, was es mit diesen „immateriellen“ Dingen auf sich hat, ist ein kleiner Ausflug in die Vergangenheit hilfreich. Sprache, wie wir sie kennen, ist eine sehr neue „Erfindung“ der Evolution und sie hat einen entscheidenden Nachteil: Sie ist ein Konstrukt der Logik und damit willkürlich! Im Gegensatz zu all den Dingen, die man „machen“ kann, ist die Sprache nicht an Naturgesetzte gebunden, da sie etwas Immaterielles ist. Sprache erfährt keine Erdanziehung, ist nicht an Diffusionsgesetzte gebunden und interessiert sich auch nicht für die akustischen Eigenschaften der Gase. Sprache IST – nicht mehr und nicht weniger. Welche Lautäußerungen welche Bedeutung haben ist vollkommen willkürlich im Laufe der Kulturentwicklung festgelegt worden und sogar die Grammatik der Sprache ist – wahrscheinlich nicht vollkommen aber doch zu Teilen – ein einfaches Kulturprodukt ohne jeglichen physischen Hintergrund. Alles kann und nichts muss. Jede Person kann seine eigene Sprache erfinden und etablieren, wenn sie nur genügen andere Personen finden, die mit ihrer willkürlichen Festlegung der Bedeutung von bestimmten Lauten übereinstimmen. Was hat Sprache jetzt mit „ergeben“ und „machen“ zu tun?

Da Sprache ein Konstrukt der Logik ist und Logik eine „Erfindung“ des Gehirns ist, ist sie ein immaterieller Wert. Es ist unmöglich Sprache und damit auch die Logik zu messen. Dieselben Alien, die das „machen“ der Menschheit auf unserem Planeten beobachten konnten, sind nicht in der Lage die  Sprache zu beobachten. Sie können natürlich Gespräche belauschen und physikalisch auswerten, aber das einzige was sie davon hätten wären Diagramme von Schallwellen oder relative Häufigkeiten von bestimmten Wort- oder Buchstabenkombinationen. Denn Sinn dahinter könnten sie nur begreifen, wenn sie entweder eine ähnlich aufgebaute Grammatik haben oder sie es von den Menschen erklärt bekommen. Ein solches immaterielles Gut kann also nicht „gemacht“ werden, da ausschließlich mit physisch vorhandenen Dingen etwas „gemacht“ werden kann. Allerdings „ergeben“ sich Antworten, Texte und Sinn aus der Immaterialität der Logik. Wenn ein Autofahrer schnell auf eine Ampel zufährt und diese auf „Rot“ umspringt, so „ergibt“ sich in seinem Kopf etwas, das ihn hoffentlich dazu bringt zu bremsen. Es gibt jedoch kein Naturgesetzt, das ihn dazu zwingen würde, sondern er „ergibt“ sich einer soziokulturellen Konvention, ohne dass es einen zwingenden Grund – ein Naturgesetz - dafür geben würde.

Wie man sieht kann man nur mit physisch vorhandenen Dingen etwas „machen“, während sich 
immaterielle, auf Logik basierende Konstrukte nur „ergeben“ können. Nun zurück zu der sprachlichen Differenzierung, die wir oft nutzen ohne uns dieser Bewusst zu sein. „Was macht ihr heute Abend so?“ „Keine Ahnung, mal sehen was sich so ergibt!“ Das „Machen“ bezieht sich hier eindeutig auf eine Tätigkeit, sei es das Backen einer Pizza oder das Leeren von möglichst vielen Flaschen alkoholhaltiger Getränke. In jedem Fall ist diese Tätigkeit mit der Manipulation von physisch vorhandenen Dingen verbunden. Das „Ergibt“ beschreibt den Prozess, über den es vielleicht dann zum „machen“ kommt, eine spontane oder geplante Verknüpfung von Gedanken, die dann eine Lösung „ergeben“. Wie man sieht ist es also gar nicht schwer sich den Unterschied zu merken, denn eigentlich hat man ihn schon lange verinnerlicht.

Natürlich steht es jedem frei die Sprache so zu benutzten wie man es gerne möchte und da Sprache ja lediglich ein konventionell festgelegtes Konstrukt ist unterliegt sie auch einem immerwährenden Wandel. Aber trotzdem ist es schön, wenn man sich über die Differenzierungsmöglichkeiten der Sprache im Klaren ist, weil die sehr viel über die Person, die spricht, aussagt.

 Das ergibt Sinn - einfach gesagt aber offensichtlich schwierig gedacht

Montag, 24. Februar 2014

Zeitmanagement = Erfolgsmanagement



Zeitmanagement ist zugegebenermaßen ein Modewort und nicht einmal ein besonders schönes. Aber es hat einen guten Schlagwortcharakter und jeder kann sich etwas darunter vorstellen. Und doch scheinen nur wenigen Personen verstanden zu haben, was Zeitmanagement bedeutet. Viele Personen nutzen Zeitmanagement als Synonym für Zeiteinteilung. Das mag zwar auf den ersten Blick ganz passend sein und es ist kurzfristig gedacht auch das gleiche. Aber gutes Zeitmanagement geht darüber hinaus und nur mit einem guten Zeitmanagement ist es oft überhaupt möglich sich aus der Masse abzuheben. Da ich Momentan studiere beziehen sich meine Beispiele oft auf die Welt der Universität, aber im Grundsatz gelten sie überall dort, wo eine Leistungskonkurrenz herrscht.

Eine Universität war für mich immer eine „Spielwiese für Talente“ und als ich dann auf einmal angenommen war und selber auf dieser „Spielwiese“ aktiv werden durfte, wurden meine Erwartungen teilweise bestätigt. Teilweise, weil sich, gerade im ersten Semester, noch sehr viele Personen dort befinden, die selber sagen, dass das eigentlich nicht das Richtige für sie ist. Im Gedränge um die besten Plätze stellen sie daher keine ernstzunehmende Konkurrenz da. Ganz anders sieht das mit den meisten Kommilitonen aus, denen, die sich sicher sind, das Richtige zu studieren. Natürlich kann man jetzt fragen, warum denn überhaupt Konkurrenz? Ist ein Semester nicht auch irgendwie eine „Familie“, eine Art „Schicksalsgemeinschaft“, in der jeder jedem Hilft?

Ja, ist es beziehungsweise sollte es sein! Die Konkurrenz die gemeint ist, ist eine positive, motivierende Konkurrenz. Aber sie ist auch eine harte und unnachgiebige Konkurrenz um die Chancen der Zukunft. In meinem Studienfach sind die Endnoten eigentlich bedeutungslos, außer man möchte in die Forschung oder die Lehre gehen. Dann sind Lebenslauf wie Noten auf einmal wieder das entscheidende Merkmal. Und denjenigen, die jetzt schon Wissen, dass sie später in diesen Zweigen arbeiten möchten wissen das und arbeiten sowohl an ihrem Wissen als auch an ihrem Lebenslauf. Dies führt dann zwangsläufig zu einer relativ starken Konkurrenzsituation, da diese Zweige nur sehr wenige Stellen anbieten. Es haben vielleicht die besten 10% eines Semesters eine Chance auf diese Stellen, aber es wollen gefühlt ein gutes Viertel eine haben, deshalb möchte man natürlich zu den Besten gehören um wenigstens eine minimale Sicherheit für die Zukunft zu haben. Aber zurück zum Zeitmanagement.

Bei den, grob geschätzt, besten 10 – 15% gibt es eine „Waffengleichheit“ was die kognitiven Fähigkeiten auf ihrem Gebiet angeht. Alle dieser Gruppe lernen ungefähr gleich schnell, sind ähnlich stark motiviert und ziemlich prüfungsfest, haben also kaum Angst vor den Prüfungen. Der einzige - und Entscheidende – Unterschied ist die Art, wie sie mit ihrer Zeit umgehen. Ein Student dieser Gruppe, der 5 Stunden pro Tag lernt ist besser als einer, der nur 3 Stunden lernt. Es kommt also einfach „nur“ auf die effektiv genutzte Zeit an. Da neben den reinen Noten auch noch ein Lebenslauf entstehen soll, der für die späteren Stelle als Professor oder als Forscher einer bedeutenden Einrichtung qualifiziert, muss natürlich auch noch dafür Zeit investiert werden. Und hier erklärt sich jetzt was ein „gutes Zeitmanagement“ auszeichnet: Eine Priorisierung von nahezu allen erdenklichen Ereignissen und aller möglichen Ereignisklassen, damit die Entscheidungsfindung schnell und effizient stattfinden kann. Denn oft gilt bei Anmeldungen das (leider) übliche first-come, first-serve. Wenn jetzt also eine Arbeitsgruppe, die etwas mit „Verhaltensforschung“ zu tun hat am Ende einer Vorlesung beworben wird und man sich erst Gedanken darüber machen muss, ob man da jetzt wirklich aktiv werden möchte, haben die Kommilitonen, die beispielsweise dem Block „Verhaltensforschung“ eine hohe Priorität eingeräumt haben, schon lange zugeschlagen. Es geht bei dem Zeitmanagement in diesem „Spitzenbereich“ gar nicht mehr wirklich um die Planung des Tages – das sollte sowieso optimiert sein -  als vielmehr um das Vorhersehen und Planen von möglichen, zukünftigen Ereignissen. Denn nur wer das optimiert hat, hat die besten Chancen auf die besten Plätze und die meiste Zeit zum Lernen. Wer sich noch Gedanken darüber macht, ob er erst einkaufen geht oder erst lernt und dann einkauft, verliert wertvolle Zeit, die er nicht verlieren würde, wenn er seine Prioritäten vorher klar aufgestellt hätte. Das Problem daran ist, dass die Personen, die das Priorisieren erst im Studium lernen müssen, schon klar im Nachteil sind. Die einzige Chance für sie ist es noch mehr zu arbeiten als der Durchschnitt der besten. Da der Durchschnitt das weiß, entsteht dort immer wieder eine Art „Rennen“ um die investierte Zeit … und damit oft im Laufe der Zeit ein Rennen um die „besten Plätze“ beim Psychologen.

Es hat mich anfangs ein wenig überrascht, dass es wirklich so „hart“ an der Uni zugeht, wenn es darum geht zu den Besten zu gehören. Denn anstatt sinnvoll zu lernen wird oft nur Wissen in sich hineingestopft, was vollkommen abstrakt bleibt. Teilweise so abstrakt, dass der Prüfungsbeste in Histologie nicht in der Lage ist das Prinzip „Diffusion“, was er für die Histologie der Lunge können musste, auf die Physik zu übertragen. Oft fehlt es an der Fähigkeit die Dinge, die man verallgemeinern darf, von den Dingen zu unterscheiden, bei denen das nicht passiert. Nicht, weil sie es kognitiv nicht könnten, sondern weil sie sich nicht die Zeit dafür nehmen. Und dass es ein Leben außerhalb der Uni und der Optimierung des Lebenslaufes gibt, fällt vielen erst im Wartezimmer der psychologischen Betreuung wieder auf. Ich will mich gar nicht von diesem „Wettlauf“ ausschließen, weshalb ich meine Zeit auch eher in Uni-interne Dinge als in den Blog investiert habe, aber ich möchte von dem Gehetzte um „die besten 10%“ distanzieren. Wer wirklich Spaß an dem Studium und seinen Fächern hat und in der Lage ist gut und schnell zu lernen, der wird mit großer Sicherheit den Beruf finden, den er möchte. Denn wie schnell wirkt ein aufs letzte optimierter Lebenslauf unpersönlich, austauschbar und wie oft sind gerade die Studienbesten die Personen, denen man keine Führungsaufgaben anvertrauen kann, weil sie im Laufe ihres Studiums eigentlich nie unter Menschen waren? Aber das „schneller, höher, weiter“ scheint den olympischen Rahmen vollends verlassen und die jungen Studenten infiltriert zu haben.

Wer lernt statt zu leben verlernt das Leben!